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Nordseefluch: Kriminalroman

Nordseefluch: Kriminalroman

Titel: Nordseefluch: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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er vor seinem Selbstmord nicht mit mir oder Harm das Gespräch gesucht?, fragte ich mich.

13
    In Norddeich, auf der Mole, stand der Polizeibully wie ein Störenfried im aufkeimenden Verkehr. Der Fahrer erwartete uns, um uns vereinbarungsgemäß nach Nesslerwarf zu bringen.
    Stingas Hof war unser Ziel.
    Der Wagen fuhr über die Störtebekerstraße, die sich fast endlos am grünen Deich entlangzog. Im Gras leuchteten die gelben Löwenzahnblüten. Auf den weiten Weiden hatten sich die Kühe bereits erhoben. Die roten Bauernhäuser lagen im Licht der frühen Sonne.
    Der Polizeibeamte fand Stingas Anwesen ohne Schwierigkeiten. Der Nachbar, ein kräftiger Landwirt in Stiefeln und grünlicher Latzhose, hatte uns erwartet.
    »Ich habe seine Schafe versorgt«, sagte er. »Hier ist der Schlüssel.«
    »Kommen Sie mit?«, fragte der Kommissar.
    »Ich muss noch ein paar Zaunpfähle ausbessern«, antwortete der Landwirt und ging mit großen Schritten davon.
    Ich sah ihm nach, wie er sich den Weiden näherte, auf denen Stingas Schafe grasten.
    Ich war überrascht von den Ausmaßen des Hofs. Die angebliche Kate war fast ein Herrenhaus, aus roten Klinkern erbaut, mit vielen Fenstern versehen. Das Dach der angebauten Scheune, mit ebenfalls roten Ziegeln belegt, reichte fast bis zum Boden. Das Gebäude wirkte inmitten der Wiesenlandschaft wie eine Feste.
    Der Kommissar öffnete die schwere grüne Eingangstür. Über Steinfliesen gelangten wir zur ersten Tür, die seitlich lag. Pietsch öffnete sie.
    Das Wohnzimmer lag vor uns. Ein muffiger Geruch stieg uns in die Nase. Die Möbel waren alt und wirkten museumsreif.
    Wir suchten ohne Erfolg die Schränke nach Marions Kleidung ab, denn wir gingen davon aus, dass Stinga möglicherweise auf Juist das marineblaue T-Shirt, die gelbe Latzhose und die Wäsche seines Kindes an sich genommen hatte.
    Wir zogen Schubladen hervor, ohne etwas zu entdecken.
    Stingas Arbeitszimmer lag auf der anderen Seite des Korridors. Mir tat es weh, in seinen Unterlagen herumzuschnüffeln. Doch auch hier hatte er nichts hinterlassen, was an seine Tochter erinnerte. Selbst im Schlafzimmer und in der kleinen Rumpelkammer, ehemals ein Mädchenzimmer, blieb die Suche ohne Ergebnis.
    Ich wusste, sollte Stinga in der Tat die Sachen des Kindes an sich genommen haben, dann hatte er ein nicht alltägliches Versteck gewählt. Deshalb hatte ich die Bilder von den Wänden genommen und die verblassten Tapetenstellen nach einem Tresor abgeklopft.
    »Vielleicht hat er Marions Sachen ins Meer geworfen«, sagte der Kommissar enttäuscht, als wir wieder vor dem Hofgebäude standen.
    Der Bauer kam uns von den Weiden entgegen. Der Kommissar reichte ihm den Hausschlüssel und begann mit ihm ein Gespräch.
    Ich kletterte über den Weidezaun und ging zum Schafstall. Stinga hatte die Unterkunft für seine geliebten Schafe selbst gezimmert.
    Der Stall war leer. Der Boden bestand aus festgestampftem Lehm, auf dem Schafskötel und zertretenes Stroh lagen. Zufällig blickte ich auf den schmalen, länglichen Trog. Es kam mir vor, als hätte jemand den Boden unter ihm umgegraben. Ich griff nach einem Grasbüschel, das sich ohne Widerstand anheben ließ.
    Seltsam, dachte ich. Stinga war schon ein verrückter Kauz. Hatte er wirklich ein Geheimnis mit in den Tod genommen?
    Ich verließ die Schafshütte und beobachtete, wie sich der Landwirt von Heiko Ekinger und dem Kommissar verabschiedete und seinem Trecker entgegenschritt.
    Die Beamten begaben sich zum Bully und winkten mir zu. Wir waren ohne Erfolg in der Aufklärungsarbeit geblieben, und ich wunderte mich darüber, dass wir auf Juist nach dem Gespräch mit der Geliebten des Kutschers so optimistisch gewesen waren.
    Mir schoss plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. Sollte Habbo Stinga ein Versteck für Dinge gewählt haben, die ihm am Herzen lagen, auf dessen Spur niemand gelangen sollte? Ich blieb nachdenklich stehen, legte die Hände wie einen Schalltrichter um meinen Mund und rief: »Kommen Sie hierher!«
    Pietsch und Ekinger schauten missmutig um sich.
    »Was ist?«, fragte der Kommissar, als er mich erreichte.
    »Nur eine vage Vermutung«, antwortete ich. »Kommen Sie.«
    Ich führte Pietsch und Ekinger in den Schafstall. Erst jetzt stellte ich den tranigen Gestank fest. Ich wies auf die Stelle unter dem Trog.
    »Na ja, packen wir es an«, scherzte Ekinger.
    Wir hievten den Trog zur Seite und sahen, dass dort jemand die Erde umgewühlt hatte. Heiko Ekinger ging los, um einen Spaten zu

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