Noch immer schwelt die Glut
Religion zu bekehren, und ich wäre Euch, Monsieur de Siorac, sehr dankbar, wenn Ihr den Herzog von Epernon auf seiner Reise in die Guyenne begleiten wolltet, weil er beinahe ständig im Halse leidet und sein Arzt krank daniederliegt.«
»Sire, ich werde hierin allen Euren Befehlen folgen«, sagte ich, das »allen« betonend, weil mir nicht entging, daß die Behandlung des Herzogs von Epernon nicht die ganze Mission war, die der König mir anvertraute, und daß er den Teil, den er nicht aussprechen wollte, meiner Phantasie überließ.
»Mein kleiner, großer Heinrich«, sagte Chicot, »ich, ein so gottseliger Gefolgsmann des Herrlichen, zerfließe vor Betrübnis über deine Entscheidung! Wie kannst du Navarra, den Ketzer, den rückfälligen Ketzer, seinem Onkel, dem Oberesel, vorziehen, der doch Kardinal und also ein guter Katholik ist, wenn auch bresthaft, daß er unter sich scheißt! Was triffst du für eine böse Wahl! Und was werden sie für ein Gekläffe anstimmen, die Guisen, die Pfaffen, die Kanzelritter, die Montpensier, die, sosehr sie rechts humpelt, ihre linke Arschbacke genauso leicht hebt wie ihr Bruder, der große Stinker. Ach, Heinrich mein! |157| Pfeif auf die Regeln der Thronfolge! Glaub mir, nimm den jüngeren Zweig der Sippe, laß den älteren! Den tatterigen Onkel nimm, nicht den tapferen Neffen! Hafen der Gnade, wenn der Oberesel König wird und seinen Krummstab gegen das Zepter tauscht, wird der Herrliche Konnetabel! Eine Himmelswahl, Henricus! Gewollt vom Herrgott, vom Papst, vom Spanier, vom Pariser Volk und von den giftigsten Pfarrern der Hauptstadt! Ach, was wirst du dir gellende Feinde schaffen! Bist du nicht schon verhaßt genug?«
»Mir reicht es«, sagte Heinrich III., »aber, merke dir ein für allemal, Chicot: Die Regeln der Erbfolge sind gebieterisch, der König kann sie nicht brechen, ohne die Grundfesten des Reiches zu erschüttern. Nach diesen Regeln ist Navarra mein legitimer Erbe. Ich kann nicht gegen sein Vorrecht diesen oder jenen anderen dazu bestimmen. Ich habe bei meiner Salbung nicht geschworen, einen Prinzen auf Grund seiner Religion von meiner Erbfolge auszuschließen. Und es ist auch keine Sache, die meiner persönlichen Entscheidung unterliegt. Der Staat befiehlt es. Und weil ich überzeugt bin, daß auch das Wohl des Staates es befiehlt, erfreut es mein Gewissen, Navarra zu meinem Nachfolger zu bestimmen.«
Worauf Chicot seine Narrenrolle vergaß und ebenso stumm blieb wie ich, einer wie der andere tief beeindruckt von dieser schönen und starken Zurechtweisung, welche klar die Treue des Königs zu den Prinzipien des Königtums bewies, die er ebenso über sich stehend empfand, wie er über seinen Untertanen stand.
»Monsieur de Siorac«, fuhr der König fort, indem er mir ein gefaltetes Papier übergab, »Ihr müßt Euch für diese Reise nach der Guyenne ausstatten, um beim Herzog von Epernon würdige Figur zu machen. Gegen Vorlage dieses Schreibens zahlt Euch mein Schatzmeister dreihundert Ecus aus.«
»Wenn Ihr ihm fünfzig davon abgebt«, sagte Chicot. »Ich kenne den großen Rabbi.«
»Sire«, sagte ich, »ich danke Euch für Eure wunderbare Freigebigkeit.«
»Dankt ihm nicht«, sagte Chicot, »Freigebigkeit ist sein größter Fehler. Hätten wir nicht soviel Geld an Undankbare verschwendet, könnten wir uns besser gegen den Herrlichen rüsten.«
|158| »Möge Gott Euch, Monsieur de Siorac, heil und gesund in meinem Dienst erhalten!« schloß der König, das Narrenwort überhörend. »Ihr verpflichtet mich durch Eure Einwilligung und vermehrt hiermit die Freundschaft, die ich für Euch hege. Ich würde Euch die Hand geben, Chevalier, wäre sie nicht schon für die Nacht eingehüllt. Chicot, meine Maske, bitte.«
Meine arme Angelina hörte mit manchem Weh und Ach, daß ich sie verlassen mußte, und sooft ich ihr auch versicherte, es würde nur zwei Monate dauern, glaubte sie mir doch nicht, denn wie große Herren mit ihrem prächtigen Troß zu reisen pflegten, wie sie von Stadt zu Stadt mit Festen und Banketten empfangen wurden und sich an den Etappen in allen möglichen Wonnen verweilten, wer wußte das nicht? Aber so betrübt sie über diese Trennung auch war, und vielleicht sogar eifersüchtig auf die Circen, denen ich unterwegs begegnen mochte, war sie doch zu stolz, mir etwas vorzuweinen oder mich ihren Verdacht merken zu lassen. Indessen entging es mir nicht, wie nachdenklich sie mich nun öfters aus ihren Rehaugen ansah und wie diese sich mit
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