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Nördlich des Weltuntergangs

Titel: Nördlich des Weltuntergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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gebracht. Dort segnete ihn ein blasser Hilfspastor, dem Eemeli Toro­ painen kurze und knappe Anweisungen gegeben hatte:
    »Ich erwarte keine lange Rede und erst recht keinen Gesang, denn dies ist nur ein provisorisches Begräbnis. Wir werden später gründlicher trauern, wenn Asser auf seinem eigenen Friedhof beigesetzt wird.«
    Am Testament hatte niemand etwas auszusetzen, denn es waren keine unmittelbaren Nachkommen da, die in Streit geraten konnten. Die bescheidenen Schwes­ tern und die brave Nichte begnügten sich dankbar mit dem Geld, das sie erhielten. Die Asser-Toropainen-Kirchenstiftung trat ohne viel Aufhebens in Kraft.
    Zwei Wochen später lief Eemeli Toropainen auf Skiern durch das Moor Pöllösensuo südlich von Sotkamo. Über seiner Schulter hing eine Tasche voller Flurkarten. Er hatte sich einen Überblick über den Nachlass verschafft und festgestellt, dass sich der Landbesitz des Großva­ ters bis in die Provinzen Oulu, Pohjois-Karjala und Kuopio ausdehnte. Der größte Teil befand sich in der Provinz Oulu, und zwar auf dem Gebiet der Gemeinde Sotkamo in Kainuu, insgesamt etwa fünfhundert Hek­ tar. Ferner hatte der Alte ein paar hundert Hektar Wald­ fläche in der Nähe von Valtimo in Pohjois-Karjala ge­ kauft, außerdem einen kleinen Flecken Land in Sonka­ järvi in der Provinz Kuopio. Hinsichtlich der Hektarzahl hätte man den Landbesitz bedeutend nennen können, doch waren große Gebiete davon kahl geschlagen, und es lag auch viel Brachland dazwischen.
    All diese Ländereien hatte Eemeli im letzten Schnee des Winters bereits auf Skiern abgelaufen. Er hatte den Zustand des Waldes geprüft, hatte das Gelände unter dem Aspekt des Kirchenbaus begutachtet und nach einem entsprechenden Standort Ausschau gehalten.
    Zuvor hatte er sich an zwei Bischöfe gewandt, näm­ lich die von Oulu und Kuopio, und sich beiläufig erkun­ digt, ob irgendwo eine neue Kirche gebraucht wurde. Er hatte erfahren, dass in beiden Bistümern kein Mangel an Gotteshäusern herrschte. Man hatte mit den vorhan­ denen Gebäuden genug zu tun, sie standen teilweise sogar leer, denn die Gemeinden waren arm und konnten die hohen Instandhaltungskosten nicht aufbringen. Beide Bistümer erklärten sich jedoch bereit, bares Geld entgegenzunehmen, falls die neu gegründete Stiftung Anlageprobleme hätte. Pfarrhäuser mussten renoviert und Friedhofszäune ausgebessert werden. Eemeli hatte darauf kühl erklärt, dass die Asser-Toropainen-Kirchen-stiftung nicht an einer Bezuschussung dieser Art inte­ ressiert sei. Laut Testament sollte das Geld für die Neu­ errichtung einer Kirche verwendet werden, und damit basta.
    Eemeli Toropainen war in vielen Einöddörfern und ih­ rem Hinterland gewesen. Drei Gemeinden hatte er auf diese Weise kennen gelernt und dabei ausgezeichnete Kirchenstandorte entdeckt. Etwa in Valtimo in der Nähe des Nationalparks Tiilikkajärvi oder in der Provinz Kuo­ pio am Ufer des Hukkalampi-Sees. Beide Standorte gehörten zu Asser Toropainens Boden- und Waldbesitz, sodass auch ausreichend Bauholz zur Verfügung stand.
    Jetzt war Eemeli ins Moor Pöllösensuo von Kainuu gekommen, und er glitt auf seinen Skiern auf das Eis des nahen Ukonjärvi-Sees hinunter, einen Einödsee mit steilen Ufern, der knapp einen Kilometer breit und vier Kilometer lang war und sich von Nordost nach Südost erstreckte. Eemeli lief über die Eisfläche zum nordöstli­ chen Zipfel des Sees, denn dort erhob sich ein Hügel, der dicht mit prächtigen Kiefern bestanden war. Das Ufer des Sees war unbewohnt, auch waren weit und breit keine Eisangler zu sehen. Ein angenehmer Früh­ lingswind strich über das Gesicht des Skiläufers, und eine ganz eigentümliche Andacht bemächtigte sich seiner. In diesem Naturtempel herrschte genau die Ruhe, nach der sich ein vom schnellen Lebensrhythmus gestresstes Menschenkind sehnte. Kurz bevor Eemeli den nordöstlichen Zipfel des Sees erreichte, überquerte er eine Wolfsspur. Welch ein Naturparadies!
    Als Eemeli auf dem Hügel angekommen war, drehte er sich um, er ließ den Blick über den See und die ver­ schneiten Ufer wandern und horchte auf das Rauschen des Waldes. Hundertjährige Kiefern standen dicht an dicht. Die Frühlingssonne hatte den Schnee unter ihnen bereits an einigen Stellen weggetaut. Eemeli sah, dass der Untergrund ungefrorener Sandboden war.
    Einen besseren Platz für die Kirche konnte er sich nicht wünschen. Er überzeugte sich anhand der Flur­ karten, dass der See und sein

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