Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nomaden des Weltalls

Titel: Nomaden des Weltalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
Micah.«
    Der Kuß, den sie ihm gab, strafte den beiläufigen Ton ihrer Stimme Lügen. Sie war eine kleine Frau und hatte etwas Junges und doch Nachdenkliches an sich.
    »Neues Projekt?«
    »Ja. Wird ganz gut, glaube ich. Ich zeig es dir.« Sie drückte auf ein paar Knöpfe des Multiplex, und das Band begann zu laufen. Trevelyan setzte sich und nahm den Strom der Stimuli in sich auf – Farbmuster, Musik, Spuren von Geschmack und verwandten Gerüchen. Es war abstrakt, doch hatte er einen lebhaften Eindruck von Bergen – von allen Bergen, die es jemals gegeben hatte.
    »Das ist gut«, sagte er. »Mir kam es vor, als wäre ich in zehn Kilometer Höhe am Rand einer Gletscherspalte.«
    »Du nimmst das zu genau«, sagte sie und strich mit der Hand über sein Haar. »Es soll ein generalisierter Eindruck sein. Ich würde gern in richtiger Kälte arbeiten, aber das stört doch zu sehr. Ich muß mich mit Dingen wie eisblauer Farbe und Diskanttönen begnügen.«
    »Und du behauptest, keine Ahnung von der kybernetischen Kunsttheorie zu haben?«
    »›Kunst ist eine Kommunikationsform‹«, sagte sie mit komisch leiernder Stimme. »›Kommunikation ist die Übermittlung von Information. Information ist ein Muster in der Raum-Zeit, durch Selektionsregeln unterschieden von der Totalität aller möglichen Arrangements derselben Bestandteile und somit imstande, Bedeutungsträger zu sein. Bedeutung ist der induzierte Zustand des Wahrnehmenden und im Falle der Kunst in erster Linie emotional ...‹ Gott, was soll das, diese mathematische Logik kann mir gestohlen bleiben. Ich weiß, was funktioniert und was nicht, und das genügt.«
    Da hatte sie recht, dachte er. Vielleicht verstand Braganza Diane nicht die synthetisierende Weltsicht der modernen Philosophie, aber das machte nichts. Sie betätigte sich schöpferisch.
    »Du hättest mich wissen lassen sollen, daß du kommst, Micah«, sagte sie. »Ich hätte mich darauf eingerichtet.«
    »Ich weiß es selbst erst seit kurzem. Man hat mich zurückgerufen. Ich bin gekommen, um Lebewohl zu sagen.«
    Für einen langen Augenblick sagte sie nichts. Als sie dann sprach, tat sie es sehr leise und ohne ihn anzusehen: »Das hatte nicht noch Zeit?«
    »Ich fürchte nein. Es ist ziemlich dringend.«
    »Und wohin geht es?«
    »Zur Sagittarius-Grenze. Danach kann alles mögliche passieren.«
    »Verdammt«, stieß sie hervor. »Verdammt und noch einmal verdammt!«
    »Ich komme wieder«, sagte er.
    »Eines Tages«, antwortete sie dünn, »kommst du nicht mehr zurück.« Sie stand auf. »Nehmen wir's nicht zu tragisch. Du kannst doch heute abend bleiben? Gut, dann hol ich uns was zu trinken.«
    Sie schenkte Wein in Gläser aus Mondkristall. Er stieß mit ihr an, hörte auf den schwachen, feinen Klang und hob dann sein Glas, bevor er trank. Eine rubinfarbene Flamme glühte in ihm auf.
    »Gut«, sagte er anerkennend. »Was gibt's bei dir Neues?«
    »Nichts. Bei mir gibt es nie sehr viel Neues, wie? Nun, ich hatte ein Angebot von einem Bewunderer. Er wollte sogar einen Kontrakt.«
    »Wenn er der richtige Typ ist«, sagte Trevelyan langsam, »solltest du vielleicht darauf eingehen.«
    Sie betrachtete ihn und sah einen großen, schlanken, durchtrainierten Mann. Sein Gesicht war dunkel und hakennasig. Zwischen den grünen Augen war eine tiefe Falte. Die meisten Leute hätten den Blick dieser Augen kalt genannt. Sein Haar war gerade und schwarz und schimmerte im Sonnenlicht etwas rötlich. Er hatte etwas Altersloses, Unerschütterliches an sich.
    Die Agenten des Koordinationsdienstes waren jung, wenn sie anfingen. Supermänner waren sie nicht; sie waren noch schwerer zu verstehen als diese.
    »Nein«, sagte sie. »Das werde ich nicht tun.«
    »Es ist dein Leben.« Er verfolgte die Sache nicht weiter.
    Der Anfang ihrer Verbindung lag schon einige Jahre zurück. Für ihn – das wußte sie – war es eine angenehme Abwechslung, nichts weiter; er hatte ihr keinen Kontrakt angeboten, und sie hatte ihn auch nicht darum gebeten.
    »Was ist denn dieses Mal deine Direktive?« sagte sie.
    »Ich weiß es eigentlich nicht genau. Das ist ja das Schlimme daran.«
    »Heißt das, daß die Maschine es dir nicht sagt?«
    »Die Maschine wußte es nicht.«
    »Aber das ist unmöglich!«
    »Nein, das ist es eben nicht. Es ist schon passiert, und wird mit zunehmender Häufigkeit wieder geschehen ...« Trevelyan verzog das Gesicht. »Das wirkliche Problem liegt darin, daß wir ein völlig neues Prinzip finden müssen. Soweit ich

Weitere Kostenlose Bücher