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Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten

Titel: Nocturna - Die Nacht der gestohlenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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kennenlernte; ich selbst konnte Magdalena natürlich nicht die letzte Ehre erweisen, ich wurde als gefährlicher Terrorist gesucht, während Nevera ihren künftigen Gatten betörte. In kürzester Zeit waren die beiden liiert. Ohne Zweifel war es Nevera, die dafür sorgte, dass Elias die Todesstrafe für die beiden gefassten TBK-Mitglieder durchsetzte - ob auch Morbus seine Finger im Spiel hatte und sie mit den passenden Blutsätzen ausstattete, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wie er auf ihre Verlobung mit Elias reagierte. So oder so - auf lange Sicht tat auch das der Innigkeit ihrer Beziehung keinen Abbruch. Nevera muss ihn überzeugt haben, dass ihre Liaison mit Elias ein Mittel zum Zweck war, und wie immer glaubte Morbus ihr. Im Verlauf der Jahre hat er wohl selbst gemerkt, wie vorteilhaft es ist, einen angesehenen Juristen unter Kontrolle zu haben. Vielleicht ist das der Grund, weshalb sie Elias nicht längst aus
dem Weg geräumt haben, als Morbus wohlhabend genug war, um Neveras Ansprüchen gerecht zu werden. Jeder andere, der ihnen in die Quere gekommen ist oder ihnen nicht mehr dienlich war, wurde sofort beseitigt.« Collonta hielt inne und dachte eine Weile über seine eigenen Worte nach.
    »Es ist doch erstaunlich… nur die Zeit trennt mich von dem Augenblick, da Morbus hier neben mir stand und meine Hand auf seiner Schulter ruhte - als er mir von der Kunst erzählte und dass er selbst ein großer Künstler werden wollte. Und Nevera… wer hätte gedacht, dass aus Magdalenas kleiner Schwester, aus diesem unscheinbaren, talentlosen Geschöpf, einmal die Erzfeindin des Treuen Bunds würde? Dass sie einmal die Macht über das ganze Land an sich reißen würde?« Er schien fast mit sich selbst zu reden und ein eigentümliches Lächeln lag auf seinem Runzelgesicht. Dann sah er Apolonia an.
    »Ja … mir ist bewusst, dass Nevera kurz davor ist, die Herrschaft an sich zu reißen. Ich weiß, nichts kann sie mehr aufhalten, sobald der Treue Bund vernichtet ist. Und ich weiß, dass du dich auf die Seite der Dichter gestellt hast… Trotzdem stirbt die Hoffnung zuletzt.
    Nevera hat von Anfang an ein Ziel verfolgt: ihre eigene Macht zu vergrößern. Als sie gesellschaftlich nicht weiter aufsteigen konnte, hat sie sich der Politik zugewandt. Statt kostbarer Kleider und verschwenderischer Feste begehrt sie nun Länder und Armeen. Bei Morbus bin ich mir nicht sicher, ob er noch immer um der Kunst willen Neveras Verbrechen ausführt oder ob sie ihn schließlich ganz von ihrem Begehren überzeugt hat. Trotzdem sind beide skrupellos und beide sind sich der Grausamkeit ihrer Taten bewusst - die Verwirklichung ihrer Pläne bedeutet ihnen mehr als jedes Menschenleben. Sie sind exzellente Schauspieler, und, ich gebe zu, die Kombination aus Intelligenz und Bosheit, aus
ihrer innigen Liebe und absoluten Verachtung für jeden Außenstehenden umweht eine Aura der Faszination. Es ist keine Schande, ihre heimtückischen Begierden mit Romantik zu verwechseln, auf ihr falsches Spiel hereinzufallen; auch ohne Blutsätze manipulieren sie die schlausten Männer und Frauen und führen jeden hinters Licht. Sie haben mich hinters Licht geführt … bevor sie es mit dir getan haben.«
    Apolonia schwieg. Dann blähte sie die Nasenflügel und ihr Kinn begann zu beben. »Ich glaube Ihnen nicht.« Und ihre Stimme wurde zu einem Flüstern: »Es ist viel zu spät.«
    Collonta sah Loo an. »Rettung, Hilfe - dafür kann es zu spät sein. Aber für die Wahrheit - nein. Für die Wahrheit niemals.« Er drehte sich halb um und runzelte die Stirn. Fast trat ein fröhlicher Ausdruck auf sein Gesicht, als er den Kopf schüttelte. »Ach, Nevera! Nun ist der Zeitpunkt also gekommen, dass wir uns noch einmal sehen.« Er klopfte mit dem Gehstock auf den Boden und der Grüne Ring erschien in der Luft. »Komm, Loo.«
    Loo starrte Apolonia durchdringend an. Dann sagte sie in dem leichten, ernsten Ton einer Verrückten:
    »Und wenn du fertig bist… dann bist du wirklich eine Dichterin. Das erste weibliche Mitglied, wenn man es genau nimmt, da Nevera nie selbst ein Buch geschrieben hat.«
    Collonta warf Apolonia einen langen Blick zu; dann fasste er Loo behutsam am Arm und verschwand mit ihr im Grünen Ring.
    Fassungslos starrte Apolonia auf die Stelle, wo die runde Tür verschwunden war. Was Loo gesagt hatte - das hatte Morbus gesagt, bevor Apolonia das Blutbuch geschrieben hatte. Sie hielt sich zitternd am Tisch fest. Als sie die Wahrheit begriff, weigerte sich

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