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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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mein Sohn«, sagte der König. »Ich habe nicht vergessen, wie wacker der Baron von Mespech meinem Großvater bei Cérisolles und meinem Vater vor Calais gedient hat.«
    »Henricus«, sagte Chicot, »ich bin nicht dein Sohn. Bin es nicht und will’s nicht sein. Du hast dir nichts wie Undankbare herangezogen.«
    »Außer einem«, sagte der König.
    Und ich fragte mich bei diesem sibyllinischen Wort, wer von den beiden Allerliebsten wohl der undankbare und wer der treue Freund war.
    »Monsieur de Siorac«, fuhr der König fort, »ich bin mit dem Mittler zwischen Mosca und mir unzufrieden. Er ist dumm und gierig.«
    »Aber Mosca«, sagte ich lächelnd …
    »Mosca«, sagte Chicot, »nimmt aus allen Händen, königlichen wie feindlichen.«
    »Mosca kann aber nur in einer Richtung verraten«, sagte der König. »Zwar kennt er die feindlichen Pläne, aber nicht meine. Während der Mittler Mosca verraten kann: in welchem Fall ich der Betrogene bin.«
    »Das ist gut gedacht für einen König«, kommentierte Chicot.
    »Sire«, sagte ich, »wenn ich Euch recht verstehe, wollt Ihr, daß ich künftig als Bindeglied zwischen Mosca und Euch diene, weil Ihr in meine Treue volles Vertrauen setzt, was mich unendlich ehrt.«
    »Aber auch«, sagte der König, »weil Ihr als mein Arzt so |155| leichten und natürlichen Zugang zu mir habt, daß niemand Verdacht schöpfen kann.«
    »Sire«, entgegnete ich, »noch sehe ich nicht, in welche Gefahr diese Rolle mich bringen sollte.«
    »Unterschätzt es nicht«, sagte der König, indem er seine großen jettschwarzen Augen in meine senkte. »Wenn Mosca von denen gefaßt wird, die er verrät, liefert er Euren Namen aus, und Ihr wißt, daß diese Eiferer auf nichts wie Mord sinnen.«
    »Ha, Sire«, sagte ich, »ich stak schon in anderen Gefahren!«
    Worauf der König die schönen Augen senkte, wohl wissend, daß ich vor ihm nicht die Bartholomäusnacht erwähnen wollte, weil er daran einigen Anteil hatte. Andererseits wußte ich aber auch, daß Heinrich seit der Belagerung von La Rochelle zu der Überzeugung gelangt war, daß Messer gegen die Reformierten keine Lösung brachten, und daß er mit aller Macht gegen die Guises kämpfte, die ihn in einen neuen Kreuzzug gegen die Hugenotten treiben wollten. Und das war der Grund, weshalb ich aus ganzem Herzen diesem Monarchen diente, der die Meinen beschützte, denn die Meinen blieben sie, wenngleich ich zur Messe ging. Doch kann ich sagen, daß ich ihn auch um seinetwillen liebte, sowohl wegen seines gut bestellten Kopfes wie seines Herzens, des gütigsten und großmütigsten, das jemals war. Und daß Heinrich meine Haltung ihm gegenüber erkannte, dessen bin ich mir gewiß, waren doch seine Urteile über Menschen zumeist sicher und treffend, außer wenn ihn die Leidenschaft trieb.
    »Monsieur de Siorac«, sagte der König, indem er mich von neuem ins Auge faßte, »Ihr habt vor etwa zwölf Jahren (eine diskrete Anspielung auf Colignys Ermordung 1 ) meinen Cousin , den König von Navarra, kennengelernt.«
    »Ja, Sire. Wir ritten eines Nachts gemeinsam vom Louvre nach der Rue de Béthisy (wo Coligny wohnte, den ich in diesem Gespräch aber ebensowenig wie der König nennen mochte), und wir beratschlagten uns miteinander.«
    »Glaubt Ihr, daß er sich Eurer erinnert?«
    |156| »Ich glaube schon, Sire, falls ich mir nicht zuviel anmaße. Der König von Navarra lobte mich dafür, daß ich als Edelmann Medizin studiert hatte: das hatte ihn beeindruckt.«
    »Das sieht ihm ähnlich«, meinte Heinrich lächelnd. »Als guter Hugenotte hegt der König von Navarra die Religion des Nützlichen.«
    »Was aber auch die einzige Religion ist, die er hat«, sagte Chicot.
    »Schweig«, sagte der König streng. »Niemand ist Richter über Gewissen, auch du nicht, Chicot, und seist du noch so weise oder närrisch. Monsieur de Siorac«, fuhr er fort, »da mein Herr Bruder stirbt und die Königin mir keinen Sohn geboren hat, habe und will ich nur einen Nachfolger: Henri von Navarra. Im übrigen schätze ich ihn sehr. Er ist von edlem Geblüt und gutem Naturell. Ich war immer geneigt, ihn zu lieben, und weiß, daß er mich liebt. Er ist ein wenig aufbrausend und spottlustig, aber im Grunde gut. Ich bin mir sicher, daß meine Überlegungen ihm gefallen werden und wir uns einigen können. Ich habe vor, in einer knappen Woche den Herzog von Epernon zu ihm zu senden, um ihm zu vermelden, daß ich ihn als meinen Erben anerkenne, sofern er einwilligt, sich zur katholischen

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