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Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition)

Titel: Nörgeln!: Des Deutschen größte Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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funktioniert. Sie brauchen einen Plan B. Konzentrieren Sie sich lieber auf die äußeren Umstände. Bringen Sie beispielsweise die Wohnung in Ordnung. Gehen Sie mit ihr aus. Erwähnen Sie Sex nicht. Bitten Sie nicht darum – diese Technik ist schon verbraucht. Geben Sie ihr stattdessen die Gelegenheit, es zu wollen.«
    Das hörte sich nach einer Menge Arbeit an. Also hatte ich wieder was dazugelernt: Es ist leichter, endlos wegen einer Sache zu nerven, als für eine Sache etwas zu tun.
    »Nachdem ich aufgehört hatte zu nörgeln«, berichtete sie, »schaute ich mir einige Verhaltensweisen meines Mannes noch einmal genauer an und begriff, wie tief verwurzelt sie waren. Es gibt Dinge an ihm, die sich einfach nie ändern werden. Sie sind zu sehr mit seiner Persönlichkeit verwoben. Teilweise hörte ich auf zu meckern, weil ich verstand, dass er sich nie ändern wird.«
    »Das tut mir aber leid.«
    »Wieso denn?«, fragte sie. »Wissen Sie, es gab da eine Kleinigkeit, die mich ärgerte: Er zieht seine Schuhe vor der Wohnungstür aus, wenn er nach Hause kommt, und lässt sie da liegen. Ich bin mit einem Bruder aufgewachsen und verbrachte mein halbes Leben damit, über seine Schuhe zu stolpern, und das hasste ich. Also habe ich immer versucht, meinen Mann dazu zu bringen, seine Schuhe mit reinzunehmen und wegzuräumen. Und er sagte immer: ›Klar, mache ich‹, aber es ging nur ein paar Tage gut, und dann stolperte ich schon wieder über seine Schuhe. Irgendwann besuchte ich seine Familie in Minnesota und sah, dass die ganze Familie die Schuhe vor der Tür auszog und liegen ließ, und ich dachte: ›Aha, er wurde so erzogen. Er wird es nie ändern.‹ Jetzt trage ich seine Schuhe rein und räume sie weg. Ich bin diejenige, die sich daran stört, warum sollte ich es dann nicht übernehmen?«
    »Hah!«, bellte ich. »Damit hat er den Kampf gewonnen.«
    »Es ist kein Kampf«, sagte sie langsam und deutlich, wie zu einem Schuljungen. »Ich habe nichts zu verlieren. Als ich in der Tiertrainer-Schule war, lernte ich, dass diese Trainer keinen Machtkampf mit den Tieren führen. Das bringt nichts. Stattdessen versuchen sie, mit dem Tier mittels ihres Verhaltens zu kommunizieren. Wenn ich meinen Mann bitte, seine Schuhe wegzuräumen, macht er es. Aber wenn er nicht darüber nachdenkt oder es eilig hat, kehrt die Gewohnheit zurück. Es gibt Dinge, die Leute aus Trotz tun, und es gibt Dinge, die ein Partner als Trotz interpretieren kann, was es aber in Wirklichkeit gar nicht ist. Manchmal hilft es, Verhalten einfach als Verhalten zu begreifen. Ich bin jetzt glücklicher, und er macht viel mehr von den Dingen, die ich von ihm will.«
    »Also haben Sie doch gewonnen«, krächzte ich voller Bewunderung.
    Sie seufzte nur und legte auf.
    Ihre gemeine Behauptung, Nörgelei sei keine intellektuelle Tätigkeit, sondern bloß Verhalten, machte mich stutzig. Es war die alte Frage von der Henne und dem Ei: Was war zuerst da? Ist es so, wie wir es empfinden: Zuerst kommt ein Ärgernis, und dann nörgeln wir darüber? Oder ist es doch umgekehrt: Dass wir zuerst Lust bekommen, zu nörgeln, und dann erst die nächstbeste Gelegenheit dazu ergreifen?
    Es war an der Zeit, ein paar berühmte Neurologen mit dummen Fragen zu belästigen.

17 . Wer hat Angst vor der Amygdala?
    Das Neueste über das Nörgeln aus der Neurologie
    Ist Nörgeln tatsächlich genetisch bedingt, wie das unerklärliche Bedürfnis eines Hundes, sich doch lieber noch einmal im Kreis zu drehen, bevor er sich hinlegt – nur, um auf der sicheren Seite zu sein? Sitzt irgendwo tief im Gehirn ein heimliches Quengelzentrum, das uns regelmäßig sagt: »Schluss mit lustig, jetzt wird gemault!« Oder hat es tiefenpsychologische Ursprünge, die in der Kindheit programmiert wurden, wie die unerklärliche Lust, rothaarigen Frauen mit einem Ofenhandschuh auf den Po zu klatschen? Stammt es gar aus den Tiefen des kulturgeschichtlichen Kollektivbewusstseins als Folge eines 2000-jährigen teutonischen Zusammenlebens, so ähnlich wie die zweite Lautverschiebung, der Weltschmerz oder der ZDF-Fernsehgarten?
    Ich war gespannt und bang zugleich, als ich mir vornahm, auf diese Fragen Antworten zu finden. Mir war klar, dass ich am Beginn einer weltbewegenden Entdeckung stehe. Wie würden meine neu gewonnenen Erkenntnisse unser Selbstbild ändern? Psychologen sagen heute, dass der Mensch nur eine Handvoll Grundbedürfnisse hat, zum Beispiel Wärme, Sauerstoff, Trinken, Essen, Schlaf und Sex. Kommt

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