Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Korb-Terrassenmöbel, ein großer grüner Sonnenschirm, unter dem man eine Hochzeit feiern konnte, und ein Grill, der so wirkte, als reichte seine Kapazität für den Empfang danach.
»Das meiste hier kommt aus Vargas’ Laden«, sagte er. »Gefällt es Ihnen?«
»Und ob«, sagte ich, »Sie verstehen es, ein Haus einzurichten. Das machen Sie doch für Vargas, oder?«
»Doch, ich bin sein Chefdesigner.«
»Ich weiß es wirklich zu schätzen, daß Sie sich die Zeit für mich nehmen.«
»Wie ich schon sagte, ist es in dieser Woche im Geschäft sowieso verdammt ungemütlich. Sollen wir uns nach draußen setzen? Für ein Bier ist es noch zu früh, oder?«
»Zehn Uhr ist nicht zu früh.«
Sein Kühlschrank war riesig, hatte aber dennoch dasselbe Holzfurnier wie der Rest der Küche. Er schnappte sich zwei Flaschen und führte mich auf die Terrasse. Ein paar Minuten mußte ich einfach am Geländer stehen und das alles auf mich einwirken lassen. Direkt unter uns lag die unberührte Küste, dahinter die blauen Wasser des Michigansees, die im Sonnenlicht glitzerten. Vom See her wehte eine steife Brise.
»Ist es hier immer so windig?« fragte ich. Meine Augen begannen bereits zu tränen.
»Das ist noch gar nichts. Wissen Sie, was mir erst neulich jemand erzählt hat? Offensichtlich haben die Indianer niemals an diesem Teil der Küste gelagert, weil der Wind ihnen die Zelte umgeblasen hat.«
»Das ist doch aber auch für die Häuser ein Problem. Sind die so gebaut, daß sie das aushalten?«
Er lächelte, während er sich unter den flatternden Sonnenschirm setzte. »Wäre doch komisch, wenn man da nicht drauf geachtet hätte.«
Ich ließ mich ihm gegenüber nieder. »Ich will Ihre Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen. Ich möchte Sie wegen dieses Abends befragen.«
»Schießen Sie los«, sagte er. »Ich habe nichts zu verbergen.«
Ich sah ihm in die Augen. »Offensichtlich haben nicht viele Leute von dem Geld in Vargas’ Safe gewußt. Wer auch immer dieses Ding gedreht hat, war jedenfalls einer davon.«
»Und da nehmen Sie selbstverständlich an, daß es der Schwule war. Die Männer gehörten wohl zu meinen etwas rauheren Freunden.«
»Davon rede ich überhaupt nicht. Überhaupt nicht. Ich frage Sie nur, ob Ihnen dazu etwas einfällt.«
Er sah jetzt mir in die Augen. »Um die Wahrheit zu sagen, habe ich gedacht, daß Sie es gewesen sein könnten. Sie waren neu an diesem Abend.«
»Und gerade ich war es, der nichts vom Safe gewußt hat.«
»Schon. Aber man kann nie wissen.«
»Lassen Sie mich folgendes fragen. In der ganzen Zeit, die Sie Vargas jetzt kennen … Wie lange ist das übrigens?«
»Zwölf Jahre.«
»Okay, sagen wir mal im letzten Jahr oder so, seit er das Haus gebaut hat, haben Sie da jemals gehört, daß er gegenüber irgendwem den Safe erwähnt hat?«
»Nein, nie. Ich war deshalb sehr überrascht, daß er es überhaupt mal getan hat. Klar konnte ich sehen, daß er einen im Kahn hatte, aber selbst dann … Normalerweise ist er sehr zurückhaltend, was seine persönlichen Finanzen angeht.«
»Okay, wenn es dann einer aus der Spielrunde gewesen sein muß, wer, glauben Sie, war es dann?«
»Da kann ich nun wirklich nichts zu sagen, oder? Die Polizei hat die drei Männer verhaftet. Ich nehme an, sie hatte gute Gründe dafür.«
»Was ist mit Swanson?«
»Ich weiß nichts über den Mann. Außer daß er ein guter Pokerspieler ist. Er blufft wie kein anderer, mit dem Sie jemals gespielt haben.«
Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und nahm einen tiefen Schluck kaltes Bier. »Warum spielen Sie überhaupt Karten mit Vargas? Er behandelt Sie wie einen abgerichteten Affen.«
»Er behandelt jeden wie einen abgerichteten Affen.«
»Und das Zusammensein bei der Arbeit reicht Ihnen da nicht?«
Darüber mußte er nachdenken. »Wissen Sie, als ich mit dem Studium fertig war, lebte ich in Manhattan, in einem Miniapartment. Ich war total pleite und suchte verzweifelt nach einem Job. Es gab da zwei Männer, die Türen für mich hätten öffnen können, aber ich wollte mit keinem von den beiden ins Bett. So kam ich nicht weiter. Dann habe ich von diesem Vargas gehört, ausgerechnet im fernen Michigan, der einen Innenarchitekten aus New York suchte. Ich dachte mir, Scheiße, ist doch egal, und habe ihn angerufen. Das erste, was er mich gefragt hat, war: ›Sind Sie wirklich aus New York?‹ Ich sagte ja. Er sagte: ›Wenn Sie mich aus Ohio anrufen, schwöre ich bei Gott, daß Sie von mir einen Tritt in
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