Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
Treppe eine Woche dreckig zu lassen ist besser, als sich ständig zu ärgern. Aber wir sind in unserem Ärger gefangen, wir drehen uns im Kreis, und es fällt uns nicht ein, dass es eine Alternative gibt.«
»Aber natürlich gibt es die«, warf ich ein, »das weiß doch jeder: Dass der andere sich endlich ändert. Und wenn es zehn Jahre dauert.«
»Ein Chef hat mal einen Mitarbeiter zu mir geschickt, der sich ständig über den Kollegen Thorsten geärgert hatte«, sagte sie. »Er ärgerte sich wirklich vierundzwanzig Stunden am Tag über ihn. Sie sind sogar schon handgreiflich geworden. Wir sprachen über seinen Ärger, dann hörte ich eine Weile nichts mehr von ihm, bis seine Ehefrau zu mir kam und sich bei mir bedanken wollte. Ihr Mann sei wie ausgewechselt, sagte sie. Er ärgerte sich nicht mehr. Er genoss das Leben. Sie fragte mich, was ich getan hatte. Es war einfach: Ich hatte ihn aufschreiben lassen, warum er sich so ärgerte. Er schrieb, dass er sich ärgere, weil er nicht Thorstens Chef war und ihn nicht feuern konnte. Da fragte ich ihn, ›Wenn Sie ihn entlassen könnten, würden Sie es wirklich tun?‹ Er dachte nach und sagte endlich, ›Nein. Thorsten ist Familienvater, und er hat ein Haus, das er abbezahlen muss.‹ Dann ging ihm ein Licht auf. Er sagte: ›Das ist alles Quatsch. Jetzt ist Schluss‹, und entschloss sich, sich nicht mehr zu ärgern.«
Die Zynischsten sind die Anti-Nörgler, die sich einen Spaß daraus machen, sich über uns wohlmeinende Bedenkenträger lustig zu machen – und uns dabei auch noch das Geld aus der Tasche ziehen.
Die Psychologin und Therapeutin Eleonore Höfner, Leiterin des Deutschen Instituts für Provokative Therapie in München, ist eine solche Person.
»Ich gebe den Nörglern einfach recht«, erklärte sie ihre hinterlistige Methode. »Ein Ehepaar kommt zum Beispiel zu mir in die Therapie und die Frau erzählt, warum die Beziehung unerträglich ist, wie schlimm ihr Mann ist, und was er alles anstellt, um ihr das Leben schwer zu machen. Ich habe Scheidungen gesehen, die auf Kleinigkeiten basierten, wo der Mann seine Bartstoppeln im Waschbecken hat liegen lassen. Die Partnerin pickt sich solche Ereignisse heraus, an denen sie zu sehen glaubt, dass er ein Egoist ist und sie nicht liebt. In einer herkömmlichen Paartherapie sagt man dann meist so etwas wie: ›Kann es sein, dass Sie sich irren? Er muss doch auch gute Seiten haben.‹ Ich mache das anders: Ich gebe ihr unentwegt recht. Ich sage: ›Wo haben Sie den da bloß gefunden? Das ist ja ein grauenvoller Typ, Sie verdienen einen anderen Mann, einen perfekten, der alles immer richtig macht. Mit so einem Trottel wie ihm können Sie gar nicht umgehen. Lieber einen, der wirklich jederzeit alles sauber hinterlässt: Waschbecken, Toilette, und wenn er ein Glas benutzt hat, spült er es gleich und stellt es zurück. Ihr Mann ist furchtbar. Am besten, Sie machen eine Liste mit allen Punkten, die nötig sind, damit alles perfekt ist, und wenn er etwas falsch macht, zeigen Sie einfach auf Punkt 18. Die Liste muss überall hängen, und wenn er nach Hause kommt, muss er als Erstes nachschauen, was er machen muss.‹ Es gibt keine Frau, die dann nicht sagt, ›um Gottes willen, so einen Langweiler will ich nicht‹, oder ›so schlimm ist er nun auch wieder nicht‹. Das hat eine viel bessere Wirkung, als wenn ich sie belehren würde: ›Schauen Sie doch mal auf seine positiven Seiten.‹ Das brächte sie nur dazu, zu sagen: ›Das haben Sie noch nicht richtig verstanden, ich erkläre es noch mal‹.«
Plötzlich fiel mir ein: Wenn es sich um eine Paartherapie handelt, dann sitzen die armen Kerle ja die ganze Zeit daneben, während diese Frau sie runterputzt. »Und was sagt der Ehemann dazu?«, fragte ich empört.
»Er fühlt sich unglaublich gut verstanden, weil er kapiert, dass ich die Vorwürfe seiner Frau ins Lächerliche ziehe. Aber ich wechsle alle paar Minuten die Fronten, so dass auch er sein Fett abbekommt. Ich sage zu ihm: ›Was Sie aushalten müssen – Sie sind wirklich der Ärmste der Armen! Sie sitzen wahrscheinlich allein zu Hause und fragen sich, wie Sie das verdient haben, dass Sie so etwas erleben müssen, und diese Frau, die hat wirklich nichts im Kopf. Sie wissen ja, wie Frauen sind, die kriegen einen Orgasmus, wenn sie über Männer schimpfen können, und sie reden wie ein Tornado, das ist family entertainment für sie, das ist ein Ersatz für Sex.‹ Und irgendwann sieht er ein, dass auch er sich
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