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Nordseefluch: Kriminalroman

Nordseefluch: Kriminalroman

Titel: Nordseefluch: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Reserveliste«, warf ich ein.
    Pietsch schaute mich listig an. »Die schöne Isa von Schwertstein hat Muskeln wie ein Mann«, sagte er.
    »Ich weiß nicht, Herr Kommissar«, sagte ich. »Ihre Trauer schien mir echt.«
    Draußen zogen die gelbgrünen Sommerwiesen an uns vorbei. Kühe grasten weit entfernt vor den rot verklinkerten Bauernhöfen.
    »Wir können die Akten schließen«, sagte Heiko Ekinger und lehnte sich aufatmend in den Sitz. »Wir haben Manfred Kuhnert als Mörder der kleinen Marion überführt. Habbo Stinga hat den Kutscher Norbert Batinga umgebracht und sich durch Selbstmord seinem irdischen Richter entzogen.«
    Ich schwieg und schaute durch das Fenster des Wagens. Ich vermutete, dass Kommissar Pietsch dennoch nicht zufrieden war mit dem, was wir erreicht hatten.
    Als die Beamten mich vor meiner Haustür absetzten, sagte der Kommissar: »Ich werde Sie anrufen, Herr Färber. Mich würde es freuen, wenn wir Sie beim nächsten Inselbesuch wieder dabeihätten.«
    »Die Erstattung der Spesen will ich gern vergessen«, sagte ich zum Abschied. »Nur muss der Termin mit meinem Stundenplan vereinbar sein.«

14
    So kam es, dass ich einige Tage später erneut in Norddeich mit Kommissar Pietsch und Kriminalassistent Ekinger an Bord der »Frisia X« ging. Es war an einem milden Spätnachmittag. Die Sonne sank bereits und begann den hellen blauen Himmel rot einzufärben.
    Wir setzten uns an einen Fenstertisch und blickten auf das glatte Meer. Der Lärm der Touristen drang zu uns und störte uns nicht. Die meisten Passagiere hatten es vorgezogen, auf Deck die Flüge der Möwen zu verfolgen und den kühlenden Fahrtwind zu genießen.
    Kommissar Pietsch bestellte Kaffee und bezahlte sofort, als die Kellnerin ihn uns servierte.
    »Wir fahren nach Juist, um ein kleines Rollenspiel durchzuführen, Herr Färber«, sagte der Kommissar. »Wir wollen die Verbrechen rekonstruieren. Das Wetter spielt mit.«
    Ich schwieg und trank den Kaffee. Ich schaute auf die Uhr und war skeptisch. Viel Zeit bleibt uns nicht für die Aufklärungsarbeit, dachte ich.
    Doch ich hatte mich getäuscht. Nachdem wir das Schiff verlassen hatten, stiegen wir am alten Bahnhof, der nach der Stilllegung der Inselbahn nun tot wirkte, in eine Kutsche, die ein junger Mann führte, der Batinga hätte sein können.
    Wir setzten uns in die bequemen Ledersitze der Kutsche, während das Pferd im rhythmischen Hufschlag zu traben begann. Ich schmeckte den Jod- und Salzgehalt der Luft auf meinen Lippen und roch den Duft der vielen wild wachsenden Blumen.
    Es begann bereits zu dämmern. Der Kutscher folgte den Anweisungen des Kommissars und lenkte die Droschke dem Flugplatz entgegen. Als er vor den Dünen anhielt, den Schwengel der Bremse andrehte, erkannte ich das Gelände wieder.
    Ich sah, wie der Kutscher seine Peitsche in die Halterung stellte, die Zügel festband und davonstolzierte. Zu meiner Überraschung watschelte auch Heiko Ekinger davon. Kommissar Pietsch entnahm seiner Reisetasche eine Zelluloidpuppe.
    »Kommen Sie mit«, sagte er.
    Ich folgte ihm zu dem Trampelpfad.
    »Das soll Marion sein«, sagte er zu meiner Verwunderung und legte die Puppe auf die mit Strandhafer bewachsene Düne. Er schaute auf die Uhr und gab seinem Assistenten ein Zeichen, der aus der Entfernung zugesehen hatte. Wir zogen uns zurück.
    Ekinger näherte sich torkelnd. Wie ein Schauspieler mimte er einen Betrunkenen und ließ sich vor der Puppe ins Gras fallen. Der Kommissar drückte mich zu Boden.
    »Pst!«, flüsterte er.
    Heiko Ekinger erhob sich, griff sich an den Kopf, schaute sich entsetzt um, hob die Puppe auf und trug sie, als sei es ein lebendes Wesen, auf seinen Armen zur Kutsche. Dort legte er sie auf die hinteren Sitze, stieg auf den Bock, löste umständlich die Bremse, lockerte die Leine und setzte sich auf den Sitz.
    »Hü!«, rief er.
    Das Pferd trabte, ohne mit der Peitsche angetrieben werden zu müssen, davon.
    »Nun haben wir etwas Zeit, Herr Färber«, sagte Pietsch.
    »Was versuchen Sie zu ergründen?«, fragte ich überflüssigerweise.
    »Heiko fährt zum See-Shop«, antwortete Pietsch. »Wir stoppen die Zeit. Außerdem wollen wir feststellen, ob der Gaul auch den Kommandos eines Fremden folgt.«
    Es war noch nicht dunkel. Über die Dünen krochen dünne Schwaden von Seenebel. Das Donnern der Brandung, die auf dem weiten Sandstrand auslief, drang bis zu uns. Ich vernahm Vögel, die in den Abend sangen, ohne ihren Standort ausfindig machen zu

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