Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
Theorien, wilde Phantasien und freche Lügen in zuckersüße Bücher zu verpacken, die das Blaue vom Himmel versprachen und so naive, leichtgläubige Menschen vom Weg des wahren Nörgelns abbringen konnten.
Und was ist die Folge? Die absolute Verdummung Amerikas.
Der durchschnittliche Amerikaner ist auf Besorgnis erregende Weise intellektuell zurückgeblieben, hochgradig tumb, ja erschreckend sorglos. Man merkt es schon an ganz alltäglichen Dingen. Wenn man in Deutschland einer ganz gewöhnlichen Frau ein Kompliment macht, zum Beispiel, »das ist aber ein hübsches Kleid«, würde sie sich schämen, das Kompliment anzunehmen, ohne es in anmutiger Weise intellektuell zu kommentieren: »Ach, das wollte ich schon lange zur Altkleidersammlung bringen«, um damit gleich ihren rein theoretisch überlegenen Geschmacksinn zu beweisen. Was für eine herrliche Einladung zu einem erfrischenden Disput! Was antwortet die Amerikanerin darauf? »Vielen Dank«! Ein Killerargument, das jedes Gespräch zum Erliegen bringt. Dümmer geht’s nicht!
Noch heute folgen gewisse verantwortungslose Menschen dem Vorbild Dale Carnegies und Norman Vincent Peales: Uns erwächst gerade eine zweite Generation der Anti-Nörgler, und sie haben sich einiges einfallen lassen, um naive Menschen in ihre Fänge zu bekommen, selbst unter uns hier in Deutschland – Schlangen im Nörgel-Paradies!
Lange genug haben wir diese Typen geduldet. Irgendwann muss einer aufstehen und sagen: »Es reicht! Bis hierher und nicht weiter!«
Doch wer soll das machen, wenn nicht ich, der ich all ihre Tricks kenne? Also habe ich mich entschieden, drei dieser Menschen anzurufen, ihre verwerflichen Absichten zu entlarven, ihre Aussagen im Kern zu widerlegen, und sie öffentlich bloßzustellen.
Einer davon ist Ramona Wonneberger, die vor einigen Jahren ihr Anti-Ärger-Institut mit Büros in Leipzig und in Berlin gegründet hat. Sie betreibt seit 1996 eine Softwarefirma und seit 2005 parallel ihr Institut. Sie besucht vor allem Firmen und hält dort Seminare ab, in denen sie den Teilnehmern beibringt, sich nicht über jeden Scheiß zu ärgern. Sie macht ihren Opfern dabei ein wahnwitziges Versprechen: Wenn Sie es schaffen, sich weniger zu ärgern, werden Sie weniger Ärger haben.
»Hören Sie mal, Wonneberger, wenn das überhaupt Ihr richtiger Name ist«, sagte ich, als ich sie endlich am Telefon hatte: »Was bilden Sie sich eigentlich ein, ehrliche Nörgler zu bevormunden, und sie zu drängen, sie sollten aufhören, sich zu ärgern? Das ist doch ihr gutes Recht, das geht Sie doch nichts an.«
»Um Gottes Willen!«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Wenn Sie sich lieber ärgern wollen, dann ärgern Sie sich halt. Es ist Ihr Leben. Aber das Leben ist kurz. Wenn wir an die Himmelstür klopfen, werden wir nicht gefragt, ob wir Erfolg hatten oder Bäume gepflanzt haben, sondern: ›Wie viele Stunden da unten warst du glücklich?‹ Wenn ich mich ärgere, kann ich nicht gleichzeitig glücklich sein.«
»Das sagen Sie«, warf ich ein. »Ihr Gehirn ist vielleicht zu klein, um zwei Dinge gleichzeitig zu tun, meins aber nicht. Moment – darüber muss ich noch mal nachdenken.«
Sie ignorierte meinen Versuch, sie zu ärgern.
»Die gute Nachricht über Ärger ist: Ich kann es auch lassen. Ich sage meinen Seminarteilnehmern nie, ›ärgern Sie sich nicht‹. Ich sage nur, ›Sie haben die Wahl‹. Die meisten Leute denken ja, ich habe das Recht, mich zu ärgern; der andere soll sich ändern. Das kann auch durchaus so sein. Aber es ist unwichtig. Wichtig ist: Man hat die Wahl.«
»Was heißt, man hat die Wahl?«, plärrte ich erregt. »Es gibt auch Situationen, wo man nörgeln muss. Wenn etwas Falsches passiert, wenn Unrecht geschieht, muss der Nörgler seinen Finger auf die Wunde legen, sonst verliert die Gesellschaft jeden moralischen Anspruch. Dann herrscht das Chaos!«
»Es gibt durchaus Situationen, in denen es vielleicht was bringt, sich zu ärgern«, gab sie endlich zu. »Manchmal tut es gut, Luft abzulassen. Wenn die Wut wirklich da ist, Herr Hansen, und Sie sind nicht intelligent genug, damit umzugehen oder eine Lösung zu finden, dann ist es besser, Sie hauen irgendwas kaputt, als dass sie sich endlos ärgern.«
»Sie brauchen hier nicht persönlich werden«, warnte ich sie.
»Wissen Sie, in meiner Firma sage ich meinen Mitarbeitern immer: ›Nehmen Sie lieber einen Hammer und hauen Sie auf die Tastatur und schmeißen Sie sie aus dem Fenster, als
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