Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)
Folge von gut durchdachten und weise abgewogenen Entscheidungen begreift, behauptet Amy Sutherland: Das ist nichts weiter als Verhalten – genau das Gleiche, wie wenn eine Katze am Teppich kratzt. Die Katze macht das nicht, weil sie es lange mit sich herumgetragen hat und endlich zu dem Schluss gekommen ist, dass es raus muss, sonst kann sie diese Beziehung gleich abschreiben; nein, sie hat einfach Lust, am Teppich zu kratzen. Argumenten kann man mit Logik begegnen; Verhalten muss man abtrainieren. So sieht Amy Sutherland auch das Nörgeln.
Als ich davon hörte, lief es mir kalt über den Rücken. Ich konnte meinen Missmut nicht zurückhalten. Ich musste sie anrufen und ihr sagen, was ich von ihr hielt.
»Wie können Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren?«, schnaubte ich, als ich sie am Telefon hatte. »Der Nörgler ist doch kein Tier!«
»Genau das haben auch einige an dem Buch auszusetzen gehabt«, gab sie zu. »Sie meinten, es sei manipulativ. Sie mochten die Idee nicht, dass jeder seinen Partner ›trainiert‹. Doch die Wahrheit ist, wir manipulieren uns sowieso ständig gegenseitig. Ein Großteil von dem, was wir tun, ist der Versuch, Menschen zu beeinflussen, auch Menschen, die wir lieben. Nörgeln ist ein Teil davon.«
»Es ist doch unser gutes Recht, unsere Partner zu ändern«, knurrte ich. »Aber ich bezweifele, dass irgendein Affe so gut nörgeln kann wie ich«.
»Wissen Sie, ich habe mich selbst nie als Nörglerin begriffen, aber als ich das Buch schrieb, musste ich mein eigenes Verhalten näher anschauen und feststellen, dass ich doch rummäkelte, und das war keine schöne Erkenntnis. Nörgeln ist wirkungslos, und wenn ich wie eine Tiertrainerin denken wollte, musste ich die Dinge anders anpacken. Ich hörte also auf damit. Erst dann merkte ich, dass damit auch eine Art grundsätzlicher Frustration verschwindet. Nörgeln nervt auch den Nörgler. Das wusste ich nicht, bis ich damit aufhörte. Das hat unsere gesamte Beziehung verbessert. Es hat alles leichter und positiver gemacht.«
»Das hat aber nichts mit Tieren zu tun«, brummte ich. »Wenn ich meine Partnerin stundenlang anschnauze, dass sie alles falsch macht, und herumwinsele, dass sie mir nicht das gibt, was ich will, und danach mehrere Stunden lang mutterseelenallein in meinem Arbeitszimmer schmolle, tue ich das nicht als Tier, sondern als bewusst denkender Mensch.«
»Wenn ein Tiertrainer will, dass ein Tier ein bestimmtes Verhalten zeigt, probiert er verschiedene Techniken aus, bis er eine findet, die funktioniert. Reagiert das Gegenüber auf eine Technik nicht, lässt er sie fallen und probiert eine neue. Wir Menschen arbeiten in dieser Hinsicht anders: Wir wiederholen unsere Technik, werden aber immer lauter. Wenn ich mit meinem Hund spazieren gehe, sehe ich, wie die Leute ihre Hunde immer wieder mit dem gleichen Befehl bombardieren: ›Sitz! Sitz! Sitz!‹ Sie meckern ihre Hunde an! Wenn Sie einen Befehl endlos wiederholen müssen, bedeutet das aber, dass das Tier ihn nicht als Befehl begreift, sondern als Lärm, wie Hintergrundmusik aus einem Radio – für das Tier ist er bedeutungslos. Er wird einfach ausgeblendet in der Hoffnung, irgendwann hört er auf.«
»Und Sie wollen uns jetzt beibringen«, grunzte ich herablassend, »uns lieber wie Tiere zu verhalten, statt zu nörgeln?«
»Übertragen auf eine Partnerschaft heißt das: Sie stellen nur eine einzige Frage und lassen das ganze Drumherum weg«, sagte sie. »Wenn Ihr Partner dann ›Nein‹ sagt, dann haben Sie Ihre Antwort. Jetzt müssen Sie sich Plan B einfallen lassen – wie bekomme ich von ihm, was ich will, ohne zu motzen? Man kann ihn nicht zwingen. Das ist eine der Kernaussagen in meinem Buch: Genauso wie beim Umgang mit Tieren können Sie nur Ihr eigenes Verhalten beeinflussen, nicht das Verhalten eines anderen. Sie müssen Ihr eigenes Verhalten ändern, wenn Sie von Ihrem Partner eine andere Reaktion wollen.«
»Sagen wir – rein theoretisch jetzt –, man nörgelt seine Partnerin ständig an, um etwas von ihr zu bekommen. Wie sieht Plan B aus, wenn es nicht funktioniert?«
»Zum Beispiel?«, fragte sie.
»Ach, irgendwas«, piepste ich. »Zum Beispiel: Wenn man mehr Sex haben will.«
»Sie nörgeln Ihre Partnerin an, weil Sie mehr Sex von ihr wollen?«
»Ich doch nicht, um Gottes Willen. Ich meine das ja nur rein theoretisch.«
»Rein theoretisch: Hören Sie auf zu grollen. Wenn Sie nörgeln, um Sex zu bekommen, heißt das, dass Ihre Taktik nicht
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