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Nonnen

Nonnen

Titel: Nonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Erinnerungen an
seine ersten Lektüreerfahrungen.
    Seine Eltern hatten ihm einen Band mit phantastischen
Erzählungen geschenkt, der bei einem Kinderbuchverlag
erschienen war, doch die Geschichten waren
größtenteils ungekürzt, von Lovecraft, der ihm
sofort gefiel, Benson, Poe und anderen. Von da an verschlang er
nichts anderes mehr als unheimliche Geschichten. Seine Eltern
befürchteten, mit ihrem Geschenk einen Fehler gemacht zu
haben, doch für Benno begann eine unvergleichliche
Entdeckungsreise durch das Land der Phantasie. Hier fand er
vieles, das er bisher nur dumpf gefühlt hatte, Welten, die
er geahnt, aber nie hatte benennen können, und sie wurden
ihm ein Refugium vor den Übergriffen seiner Mitschüler,
ein Schneckenhaus, in das er sich immer häufiger
zurückzog. Er las Dracula und Frankenstein,
Camilla und die Geschichten um Cthulhu, ließ
sich von Hodgson, Ray und Smith verzaubern, entdeckte die Bibliothek des Hauses Usher, jene wunderbaren Bände,
deren Seiten grün waren. Anfangs lieh er nur aus der
Stadtbücherei aus, doch irgendwann begann er sich eine
eigene Bibliothek aufzubauen. Er und seine Bücher: es waren
Synonyme. Alles aus jenen ersten aufregenden Tagen besaß er
noch.
    Sein Blick schweifte über die Regale, und er suchte sich
die Stimme in der Nacht von Hodgson als Abendlektüre
aus. Voller Vorfreude, obwohl er den Inhalt schon auswendig
kannte, trug er den Band behutsam wie ein Kleinod in das kalte
Schlafzimmer und legte ihn auf das Nachtschränkchen. Schnell
zog er sich um, kroch unter das kühle Laken und nahm das
Buch in die Hand. Beim Geruch der Seiten lebten seine
Gefühle wieder auf, die er beim ersten Lesen der
unheimlichen Seegeschichten empfunden hatte. Er befand sich auf
der Glen Carrig, deren Besatzung in einem fremdartigen
insularen Gefilde die seltsamsten Abenteuer zustießen, er
kletterte mit an Bord der Herrenlosen und erkannte, was
sich unter ihrem Schimmelüberzug verbarg, und er trieb
zurück, zurück, zurück. Er bestand nur noch aus
Geschichten, fremden und eigenen, und als seine Augen bleiern
wurden, löschte er das Licht und tauchte ein in das Meer der
wunderbaren Begebenheiten.
    Am nächsten Tag schwärmte Herr Bandmann wieder von
den Erzählungen, die er von Benno erhalten hatte. »Sie
sind ein Genie, Herr Durst«, sagte er, »und ich
schätze mich glücklich, mit ihnen arbeiten zu
dürfen.«
    »Danke«, sagte Benno.
    Meinte Bandmann es ernst, oder wollte er ihn nur auf den Arm
nehmen?
    Herr Bandmann schwärmte weiter, aber Benno hörte
nicht hin, er nickte manchmal, vielleicht an den falschen
Stellen, und tat ansonsten, als wäre er in seine Arbeit
vertieft. Tatsächlich aber freute er sich darauf, nach Hause
zu seiner Geschichte zurückkehren zu können. Er
wußte, daß er sie niemandem zeigen würde.
    An seinem alten Schreibtisch saß er bis spät in die
Nacht. Er schrieb, änderte, verwarf, und am Ende hatte er
nur eine Seite verfaßt. Die aber gefiel ihm. Und ein paar
Tage später nahm die Geschichte schon eine gewisse Form
an.
     
    »SIE MÜSSEN WISSEN, daß ich ein
Rätselfreund bin«, begann Schwartz. »Ich liebe
Kreuzworträtsel, Silbenrätsel, alle Arten von
Rätseln. Darum lese ich auch gern Kriminalromane. Ein gutes
Rätsel vertreibt mir die Zeit. Und bisweilen versuche ich,
auch Alltagsrätsel zu lösen. Sie wissen schon: Warum
tut der und der dieses und jenes? Was verbirgt sich hinter dieser
oder jener Äußerung, hinter diesem oder jenem Umstand?
Immer wittere ich irgendwo ein Geheimnis, ein Rätsel, das
sich nur dem offenbart, der es bemerken kann, und das sind
wenige. Sie glauben nicht, wie viele Leute mit geschlossenen
Augen durch diese Welt laufen. Ich habe mich immer bemüht zu
verstehen, und es ist mir manchmal geradezu zu einem Zwang
geworden.
    Sie werden nun fragen, was das alles mit meinem gestrigen
Verhalten zu tun hat. Sie werden sich erinnern, daß ich den
Weg weitergehen wollte, auf dem wir uns befanden. Wenn wir
zurückgegangen wären, hätten Sie vielleicht den
asphaltierten Weg gefunden, und dann wären wir dort
vorbeigekommen, wo ich nie wieder vorbeikommen möchte. Es
ist eigentlich gar nicht schlimm, eher banal, aber was sich
für mich damit verbindet…
    Es war vor etwas mehr als einer Woche. Da hatte ebenfalls ein
plötzlicher Regenguß eingesetzt, und ich kam auf den
gleichen Gedanken wie Sie gestern. Ich nahm den Weg, der vom
Scheitel des Halbrunds in

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