Noch immer schwelt die Glut
jemals wiederzusehen, wird es ihr höchstes Vergnügen bereiten, wenn ich erzähle, wie weit Eure Ergebenheit, ihr zu dienen, geht.«
»Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!« rief Lady Markby und spielte die Entrüstete, was sie keineswegs war, denn in der nächsten Sekunde prustete sie selbst vor Lachen. »Und ich, Mylord«, setzte sie hinzu, »werde Lord Markby dann sagen müssen, daß der Einfall von Euch stammte!«
»Von Euch! Von Euch, Madame!« rief Lord Stafford lachend. »Wir werden doch vor einem französischen Edelmann nicht zugeben, daß ein englischer Gesandter Einfälle hat, die seiner Amtswürde derart widerstreiten!«
Worauf Lady Markby ihm einen nachsichtigen Blick zuwarf, der mir zu denken gab, und über Lord Staffords Gesicht ein Schatten von Verlegenheit huschte.
»Mylord«, sagte Lady Markby, nun wieder ernst, »Ihr stelltet soeben in Frage, ob Ihr unsere gnädigste Gebieterin wiedersehen werdet: Fürchtet Ihr, was in Paris passiert?«
»Nicht in Paris, nein«, sagte Lord Stafford, »der Herrliche wird sich großmütig zeigen, wie am 12. Mai, als er die armen Schweizer erlöste. Wir werden abreisen, ohne belästigt zu werden, und zwar durch welches Tor wir wollen, ohne Ärgernisse, Aufhaltung und Durchsuchung. Nein, meine Furcht reicht weiter und mündet in der großen Frage: Was vermag ein Segen des Papstes beim himmlischen Herrn?«
»Ein Segen des Papstes!« rief ich. »Mylord Stafford, was meint Ihr damit?«
»Hat nicht Sixtus V. die Armada feierlich gesegnet und seine Tochter genannt? Wenn dieser Segen Macht hat, dann siegt die Armada, England wird überfallen, unsere geliebte Königin geht unter, Euer König ebenso, Chevalier, und uns, ob Gesandter oder nicht, erwartet der Scheiterhaufen.«
|452| Lord Stafford nahm mich in seiner Reisekutsche mit, und wie er vorhergesagt hatte, gab es am Saint-Honoré-Tor weder Aufenthalt noch Ärger von seiten der ligistischen Bürgermilizen. Graf von Brissac, durch den Gesandten über unsere vorgesehene Reisezeit informiert, erwartete uns am Tor, damit wir nicht von tollwütigen Eiferern belästigt würden. Doch so groß mein Verlangen auch war, meinen geliebten Herrn wiederzusehen und ihm aufs neue zu dienen – als ich sah, daß die Kutsche den Weg nach Chartres über Montfort-l’Amaury nahm, bat ich meinen Gastgeber, mich dort abzusetzen, war doch mein Verlangen noch größer, Angelina und meine Kinder zu umarmen, die ich solange nicht gesehen hatte. Woran ich guttat, denn bald darauf hörte ich, daß ein starker ligistischer Trupp, der auf eigene Faust handelte, besagte Kutsche zu Rambouillet anhielt und trotz der Proteste des Gesandten durchsuchte, mich aber zum Glück nicht fand: Andernfalls, Leser, könntest du vorliegende Zeilen nicht lesen, auch die vorhergehenden nicht, die Liebe zu den Meinen hat mir das Leben gerettet.
Da es hier um eine Zeit von entscheidender Bedeutung für die Zukunft des Reiches geht, schweige ich von den stillen Freuden, welche ich in meiner Familie und auf meinem Landsitz fand, nach all der Unruhe, worin ich zu Paris gewesen, und leider auch nach all den Sünden, die mein Gewissen zwar immer gezwickt hatten, doch stets nachträglich und ganz vergeblich, so daß ich mich frage, ob Reue nicht ein heuchlerischer Ehrgeiz ist, mit welchem man die Seele befriedigt, nachdem das Fleisch befriedigt ist. Und daß etliche königliche Untertanen hinsichtlich der öffentlichen Dinge auch große Skrupel verspürten, daß sie den König aus Paris vertrieben hatten, selbst wenn sie zur Liga neigten, das hörte ich durch Gespräche mit diesem oder jenem in Montfort-l’Amaury, namentlich aber mit dem Pfarrer Ameline, der, weder ganz guisardisch noch ganz königlich, wie viele Franzosen in diesen ungewissen Zeiten, nicht recht wußte, ob er sich nun zum Sieg der Liga gratulieren sollte oder aber beklagen, daß man den König in eine solche Notlage und Unwürdigkeit gebracht hatte, daß er aus seiner Hauptstadt fliehen mußte.
Pfarrer Ameline erhielt ja, wie ich schon einmal sagte, die neuesten Nachrichten durch den Abbé De Barthes, Beichtvater |453| des Ministers Villequier, und so teilte er mir mit, daß nicht nur eine, sondern mehrere Delegationen von Pariser Ligisten beim König in Chartres vorgesprochen hatten, um ihn zu bitten und anzuflehen, er möge doch in den Louvre zurückkehren, aber daß der König, obschon er sie mit seinem gewohnten Wohlwollen empfing und sie sogar seiner Vergebung versicherte, nicht zugestimmt
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