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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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dachte ich belustigt, wie treffend, wenn man die Reichen »betucht« nennt. Je mehr Ellen, desto höher der Rang.
     
    Beim Lever des Königs konnte ich unter dem Vorwand, ihm den Puls zu fühlen, mit leiser Stimme berichten, was Lady Stafford wünschte. Nach einigem Bedenken befahl er mir zuzusagen, nur dürfe niemand erfahren, daß der Edelmann Engländer sei, denn bestimmt fänden die Guises ein Mittel, ins Gefolge des Herzogs von Epernon einen Spion einzuschleusen. Im übrigen verstehe er gut, daß Königin Elisabeth sich mittels dieses Edelmannes mit Navarra darüber abstimmen wolle, wie den Komplotten ihrer Feinde zu begegnen sei, die auch die seinen waren, und aus ebendiesem Grunde willige er in den Plan ein.
    Wie jeden Tag begleitete ich den König zur Messe im Hôtel de Bourbon, und als ich nach Hause kam, traf ich dort meinen Giacomi in großer Schwermut. Er hatte durch Boten soeben eine an mich wie auch an ihn adressierte Nachricht von Mosca erhalten (der Polizeileutnant wußte also, welches Interesse der Maestro an Larissa nahm), die vermeldete, daß Samarcas, dessen |161| Spur in Paris sein Mann vor vier Tagen verloren hatte, sich am vergangenen Abend mit seinem Mündel in Calais eingeschifft habe. Ich tröstete Giacomi, wie ich nur konnte, und einer Eingebung meines Herzens folgend, bat ich ihn, mich nach der Guyenne zu begleiten, wie ich ja auch Miroul und Mister Mundane mitnahm. Zuerst zauderte er, doch beredete ich ihn mit dem Hinweis, daß wir dann den Montcalms mitteilen könnten, wir würden für ein halbes Jahr auf Reisen gehen: Diese Nachricht würden sie gewiß ihrer Tochter schreiben, und dann würde Samarcas bei seinem nächsten Aufenthalt in Paris vielleicht wieder bei ihnen absteigen, weil er den Maestro seinem Mündel fern glaubte.
    Während ich Giacomi beim Sprechen in die Augen blickte, sah ich, wie ein wenig Leben in ihn zurückkehrte bei diesem freilich äußerst vagen Hoffnungsschimmer, war es doch völlig ungewiß, ob wir vor einem halben Jahr heimkehren würden oder ob Samarcas vorher nach Paris käme. Aber, du weißt, Leser, ein Liebender, der ständig fürchtet, den Gegenstand seiner Sehnsucht zu verlieren, nährt sich allein von Hoffnungen, und seien sie schwach, seien sie strahlend, so doch immer über alle Vernunft. Wenigstens war das, was ich ihm bot, nicht gänzlich hohl und unvernünftig, denn Samarcas würde sich in Paris so lange nicht mehr bei den Montcalms einquartieren, als er wußte, daß Giacomi jederzeit dorthin kommen konnte.
    Als ich Mister Mundane nach dem Mittagessen untersuchte, fand ich ihn in gutem Zustand, und weil ich nicht mehr bezweifelte, daß er an dem Tag, den der König für den Aufbruch des Herzogs von Epernon bestimmt hatte, wieder im Sattel wäre, erzählte ich ihm rundheraus, was seine Gebieterin von ihm erwartete. Worauf er erwiderte, es sei ihm nicht neu, daß er nach beendeter Mission in Paris nach der Guyenne zum König von Navarra gehen sollte; er wäre aber entzückt, diese Reise mit mir und unter meinem Schutz zu unternehmen, weil er Französisch mit einem Akzent spreche, der ihn jedem Guisarden verdächtig mache, und die haßten die Königin von England ebenso wie ihre treuen Untertanen.
    »Mister Mundane«, sagte ich, »über diese Schwierigkeit habe ich nachgedacht und hoffe, sie mit dem Vorschlag zu lösen, daß Ihr bei mir die gleiche Rolle spielt wie Miroul und ebenfalls eine Dienstlivree anlegt, denn niemanden kümmert |162| die Sprechweise eines Dieners, während sie bei einem Edelmann Aufmerksamkeit erregt. Ich hoffe, Mister Mundane«, setzte ich hinzu, »daß mein Vorschlag Eure Würde nicht verletzt.«
    »Doch, sehr«, sagte Mundane, der mit Vorliebe das Gegenteil dessen sagte, was er empfand – ein Spaß, den er mit einem Glucksen zu begleiten pflegte, wobei sein Teint ziegelrot wie sein Bart und seine Haare anlief –, »aber«, fuhr er fort, »ich werde meine Sicherheit über meine Würde stellen. Eine durchlöcherte Lunge reicht. Es müssen nicht beide sein.«
    »Mister Mundane«, sagte ich, indem ich ihm behutsam die Hand auf die Schulter legte, »in Eurem Zustand müßt Ihr Lachen, Husten, Reden und jegliche Erschütterung vermeiden. Ich fürchte, Zara hat Euch ein wenig sehr zugesetzt.«
    »Nein, nein. Sie redet. Nicht ich. Ich mache den Mund nicht auf. Sie spricht von sich«, fuhr er glucksend fort, »ihr Lieblingsthema. Und wenn ich auch nur mit einem Ohr zuhöre, trinke ich ihr Bild doch mit beiden Augen.«
    »Aber die

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