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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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einer Melancholie erfüllten, der sie in ihrer noblen Zurückhaltung und Sorge um mein Wohl keine Stimme geben wollte. Und weil die Ahnung dessen, was sie auszusprechen sich scheute, meine Liebe zu ihr noch erhöhte, herzte und küßte ich sie ohne Ende, und was ich ihr mit Lippen und Händen nicht hinreichend auszudrücken vermochte, fügte ich mit Worten hinzu, indem ich hunderterlei Weisen erfand, ihr zu sagen, daß mein Herz unlösbar an ihrem Herzen hing, daß das, was ihre Schönheit bei mir begonnen, ihre wunderbare Güte vollendet hatte, und daß ich sie lieben würde bis ans Ende der Zeiten, oder wenigstens, solange ich lebte auf Erden.
    Und wenn ich von ihr ging, um meiner Ausstattung aufzuhelfen, wie es der König in seiner Freigebigkeit mir anempfohlen hatte, dachte ich nur immerzu, womit ich ihr meine Gefühle noch besser bezeugen könnte, weil da immer ein Unendliches blieb, das sich meiner irdischen Macht entzog. Während ich in Einkäufen durch die Pariser Straßen bummelte, dachte ich an sie bei allem Schönen und Guten, was ich in den Auslagen der Händler erblickte und hätte ihr am liebsten die ganze Welt geschenkt.
    So sinnend betrachtete ich einmal im Fenster eines Juweliers |159| die kostbaren Geschmeide, die er ausgelegt hatte, als eine schwarzmaskierte Dame, von ihrer ebenso maskierten Zofe gefolgt, zwei Klafter von mir einer wappenlosen Kutsche entstieg und sich ohne weiteres neben mich stellte, um den Schmuck anzuschauen, mit dem ich im Geist meine Angelina schmückte.
    Zuerst dachte ich, die Fremde sei auf der Suche nach einem Galan, den sie ausnehmen könnte, doch schwand dieser Verdacht, kaum daß sie zu sprechen begann. Ihre Stimme war sanft, leise und wohlklingend und ihr Französisch sehr verfeinert, wenngleich mit einem Akzent, der mich nicht unbekannt dünkte.
    »Monsieur«, sagte sie, »trifft es zu, daß Euch von allen Ringen, die hier zu sehen sind, am meisten jener schimmernde ungarische Opal im Kranz der kleinen Diamanten gefällt?«
    »Madame«, sagte ich, ziemlich erstaunt über diese Eröffnung, »wie gut Ihr beobachtet. Genau der ist es. Nur fürchte ich, daß ich ihn nicht bezahlen könnte.«
    »Wie schade!« sagte die Unbekannte. »Vielmehr wie gut, weiß ich doch eine edle Dame, die hocherfreut wäre, ihn Eurer Gemahlin darzubieten, um ihr für die Ausgaben und Unbequemlichkeiten zu danken, die Aufnahme und Pflege eines verwundeten Edelmannes ihr bereiteten.«
    »Madame«, sagte ich, etwas mißtrauisch geworden, »ich weiß nicht, von welchem Edelmann Ihr sprecht, noch von welcher edlen Dame, noch auch, wer Ihr seid.«
    »Ich diene jener Erwähnten«, sagte die Unbekannte, »und gelegentlich ist sie so gütig, mir ihre Ringe zu leihen, an denen Ihr sie vielleicht erkennt, Monsieur, da Ihr, glaube ich, ein gutes Auge für Schmuckstücke habt?«
    Hiermit rollte sie sacht den Handschuh von ihrer linken Hand, hob sie an ihre Maske, wie um diese zurechtzurücken, und ließ mich die Ringe bewundern, die an Lady Staffords Fingern gefunkelt hatten, als ich sie bei der Marschallin küßte.
    Nun sah ich, daß man mich nicht hinters Licht führen wollte, und war überdies entzückt von dem feinen, weiblichen Sinn, mit dem Lady Stafford erraten hatte, wie sehr ich von ihren herrlichen Ringen beeindruckt gewesen, und sich ihrer nun gegen mich als Erkennungszeichen bediente.
    »Der Edelmann«, sagte ich, »ist auf dem Weg der Genesung. In acht Tagen sitzt er wieder im Sattel.«
    |160| »Dann kann er Euch ja auf der Reise nach der Guyenne begleiten«, sagte die Dame zu meiner Verblüffung, denn nicht nur wußte sie, wohin ich reiste, sondern stellte mir auch dieses unerwartete Ansinnen.
    »Wäre das der Wunsch Eurer Herrin?« fragte ich, als ich mich wieder gefaßt hatte.
    »Ja, Monsieur.«
    »Ihr Wunsch«, sagte ich, »ist sicherlich zu achten, aber ich muß meinem Herrn davon Mitteilung machen, und ob er einwilligt, erfahre ich erst morgen früh.«
    »Gut, Monsieur«, sagte sie, »können wir uns morgen zur selben Stunde hier wieder treffen, damit Ihr mir berichtet?«
    »Einverstanden«, sagte ich, »sofern Ihr mir einen überzeugenderen Beweis der Identität Eurer Herrin vorweist als diese Ringe.«
    Worauf die Unbekannte, die ich für eine Gesellschafterin Lady Staffords hielt, ein schelmisches kleines Lachen erklingen ließ und sich mit schwingendem Reifrock zu ihrer Kutsche begab, in welche sie jedoch nur einsteigen konnte, indem sie den Rock mit beiden Händen zusammenraffte. Ha!

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