Noelles Demut
Nichts trübte ihre gute Laune. Simon legte einen Arm um ihre Taille und grinste. „Ich habe dich vermisst.“
„Ich dich auch. Wollen wir zusammen essen gehen? Ich habe einen Bärenhunger.“
„Wo möchtest du hin?“
„Überrasch mich! Und dann möchte ich in die Ausstellung von Mr. Greens Frau. Als ich das letzte Mal in der Galerie war, hatte ich kaum Gelegenheit, mir die Bilder anzusehen.“
„Dein Wunsch ist mir Befehl. Ich muss sowieso mit Jesse sprechen. Perfektes Timing!“
Sie holten sich Pizza, setzten sich in den Central Park und genossen die Sonne. Noelle biss herzhaft in ihre Diavolo mit doppeltem Käse.
„Diese Pizza wird für den Rest meines Lebens eine besondere Bedeutung haben. Ich musste weinen, als du sie mir geschickt hast.“
„Es ist nur Pizza. Die muss dich nicht zu Tränen rühren.“
„In diesen tristen vier Wänden hat sie das aber. Es hat mir gutgetan zu wissen, dass da draußen jemand ist, der an mich denkt.“
„Ich habe pausenlos an dich gedacht. Als du aus dem Krankenhaus geflohen bist, bin ich fast durchgedreht. Versprich mir, dass du das nie wieder tust.“
Noelle biss in ihre Pizza und grinste ihn kauend an. „Ich laufe dir nicht weg. Du bist das Beste, was mir im Leben passieren konnte.“
Simon schwieg und schien verlegen. Noelle mochte es sehr, dass sich Simon nicht für ein Gottesgeschenk hielt, sondern es unangenehm fand, wenn man ihm Komplimente machte. Sie lächelte ihn von der Seite an und spürte tief in ihrem Herzen Wärme.
„Und, wie läuft es mit deinen Bildern?“, fragte Noelle in das Schweigen hinein.
„Gut! Ich bin schon beim Zweiten. In drei Wochen fliege ich wieder nach Los Angeles. Da möchte ich Monice den ersten Zyklus zeigen.“
„Bevor du sie mitnimmst, will ich sie aber sehen.“
Simon lächelte, aber es wirkte gequält. „Ich nehme sie nicht mit. Wo denkst du hin? Monice bekommt Abzüge zu sehen. Die Bilder werden geschickt, wenn ich fertig bin. Das wird noch Monate dauern.“
„Du vertraust deinem Talent zu wenig, Simon. Ich liebe Kunst. Sie werden großartig sein, davon bin ich überzeugt.“
„Dann lass uns mal in die Ausstellung gehen und deinen Kunstverstand testen. Pauls Fotografien haben eine ganz eigene Präsenz.“
„Das, was ich gesehen habe, hat mir schon unglaublich gut gefallen. Lydia ist so was von hingerissen. Obwohl sie mehr am Künstler interessiert ist als an seinen Fotos.“
„Ja, Paul hat das gewisse Etwas, das die Frauen in seinen Bann zieht. Du hättest sie auf der Vernissage sehen sollen. Wie Motten ums Licht. Grauenvoll!“
„Hattest du schon mal eine eigene Ausstellung?“ Noelle wollte ihm nicht sagen, dass sie mit Ann über ihn gesprochen hatte. Es fühlte sich plötzlich wie Teenagergeplapper an, als hätten sie über Simon gelästert. Jetzt war Noelle froh, dass Ann so zurückhaltend gewesen war, was Simon betraf.
„Sprich dieses Thema bitte nicht an. Ich hätte mich fast mit Isabella überworfen. Nie wieder bekommt sie auch nur eins meiner Bilder in die Hände. Die Presseleute waren wie Schmeißfliegen.“
„Dann warst du gut. Sonst hätten sie dich ignoriert.“
„Glaub mir, ich empfand es nicht als Kompliment, als sie versucht haben, in mein Haus einzudringen.“
Noelle sah ihn mit offenem Mund an. „Das ist nicht dein Ernst?“
„Doch! Und genau aus diesem Grund wird es keine Ausstellung mehr geben.“
Jesse Wheeler kam freudestrahlend auf sie zu, als sie die Galerie betraten. „Simon, was für eine Überraschung.“
„Hi! Darf ich dir Noelle Wingham vorstellen? Beim letzten Mal war es etwas zu unruhig, um höflich zu sein.“
Jesse ergriff Noelles Hand. „Es ist mir eine Freude, Ms. Wingham.“
„Mir auch.“ Noelle sah sich um. „Mann, so groß hatte ich die Ausstellung gar nicht in Erinnerung.“
Eine große, schwarzhaarige Frau kam auf sie zu. „Simon! Wie geht es dir?“
„Noelle, das ist Isabella Steen, Lucians Frau.“
Sie reichten sich die Hände, und Noelle sah betreten zu Boden. Sie hatte die Frau im ersten Moment nicht erkannt. Doch jetzt erinnerte sie sich an ihren argwöhnischen Blick und an die Furcht in ihren Augen.
„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Noelle.“ Isabellas Stimme klang glockenhell und freundlich.
„Tatsächlich?“
„Aber ja. Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Ausstellung.“
Noelle warf Simon einen irritierten Blick zu. Er lächelte.
„Na los. Ich beiße schon nicht.“
Noelle folgte Isabella in das Labyrinth der Bilder. Die
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