Nora Roberts
und kleine Feiern
abgehalten, Entscheidungen getroffen und Pläne geschmiedet. An dem alten
Küchentisch, den noch nie jemand hatte ersetzen wollen, fanden Bestrafungen
statt und wurde Lob ausgeteilt.
Und genau
dort fanden die Quinns nun auch wieder zusammen. Eine große Kanne Kaffee stand
auf dem Herd. Dru kam es so vor, als wären eigentlich viel zu viele Menschen
in diesem Raum, aber sie rückten einfach zusammen und nahmen auch sie in ihrer
Mitte auf.
Sie waren
alle ohne zu zögern gekommen, hatten ihre schlafenden Kinder aus den warmen
Betten geholt und hergeschleppt. Bestimmt machten sie sich Sorgen, aber niemand
löcherte Seth mit Fragen. Dru konnte die Spannung förmlich spüren.
Die
Jüngeren wurden nach oben gebracht und in jedes verfügbare Bett gesteckt, und
Emily wurde die Verantwortung übertragen. Dru konnte sich vorstellen, dass
dort oben unter denen, die es geschafft hatten, wach zu bleiben, eine Menge
Spekulationen hin und her geflüstert wurden.
»Diese
ganze Sache tut mir wirklich Leid«, begann Seth.
»Wenn du
uns um zwei Uhr nachts aus dem Bett holst, wirst du schon einen guten Grund
dafür haben.« Phil schloss seine Hand um Sybills. »Hast du jemanden umgebracht?
Denn wenn es darum geht, um diese Zeit noch eine Leiche beiseite zu schaffen,
sollten wir besser sofort loslegen.«
Seth, der
dankbar für den Versuch war, die Stimmung ein wenig zu lockern, schüttelte den
Kopf. »Dieses Mal nicht. Wäre vielleicht alles leichter, wenn ich es getan hätte.«
»Jetzt
spuck's schon aus, Seth«, riet ihm Cam. Je eher du uns sagst, was los ist,
desto eher können wir etwas unternehmen.«
»Ich habe
mich heute Abend mit Gloria getroffen.«
Es wurde
für einen Moment ganz still. Seth blickte Sybill an, weil er wusste, dass sie
diejenige war, die all dies am meisten mitnehmen würde. »Es tut mir Leid,
Sybill, ich wollte eigentlich einen Weg finden, es dir nicht sagen zu müssen,
aber es gibt einfach keinen.«
»Warum
wolltest du es uns denn nicht sagen?« Sybills Stimme klang angestrengt, und
ihre Hand umklammerte Phillips sichtbar fester als zuvor. »Wenn sie in der
Gegend ist und dich belästigt, müssen wir es doch wissen.«
»Es ist
nicht das erste Mal.«
»Aber es
wird das letzte Mal sein.« Blanker Zorn sprach aus Cams Stimme. »Was zum Teufel
soll das, Seth? Ist sie etwa schon einmal hier gewesen, und du hast es uns
nicht erzählt?«
»Ich sah
keinen Sinn darin, dass sich alle aufregen – wie es jetzt der Fall ist.«
»Scheiß
drauf! Wann? Wann ist sie hier wieder aufgetaucht und hat sich an dich
rangemacht?«
»Cam ...«,
hob Anna an.
»Wenn du
mir jetzt sagen willst, dass ich mich beruhigen soll«, sagte Cam zu seiner
Frau, »dann verschwendest du nur deine Zeit. Ich habe dir eine Frage gestellt,
Seth.«
»Immer
wieder, seit ich ungefähr vierzehn war.«
»Du kleiner
Mistkerl!« Cam stieß sich mit seinem Stuhl vom Tisch ab und sprang auf. Dru,
die ihm gegenüber saß, fuhr zusammen. Sie hatte noch niemals eine solche Wut in
den Augen eines Menschen gesehen, eine Wut, die von einer solchen Intensität
war, dass sie alles zu zermalmen drohte, was sich ihr in den Weg stellte.
»Sie ist
also all die Jahre immer wieder aufgetaucht, und du hast kein einziges,
verdammtes Wort darüber verlauten lassen?«
»Es hat
keinen Sinn, ihn anzuschreien.« Ethan stützte sich auf den Tisch, und obwohl
seine Stimme ruhig war, schimmerte auch in seinen Augen Wut. »Hat sie dir etwa
Geld abgeknöpft?«
Seth wollte
etwas antworten, zuckte aber nur mit den Schultern.
»Jetzt
darfst du ihn anschreien«, murmelte Ethan.
»Du hast
ihr Geld gegeben? Geld?« Cam starrte Seth entsetzt an. »Was zum Teufel
ist denn bloß in dich gefahren? Wir hätten ihren gierigen Hintern bis nach
Nebraska gekickt, wenn du auch nur ein gottverdammtes Wort darüber verloren
hättest! Wir haben sämtliche rechtliche Schritte unternommen, um sie dir vom
Hals zu halten. Warum zum Teufel hast du zugelassen, dass sie dich ausnimmt?«
»Ich hätte
alles getan, um sie davon abzuhalten, einem von euch auch nur ein Haar zu
krümmen. Es war doch nur Geld. Himmel noch mal, das war mir doch egal, so lange
sie bloß von hier verschwand.«
»Aber sie
ist immer wiedergekommen, nicht wahr?«, sagte Anna
leise. Sie sagte es leise, weil auch bei ihr die Wut unter der Oberfläche
brodelte. Sollte diese allerdings überkochen, so würde sie Cams Wutanfall wie
den eines kleinen Jungen aussehen lassen.
»Ja, aber
...«
»Du hättest
uns
Weitere Kostenlose Bücher