Noras großer Traum (German Edition)
Infusionsbeuteln und zwei Blutkonserven. Mit einigen Schwierigkeiten war es ihnen gelungen, Noras Mann, Max Bergmann, nochmals telefonisch zu erreichen. Glücklicherweise konnte er sofort Auskunft zur Blutgruppe seiner Frau geben. Er hatte sie vor Jahren häufig während ihrer Schwangerschaft zu den Vorsorgeuntersuchungen begleitet.
Lisa hatte sich ebenfalls angeschnallt und sah aus dem Fenster. Ihre Gedanken waren bei Tom und Nora. Obwohl sie schon viele Jahre in ihrem Beruf arbeitete, hatte sie es nie zu der oftmals notwendigen Distanz zu den Patienten gebracht. Sicherlich war das einer der Gründe für ihre Beliebtheit, aber ihr Feingefühl im Umgang mit den Menschen und ihren Schicksalen sowie auch ihr Temperament und die Leidenschaftlichkeit, mit der sie sich stets gegen jede Art von Ungerechtigkeit engagierte, sorgten bei ihr selbst oft für eine gewisse Erschöpfung, manchmal sogar für Schlaflosigkeit. Auch in der vergangenen Nacht hatte sie nicht viel Ruhe gefunden. Nachdem Bill ihr die Verletzungen genannt hatte, konnte sie sich als Krankenschwester ein ziemlich genaues Bild von der Situation machen. Sie wusste, dass Nora schwer verletzt war, und hoffte inständig, dass sie es schaffen würde. Ihre große Sorge galt aber auch Tom. Sie war diejenige, die ihn hier mit am längsten kannte. Sie arbeitete gern mit ihm zusammen und schätzte ihn sehr. Ihr war zuerst aufgefallen, dass er sich seit Noras Ankunft verändert hatte. Sie wusste, dass er seit seinem Einsatz in Äthiopien und dem Bruch seiner Beziehung zu Sarah mit Gefühlen nicht gerade um sich warf und sehr ernst geworden war. Und so hatte sie sich gefreut, dass er sein Herz offensichtlich wiederentdeckt hatte. Umso mehr musste er unter der jetzt gegebenen Situation leiden. Mit seinem Bericht über den Funkkontakt zu Tom hatte Bill ihre Vermutungen schließlich nur bestätigt. Sie sorgte sich sehr, dass Tom womöglich psychisch erneut aus der Bahn geworfen wurde, und fragte sich, ob er das verkraften würde. Lisa seufzte tief.
Mit dem ersten Tageslicht hob die RFDS-Maschine ab und wurde von Phil auf Kurs gebracht.
Als Tom die Augen aufschlug, fühlte er sich wie gerädert. Mühsam richtete er sich auf. Sein Knöchel war inzwischen angeschwollen und verfärbte sich bläulich rot. Die Erinnerung an den Unfall und der Gedanke an den bevorstehenden Transport durch den Busch trugen auch nicht zu einer Besserung seines Befindens bei. Er hatte nur wenig schlafen können, denn Nora war auf Grund ihrer Verletzungen und der Übelkeit häufig unruhig gewesen. Zweimal hatte sie sich vor Schmerzen wimmernd übergeben, was sie jedes Mal völlig ausgepumpt hatte. Aus Sorge, dass ihr Kreislauf neben den anderen Medikamenten eine höhere Dosis des Schmerzmittels nicht ohne weiteres verkraftete, hatte er ihr immer nur so wenig wie möglich verabreicht. Tom stand auf und humpelte zu Laura hinüber, die sich gerade über Nora beugte. Als sie seine Schritte hörte, drehte sie sich um.
»Oh, hallo, Tom. Sie sind also schon wieder auf.«
Er nickte ihr zu, während er sich neben Nora kniete und nach seiner Arzttasche griff. »Ja, Laura. Sie haben aber auch nicht viel geschlafen, oder?«
Sie schüttelte den Kopf und erhob sich. »Ich werde uns jetzt erst mal einen Kaffee machen. Ich glaube, den können Sie besonders vertragen und Matt sicher auch.« Sie deutete auf ihren Mann, der gegen einen Baum gelehnt auf dem Boden saß und eingenickt war.
Tom hatte Nora die Manschette des Blutdruckmessgeräts angelegt und lächelte Laura an.
»Sie haben Recht, ein heißer Kaffee wäre einfach wunderbar, Laura.«
Als sie sich umwandte, begann er mit der Untersuchung. Nora schlief jetzt wieder, und er gab ihr kein Morphin mehr. Er wollte damit warten, bis sie ins Auto gebracht werden musste. Während er seinen Arztkoffer schloss, kam Laura mit einem Becher Kaffee, den er dankbar entgegennahm. Matt packte schon die Decken und Schlafsäcke zusammen, als sie das Motorengeräusch vernahmen. Tom legte den Kopf in den Nacken und stieß einen Seufzer aus. Noch nie war er so erleichtert über den Anblick eines Flugzeugs gewesen. Kurz darauf sprach er über Funk mit Phil, der ihm die Landung bestätigte.
»Phil, sag Bill, dass wir sie jetzt in den Wagen umquartieren und uns dann auf den Weg machen. Es wird aber trotzdem etwas dauern. Bis gleich. Morrison Mobile. Ende.«
Als er die Spritze mit dem Schmerzmittel aufzog, schlug Nora die Augen auf. Wie schon zuvor verriet ihm ihr mühsames
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