Nora Roberts
ihm zu essen.«
Es klang so romantisch und so süß, dachte Shannon und atmete zitternd ein. Doch das war es nicht. Es war grauenhaft. »Ich nehme an, er wußte nicht, daß du schwanger warst.«
Sowohl die Worte als auch der abermals aufflammende körperliche Schmerz trafen Amanda wie ein Peitschenhieb, unter dem sie zusammenfuhr. »Nein, zu dem Zeitpunkt wußte er es nicht. Man sah kaum etwas, denn ich kaschierte meinen Bauch, so gut es ging, um meinen Job nicht zu verlieren. Es waren andere Zeiten als heute, und eine unverheiratete, schwangere Serviererin hätte auf diesem Tummelplatz der Reichen keinen Platz gehabt.«
»Du hast einfach zugelassen, daß er sich in dich verliebt.« Shannons Stimme klang kalt, so kalt wie der Schauder, der ihr über den Rücken zog. »Obwohl du von einem anderen Mann schwanger warst.«
Und zwar mit mir, dachte sie und war am Boden zerstört.
»Ich war aufgewachsen«, sagte Amanda vorsichtig, wandte sich ihrer Tochter zu und weinte stumm über das, was sie in ihrer Miene sah, »ohne, daß mich irgend jemand je wirklich geliebt hätte. Als ich Tommy begegnete, traf mich seine Liebe wie ein Blitz. Ich war immer noch von ihr geblendet, als ich Colin begegnete. Ich war immer noch ganz in meine Trauer um diese verlorene Liebe gehüllt. Alles, was ich für Tommy empfunden hatte, richtete ich auf das Kind, das von uns beiden gezeugt worden war. Ich könnte behaupten, ich hätte gedacht, daß Colin einfach nur freundlich war. Und ehrlich gesagt, dachte ich das auch zunächst. Aber recht schnell kam ich dahinter, daß er offenbar mehr für mich empfand.«
»Und du hast nichts dagegen getan.«
»Vielleicht hätte ich es gekonnt.« Amanda stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Ich weiß es nicht. In der Woche nach unserem Zusammenstoß fand ich täglich Blumen auf meinem Zimmer und die hübschen, nutzlosen Dinge, die zu schenken ihm eine solche Freude war. Er fand immer irgendeinen Weg, um mit mir zusammenzusein. Ich brauchte nur ein zehnminütige Pause zu haben, stets war er da. Trotzdem dauerte es Tage, bis ich verstand, daß er mir den Hof machte. Ich war entsetzt. Er war ein so reizender Mann, war immer so freundlich zu mir, aber er wußte nicht, daß ich das Kind eines anderen Mannes in mir trug. Also erzählte ich es ihm, erzählte ihm alles, in der Gewißheit, daß damit alles vorüber wäre, obgleich mich der Gedanke traurig machte, den ersten Freund zu verlieren, den ich hatte, seit ich aus New York und somit von Kate fortgegangen war. Er hörte mir zu, so wie er immer zugehört hat, ohne mich zu unterbrechen, ohne mir eine Frage zu stellen, ohne mich zu verurteilen für das, was doch in den Augen der meisten Menschen eine entsetzliche Schande war. Als ich geendet hatte und zu weinen begann, nahm er meine Hand. > Am besten heiratest du mich, Mandy < , sagte er. > Ich werde mich um dich und das Baby kümmern, du wirst sehen. < «
Gegen ihren Willen bewegt, wandte sich Shannon ihrer Mutter zu. Ihre Mutter weinte, doch Shannon wollte sich dadurch nicht von ihrer Wut abbringen lassen. Ihre Welt war nicht länger nur auf den Kopf gestellt; Amanda hatte sie zerstört.
»So einfach soll es gewesen sein? Wie kann es, bitte, so einfach gewesen sein?«
»Er hat mich geliebt. Es hat mich beschämt, als ich erkannte, daß er mir in wahrer Liebe verbunden war. Natürlich habe ich seinen Antrag abgelehnt. Was sonst hätte ich tun sollen? Ich hielt ihn für verrückt, weil er auf diese Weise den edlen Ritter spielen wollte. Aber er ließ nicht locker. Selbst als ich wütend wurde und sagte, er solle mich in Ruhe lassen, sagte er noch, er wolle mich zur Frau.« Die Erinnerung an seine Beharrlichkeit zauberte die Spur eines Lächelns in ihr Gesicht. »Es war, als wäre ich der Fels und er die Welle, die in endloser Geduld darüber hinwegrollt, bis sie schließlich allen Widerstand bricht. Er hat mir Babykleider gebracht. Kannst du dir vorstellen, daß ein Mann eine Frau hofiert, indem er ihrem ungeborenen Kind Geschenke macht? Eines Tages kam er in mein Zimmer und sagte, ich solle meine Handtasche nehmen, denn wir führen los und holten eine Sonderheiratserlaubnis ein. Ich habe es getan. Ich habe es einfach getan. Und zwei Tage später war ich seine Frau.«
Sie blickte ihre Tochter an, denn sie ahnte Shannons nächste Frage bereits voraus. »Ich werde dich nicht belügen und behaupten, ich hätte ihn damals schon geliebt. Ich habe ihn gern gehabt. Einen Mann wie ihn nicht gern zu haben ist
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