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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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Beziehung werden, wenn es ihr eines Tage noch gelingt? Hätte ich dann überhaupt keinen Einfluss mehr auf sie? Ich musste etwas unternehmen, und zwar sofort.
    Ich rief noch einmal Eva Jaeggi an, und fragte sie, was Nörgeln in einer Beziehung überhaupt für eine Rolle spielt.
    »Unter anderem ist es auch eine Form der Kontaktaufnahme«, meinte sie. »Es fungiert als Kontakt, wie ein Kind, das Aufmerksamkeit will und deshalb immer Schwierigkeiten macht. Vom Grundtenor her ist es also positiv, aber es ist das falsche Mittel.«
    Ich mochte ihren Ansatz: Nörgeln ist also eigentlich im Kern romantisch. »Aber wieso soll es denn das falsche Mittel sein?«, hakte ich nach. »Wenn ich meine Freundin anmeckere, mault sie zurück, dann wird gestritten, und das wird schon leidenschaftlich, glauben Sie mir.«
    »Es ist falsch, weil es das Ziel verfehlt«, sagte sie. »Derjenige, der immer wieder bekrittelt wird, zieht sich zurück. Der andere merkt das und will den Kontakt wieder herstellen und wählt dummerweise den falschen Weg, indem er nörgelt. Damit treibt er den anderen noch weiter weg.«
    Ich rief auch noch einmal die Paartherapeutin Simone Schmitt an. Sie musste ebenfalls zugeben, dass Nörgeln ein Zeichen von Liebe sein kann.
    »Es stimmt schon«, räumte sie ein. »Solange man nörgelt, so lange ist einem der andere nicht egal. Wenn man damit aufhört, ist es vielleicht schon ein Zeichen von Gleichgültigkeit. Nur, das Problem ist: Nörgeln ist negative Kommunikation, und wenn man sich mehr negative als positive Dinge zu sagen hat, wenn man kaum noch lobt oder Komplimente macht, geht das Stimmungsbarometer nach unten und die Partnerschaft ist gefährdet. Niemand will nur negativ leben.«
    »Also ich kenne Leute, die sich in einer positiven Stimmung überhaupt nicht wohlfühlen würden«, wandte ich ein. Da war eine Pause am anderen Ende der Leitung. »Ich spreche nicht von mir«, versicherte ich eilig.
    »Oft trägt der Nörgler eine Grundunzufriedenheit mit sich herum und der Partner ist ein willkommenes Ziel für den schwelenden Groll gegen die Welt«, war Jaeggis Meinung zum selben Thema. »Es gibt Menschen, die immer einen Grund suchen, missmutig zu sein. Die sind oft schon als Kinder immer unzufrieden. Das hat man gelernt, dass man sich nicht wohlfühlt in der Welt, dass man den Menschen nicht trauen kann, dass sie einem nur Schlechtes entgegenbringen. So etwas höhlt eine Beziehung aus.«
    Ich muss sagen, ich fand diese Paartherapeuten ein wenig zu negativ für meinen Geschmack. Zuspruch, das war es, was ich jetzt brauchte. Ich suchte Schützenhilfe bei Fritz B. Simon, Psychoanalytiker in Berlin, Professor an der Uni Witten/Herdecke und Autor von Tödliche Konflikte: Zur Selbstorganisation privater und öffentlicher Kriege .
    »Erstens«, stellte Simon klar, als ich ihn anrief, »hilft das Meckern nicht bei Problemen, und zweitens verbessert es die Qualität der Beziehung nicht. Die Emotionen, die damit verbunden sind, sind nicht positiv. Weder der Nörgler noch der Angenörgelte fühlen sich gut dabei. Man ist nicht zufrieden, wenn man rummosert. Meist fühlt man sich hilflos und denkt nicht, dass man in der Lage sei, etwas zu ändern. Wenn man sagt, ›die Situation ist schrecklich, aber ich kann sie ändern‹, ist man Täter. Als Nörgler ist man Opfer. Hinzu kommt, dass Nörgeln in Paarbeziehungen so abläuft: einer beschwert sich und der andere muss zuhören. Einer ist unzufrieden und der andere soll es ändern. Meist tut der andere das aber nicht. Und wenn er doch mal etwas ändert, weil man genörgelt hat, ist das auch nicht genug. Nörgeln ändert nichts und ist deshalb nur destruktiv.«
    »Aber Sie müssen zugeben, dass Meckern ein Paar auch enger zusammenbringen kann«, argumentierte ich. »Die besten Momente in meiner Beziehung sind die, wenn meine Freundin und ich gemeinsam über das völlig durchgedrehte Finanzamt schimpfen oder über die Nachbarn, die mitten in der Nacht an die Wände klopfen, wenn wir uns in aller Ruhe streiten wollen oder über gewisse Telekommunikationsdienstleister, die ihre Dienste billig anbieten und dann, wenn man sie braucht … Hallo? Hallo?«
    Die Leitung war tot. Es dauerte eine Weile, bis die Verbindung wiederhergestellt war.
    »Es stimmt schon, wenn man von Feinden umzingelt ist, das bindet aneinander«, räumte Simon ein, als ich ihn wieder an der Strippe hatte. »Auch ein Kind oder ein zu teures Haus bewirken das. Man schafft ein gemeinsames Problem, das

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