Noras großer Traum (German Edition)
nach einer kurzen Pause sagte er: »Es wäre aber schön, wenn Sie bei ihr blieben und sich um das Kind kümmerten, solange ich Ihre Tochter versorgen muss.« Während er die noch steril eingeschweißten Instrumente aus seinem Koffer nahm, sah er sich um. »Gibt es hier einen großen Tisch? Und könnten Sie ein paar Lampen holen?« Als die Frau auf den Nebenraum wies, kam Sally mit einem Stapel frischer Laken wieder herein. Tom war nach nebenan gegangen und überprüfte den Tisch und die Beleuchtung, dann nickte er Nora zu. »Wir müssen dafür sorgen, dass es hier einigermaßen keimfrei ist. Das heißt, wir decken alles im OP-Bereich mit frischen Laken ab. Ich brauche noch einen kleinen Tisch für die Instrumente. Können Sie sich darum kümmern?« Als sie aus dem Zimmer lief, rief er ihr noch nach: »Nora, uns fehlt noch ein OP-Set. Können Sie es aus dem Wagen holen? Aber schnell.«
Nora eilte zu der älteren Frau, um sie nach dem Tischchen zu fragen. Sally war wieder verschwunden, um das Wasser und eine weitere Lampe zu holen. Lucys Mutter hatte sich erhoben und war zur Tür gegangen. Dort wechselte sie ein paar Worte mit den draußen wartenden Frauen, von denen sofort zwei davoneilten und kurz darauf mit einem kleineren Tisch zurückkamen. Nora rannte zum Wagen, um noch einen weiteren Kittel und Mundschutz zu holen. Sie zögerte nur kurz, als sie sah, dass noch vier OP-Sets vorhanden waren, dann griff sie sich drei. Nachdem sie die Heckklappe zugeschlagen hatte, beeilte sie sich, wieder zur Hütte zu kommen. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, in dem sie darum bat, dass alles gut ging. Ihre Hände waren kalt und klamm geworden, und sie hoffte inständig, dass sie in der Lage wäre, den Anblick der bevorstehenden Schnittentbindung zu ertragen und tatsächlich hilfreich zu sein. Sie holte noch einmal tief Luft, bevor sie hineinging.
Sally und Tom hatten den großen Tisch, auf dem Lucy operiert werden sollte, bereits vollständig mit sauberen Tüchern abgedeckt. Gemeinsam trugen sie die wimmernde Lucy hinüber und legten sie vorsichtig auf den OP-Tisch. Tom bereitete den Bauchbereich für den Eingriff vor und deckte die anderen Partien ebenfalls mit Tüchern ab. Der kleinere Tisch wurde nun daneben geschoben und Sally breitete auch über ihn ein frisches Laken. Nachdem sie sich alle die Hände gewaschen und mit einer sterilen Lösung aus dem Arztkoffer desinfiziert hatten, zogen sie die OP-Kittel an und banden den Mundschutz um. Nora half Tom in die OP-Handschuhe und zog sich selbst ein Paar an. Sie öffnete ein weiteres OP-Set, entnahm einen sterilen Kittel und breitete ihn über das kleine Tischchen, auf dem Tom nun die Instrumente ablegte, die er benötigen würde. Leise erklärte er Nora, wie sie bei der Beatmung vorgehen musste, dann ließ er Sally noch einmal den Blutdruck überprüfen. Wider Erwarten machte die junge Aborigine-Frau trotz der engen Bindung zu ihrer Schwester einen absolut ruhigen Eindruck und hatte sich sogar bereit erklärt, Tom so gut es ging bei der Operation zu assistieren. Lucys Mutter hörte aufmerksam zu, als er ihr klar machte, dass sie das Kind in Empfang nehmen müsse, sobald er es aus der Gebärmutter gehoben habe, da er sich dann sofort dem Schließen der Wunde würde widmen müssen, um die Betäubung so kurz wie möglich zu halten.
Er sah alle der Reihe nach an. »Alles klar? Dann holen wir jetzt das Baby.«
Er griff nach der vorbereiteten Spritze, die die werdende Mutter in die Narkose sinken ließ. Anschließend kümmerte er sich um die Intubation und überließ die Beatmung Nora, die sich voll auf die Uhr, das Zählen und Zusammendrücken des Handbeatmungsgeräts konzentrierte. Tom nahm das Skalpell und öffnete knapp unter dem Schambein die Bauchdecke mit einem etwa fünfzehn Zentimeter langen Schnitt. Sally hielt die Wundhaken, die das Operationsfeld erweiterten, so dass der untere Teil der Gebärmutter sichtbar wurde. Sehr behutsam setzte Tom nun den Schnitt durch die Muskulatur des Uterus an. Schnell und sicher griff er mit der Hand in die jetzt geöffnete Gebärmutter und hob das Kleine, das sich tatsächlich noch in Steißlage befand, mit den Füßen zuerst heraus. Angespannt registrierte er den Zustand des neugeborenen Mädchens, das offensichtlich noch nicht selbstständig atmete. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf der Toms Stirn. Die Stille im Entbindungszimmer war bedrückend. Noras Hände wurden klamm. Schnell gab Tom Sally ein paar Anweisungen, den
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