Nora Roberts
Leben für ihn und für mich auf den Kopf
gestellt. Sie haben ein Zuhause geschaffen – in dem es anfangs allerdings recht
chaotisch zuging, als Cam noch für den Haushalt verantwortlich war.«
Zum ersten
Mal, seit Seth zu erzählen begonnen hatte, schwand die Traurigkeit, die ihn
ergriffen hatte, ein wenig, und seine Stimme bekam einen amüsierten Unterton.
»Er brachte ständig irgendetwas in der Mikrowelle zur Explosion oder setzte
die Küche unter Wasser. Der Kerl hatte einfach überhaupt keine Ahnung, was zu
tun war. Ich habe mich anfangs vollkommen quergestellt und ihnen – aber
eigentlich vor allem Cam – so viel Kummer bereitet, wie ich eben konnte. Und
darin war ich wirklich ein Meister. Ich habe immer darauf gewartet, dass sie
mich hinauswerfen oder besinnungslos schlagen würden. Aber sie haben zu mir
gestanden. Und als Gloria versuchte, sie ebenso abzuzocken, wie sie es mit Ray
gemacht hatte, haben sie um mich gekämpft. Bevor sie überhaupt wussten, dass
ich Rays Enkelsohn war, hatten sie mich schon zu einem der ihren gemacht.«
»Sie lieben
dich, Seth. Es ist ganz offensichtlich, dass sie es ebenso sehr um deiner
selbst willen wie aus Zuneigung zu ihrem Vater taten.«
»Ich weiß.
Und es gibt nichts, was ich meinerseits nicht für sie tun würde. Einschließlich
Gloria Geld zu geben, damit sie sich fern hält – was ich seit meinem
vierzehnten Lebensjahr immer wieder getan habe.«
»Aber sie
ist nicht weggeblieben.«
»Nein. Und
sie ist auch jetzt wieder da. Ich habe mich heute Abend mit ihr getroffen, um
mir ihre neuesten Forderungen anzuhören. Sie ist in deinem Laden gewesen.
Wahrscheinlich wollte sie dich genauer unter die Lupe nehmen, während sie sich
überlegte, was dieses Mal für sie herausspringen könnte.«
»Meine
Güte, das war diese Frau!« Dru erstarrte und rieb sich über die Arme, auf denen
sich plötzlich eine Gänsehaut zeigte. »Sie hat sich mir als Glo Harrow
vorgestellt.«
»Sie heißt
DeLauter, nennt sich aber manchmal Harrow. Ich glaube, es ist der Mädchenname
ihrer Mutter. Sie weiß über deine Familie Bescheid. Über ihr Geld, die Verbindungen,
die politischen Einflüsse. Sie hat all das in ihre Pläne miteinbezogen. Sie
wird sich alle Mühe geben, dir zu schaden, genauso wie sie mit allen Mitteln
versuchen wird, meiner Familie zu schaden, wenn ich ihr nicht gebe, was sie
verlangt.«
»Das ist
eine Form von Erpressung, mit der ich mich gut auskenne. Eine, bei der sie
deine Gefühle benutzt, um dich auszuquetschen. Sie missbraucht deine Liebe als
Waffe.«
Als Dru
diesen Satz aussprach, lief es ihm kalt den Rücken hinunter, und er hörte
Stellas Stimme wie ein Echo in seinem Kopf. »Was hast du gesagt?«
»Ich sagte,
dass sie deine Liebe als Waffe missbraucht, und du
lässt es immer wieder mit dir machen. Das muss aufhören. Du musst deiner
Familie davon erzählen. Sofort.«
»Du liebe
Güte, Dru, ich bin mir überhaupt noch nicht sicher, ob es das Richtige ist,
ihnen überhaupt etwas davon zu sagen. Aber ganz bestimmt nicht um zwei Uhr
nachts.«
»Du weißt
sehr gut, dass es das Richtige ist, das einzig Richtige. Glaubst du etwa, dass
es für die anderen eine Rolle spielt, wie viel Uhr es ist?«
Sie ging
zum Arbeitstisch hinüber, auf dem das Telefon lag. »Ich finde, du solltest
zuerst Anna anrufen, sie kann dann den anderen Bescheid sagen.« Sie hielt ihm
das Telefon hin. »Möchtest du ihr sagen, dass wir auf dem Weg sind – oder soll
ich es tun?«
»Du
kommandierst hier ja plötzlich ganz schön herum!«
»Weil du im
Moment jemanden brauchst, der dich herumkommandiert. Glaubst du etwa, ich
stehe einfach da und lasse zu, dass diese Frau dir so etwas antut? Glaubst du
etwa, dass irgendeiner von uns es zulassen wird?«
»Die Sache
ist die: diese Frau ist mein Problem, meine Last, die ich mit mir
herumschleppen muss. Ich möchte nicht, dass sie dir oder meiner Familie etwas
antut. Davor will ich dich beschützen.«
»Mich
beschützen? Du hast verdammtes Glück, dass ich dich nicht mit diesem Telefon
hier niederschlage. Alles was dir einfiel war, mir den Laufpass zu geben.
Glaubst du etwa, ich will irgendeinen Weißen Ritter, der sich für mich
aufopfert?«
Er hätte
beinah gelächelt. »Ist das ungefähr so etwas wie ein Märtyrer?«
»Ein guter
Vergleich.«
Er streckte
die Hand aus. »Schlag mich nicht. Gib mir lieber das Telefon.«
Achtzehn
Wichtige Familientreffen hatten schon immer
in der Küche stattgefunden. Dort wurden Diskussionen geführt
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