Noras großer Traum (German Edition)
Bitte versuch es.« Erleichtert beobachtete er, wie sich ihre Fingerspitzen leicht krümmten. »Gut!«
Nora fühlte ihre Kräfte schwinden, riss sich aber wieder zusammen, obwohl ihr Kiefer so zitterte, dass ihre Zähne beim Sprechen aufeinander schlugen.
»Tom, bitte.« Eindringlich sah sie ihn an. »Du ... musst mir einen Gefallen tun. Es ist ... wichtig. Ich ... ich bin mir ... nämlich nicht sicher, ob ... ich das hier ... überstehe.« Sie atmete schneller, und als er den Mund öffnete, um ihr zu widersprechen, fuhr sie schon fort: »Nein, sag jetzt ... bitte nichts. Ich fühle ganz genau, was ... mit mir los ist.« Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. »Ich möchte ... dass du meinen Kindern sagst, dass ... ich sie liebe ... und sie das Wichtigste ... in meinem Leben waren. Und, Tom ... bitte sag Max nichts ... von uns. Er soll unsere Ehe und mich in guter ... Erinnerung behalten.« Sie schloss kurz die Augen und atmete angestrengt, als wollte sie noch einmal all ihre Kräfte sammeln. »Tom, ich ... liebe dich! Es ist ... mir wichtig, dass ... du das weißt. Ich wünsche mir ... so sehr, dass du glücklich wirst. Du bist ein so guter Arzt und ein ... wunderbarer Mann. Wenn ... wir uns früher begegnet wären ...«
Sie kämpfte gegen die Erschöpfung an, ihre Augen flackerten. Angst stieg in Tom auf. Das hier kam einem Abschied gleich. Mühsam schluckte er den Kloß in seinem Hals hinunter. Er war kaum zu verstehen.
»Nicht, Nora. Bitte! Du musst kämpfen. Gib jetzt nicht auf. Ich liebe dich so. Wenn du jetzt aufgibst, ist das meine Schuld. Ich könnte das nicht ertragen. Bitte versprich mir, dass du kämpfst. Wenn nicht für mich, dann für deine Kinder.« Er schluckte so heftig, dass es ihn fast würgte.
Sie schaffte es kaum noch, ihre Augen offen zu halten. Die Wirkung des Schmerzmittels hatte anscheinend eingesetzt. Langsam tastete ihre Hand nach ihm. Sofort umschloss er sie mit seiner Hand. Er spürte den leichten Druck und sah ein leises Lächeln, das um ihre Mundwinkel zuckte.
»Versprochen ... Dr. Morrison.« Dann war sie wieder eingeschlafen.
Fahrig vergewisserte Tom sich, dass sie wirklich nur schlief. Danach sank er fassungslos in sich zusammen. Totale Erschöpfung hatte ihn ergriffen, lange unterdrückte Tränen liefen über sein Gesicht. Er war froh, dass er sich in diesem Augenblick vor niemandem zusammenreißen musste. Als er sich beruhigt hatte, griff er nach der Wasserflasche, um etwas zu trinken. Anschließend goss er sich ein wenig in die Hände und wusch sich das Gesicht. Er fühlte sich besser und stand auf. Der Nachtwind wehte ihm entgegen, und er atmete tief durch. Er sah wieder zu den Sternen auf; und in diesem Moment wollte er jede Entscheidung Noras akzeptieren – wenn sie nur überlebte.
Als er sich umwandte, sah er die Scheinwerfer bereits in der Ferne. Langsam kam das Motorengeräusch näher. Der Wagen hatte kaum gehalten, als Laura Harper schon heraussprang. Sie lief auf Tom zu. »Tom, wie sieht es aus?«
Er hinkte ihr entgegen. »Leider gar nicht gut, Laura.« Und zu Matt sagte er: »Danke, dass Sie in der Dunkelheit hergekommen sind.«
Matt, der sich, seit er von dem Unfall erfahren hatte, Vorwürfe wegen der Abkürzung machte, nickte ihm zu und war schon hinter seinen Geländewagen getreten, um die Tür zu öffnen.
»Das ist ja wohl das Mindeste, was wir tun konnten, Doc. Schauen Sie mal, wir haben hier einiges für Sie.«
Erleichtert verschaffte Tom sich einen Überblick über die Ausstattung, die die Harpers mitgebracht hatten. Still dankte er Bill, der anscheinend mehr als umsichtig dafür gesorgt hatte, dass medizinisch all das zur Verfügung stand, was irgend machbar gewesen war. Die Harpers hatten genau nach Bills Anweisung alle für Nora benötigten Medikamente ihrer »Hausapotheke« entnommen. Wieder einmal bestätigte sich das System des Flying Doctor Service, der den einsam gelegenen Farmen Boxen mit nummerierten Medikamenten übergab, die dann im Ernstfall über Funk verordnet werden konnten und sofort vor Ort verfügbar waren.
Neben Decken, Schlafsäcken, heißem Tee und belegten Broten hatte die praktisch denkende Laura auch noch eine Hängematte ihrer Kinder eingepackt. Zögernd sah sie Tom an. »Es war nur eine Idee, nachdem Dr. Jarrett Noras Verletzungen geschildert hatte und dass sie möglichst vor Erschütterungen bewahrt werden sollte. Nun, ich dachte an den Transport morgen früh. Wenn wir die Hängematte hinten im Auto aufhängen, dann
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