Noch immer schwelt die Glut
mit dem Messer losziehen, die Ketzer auszurotten, sondern die sie überzeugen wollen. Meine Kirche ist die der Vergebung, Du Halde, und zwar für alle meine Untertanen, die geblendet sind. Ich will weder ihr Blut noch ihr Leben, sondern vielmehr ihr Wohl und ihre Erhaltung, wie ein Vater es für seine Kinder will.«
»Sire«, sagte Du Halde, »werdet Ihr dem Blender auch vergeben?«
»Das weiß ich noch nicht«, sagte der König mit einem dünnen, gewundenen Lächeln und indem er Du Halde von der Seite her ansah. »Warum nicht, wenn auch er bereut?«
»Nie glaube ich das!« sagte Chicot auflachend.
»Was glaubst du nicht, mein Narr?«
|402| »An seine Reue und deine Milde. Heinrich, du hast es faustdick hinter den Ohren! Heute ist Guise am Zug. Morgen du.«
»Amen«, sagte Du Halde.
»Siorac«, sagte der König, indem er nach der Uhr griff, die Du Halde am Halsband trug, und einen Blick darauf warf, »gleich tritt mein Rat zusammen. Ist das alles, was Mosca oder Leo dir erzählt hat?«
»Nein, Sire. Er hörte aus sicherer Quelle von einem Komplott der Hinkefuß gegen Euch. Da sie weiß, daß Ihr von Vincennes her jedesmal in Roquette an einem Haus vorüberkommt, das ihr gehört, will sie dort an vierzig Spadaccini verstecken, die Eure Karosse anhalten, Eure fünf, sechs begleitenden Edelleute niederstrecken und Euch gefangennehmen sollen.«
»Ha, Sire!« rief Du Halde, »ich habe Euch immer gesagt, daß Eure Eskorte zu schwach ist!«
»Wer hätte gedacht«, sagte der König, blaß vor Zorn, »daß diese schreckliche Person, die mich durch die Königin und die Königinmutter hat anflehen lassen, sie nicht zu verbannen, in ihren feindlichen Absichten beharren und kaum, daß man ihr verzieh, einen Anschlag auf unsere königliche Person aushecken wird? Und dennoch, wenn ich sie dieser Sache wegen zu sehr unter Druck setze, wird sie Unschuld und Verleumdung schreien und ihren Pfaffen in den Mund legen, daß ich mich an einer schwachen Frau vergreife, nur weil ich ihr Geschlecht nicht liebe. Du Halde, du kannst dich beruhigen: Von jetzt an verlasse ich den Louvre nur noch im Schutz der ›Fünfundvier zig ‹. Und was die verzweifelten Pläne jener meiner Untertanen angeht, die sich mit Waffen gegen meine Autorität erheben, so werde ich die festen Plätze meiner Hauptstadt derart verstärken, daß den Aufrührern die Lust vergeht, sie anzugreifen. Siorac«, sagte er, indem er mir seine Hand darbot, »diene mir weiter so treu und bleibe mir auch künftig gewogen, indem du mir berichtest, was du von Mosca aus den Kreisen der Liga hörst.«
Leser, vielleicht denkst du beim Lesen dieser Zeilen, ich hätte die Worte des Königs aufpoliert, als ich sie zu Papier brachte. Aber dann irrst du sehr, denn ich habe sie genauso wiedergegeben, wie er sie bei dieser Gelegenheit aussprach, bald vertraulich und scherzend, bald mit königlicher Würde, und zwar in einer Ausdrucksweise, die er ebenso zu verfeinern trachtete |403| wie seine Kleidung, hatte er doch großes Gefallen an der Kunst und große Liebe zum Wort. Er hatte bei Pibrac die Eloquenz erlernt und mit diesem eine Akademie gegründet, außerdem war er ein großer Leser von Rabelais, Ronsard, Villon und der Essais von Michel de Montaigne, den er sehr hoch schätzte für seine leuchtende Einsicht, seinen geschmeidigen Stil und seine Vernunft.
In den vier Monaten, die auf dieses Gespräch folgten, sah ich den König mehrfach in besagter Verkleidung, um ihn über Machenschaften und Pläne der Liga in Kenntnis zu setzen, namentlich über ein Attentat, das den Herzog von Epernon vernichten und im Februar oder März 1588 auf dem Jahrmarkt von Saint-Germain verübt werden sollte. Während der Königliche Rat, fast alles Kreaturen der Königinmutter und mehr oder minder ligistisch gesinnt, Moscas Informationen als hugenottische Erfindung in Zweifel zogen, beschloß der Herzog, tapfer und wehrhaft, wie er war, sich hierüber Klarheit zu schaffen, und begab sich, ein Kettenhemd unterm Wams, mit starker Eskorte, die ihm aber auf Abstand folgte, auf den Jahrmarkt. Und als er da umherging, umzingelten ihn plötzlich Scholaren der Universität, suchten Streit mit ihm und zückten ihre Messer, so daß sie ihn auf Grund ihrer Überzahl niedergemacht hätten, wären die Wachen des Herzogs nicht hinzugestoßen und hätten sie in die Flucht getrieben.
Dieser Vorfall, wie man sich denken kann, stärkte zu meiner Freude das Vertrauen, das der König in Moscas Nachrichten und
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