Nordseefluch: Kriminalroman
ironisch.
Zu meiner Verwunderung hatte der Kommissar unserem Gespräch zugehört. Er wandte sich mir zu.
»Sie meinen doch nicht etwa den kleinen Köth, Herr Färber?«, fragte er und lachte.
»Wenn man vom Teufel spricht, dann erscheint er«, sagte Heiko Ekinger.
Wir sahen, wie sich der kleine Mann am Arm seiner Frau einem frei gewordenen Tisch näherte. Die Köths setzten sich und warteten auf den Ober.
»Ihr Vetter Hannes hatte recht, das Kerlchen ist bühnenreif«, sagte Ekinger und lachte vor sich hin.
»Herr Kommissar, darf ich einen Vorschlag machen?«, fragte ich.
»Das dürfen Sie, Herr Oberstudienrat. Sie haben eine volle Stimme in unserem vertrauten Aufklärungsausschuss«, sagte der Kommissar lächelnd.
»Nun, von diesem Recht mache ich Gebrauch«, sagte ich entschlossen. »Fahren Sie mit mir nach Bremen. Dort nehmen wir uns den mutmaßlichen Mörder Manfred noch einmal vor. Professor Loraner soll uns beraten. Vielleicht hat der Fachmann für Psychiatrie inzwischen neue Erkenntnisse. Danach sollten wir uns dann an die Biergespräche, die wir hier auf Juist geführt haben, erinnern.«
Der Kommissar hob sein Glas.
»Prost, das ist eine akzeptierte Alternative. So oder so müssen wir unsere Recherchen zu einem Ende führen«, rief er gut gelaunt.
Wir tranken uns zu.
»Und nun die Speisenkarte«, stöhnte Heiko Ekinger, als er sein Glas abstellte.
15
Professor Loraner betrachtete sich nicht nur als Arzt seines Patienten Manfred Kuhnert, sondern als Wissenschaftler und zusätzlich noch als Verbindungsmann der recherchierenden Kriminalbeamten. Er hatte begeistert der Bitte um einen Besuch zugestimmt.
Der Termin passte in meinen Stundenplan und so begleitete ich die Kripobeamten zum vereinbarten Treffen im St. Alexius Hospital . Über die Autobahn erreichten wir Bremen schnell und fuhren danach geduldig im trägen Verkehrsfluss der Großstadt dem Stadtteil Lilienthal entgegen. Erst als wir in den Rundweg der Anstalt einbogen und das selbst im grellen Sonnenlicht dunkel wirkende Denkmal des heiligen Alexius vor uns sahen, erfasste mich eine leichte Beklemmung.
Pietsch schwieg und auch Ekinger verzichtete auf seine Witze.
Seelisch Kranke saßen im Schatten der Bäume auf Bänken. Einige Männer hielten ihre deformierten, blassen Körper in die Sonne.
Wir stellten den Wagen auf dem Parkplatz ab und gingen dem Eingang entgegen.
Die Nonne hinter der Glasscheibe nickte nur. Ich fragte mich, wie sie mit der Hitze fertig wurde, da kein befreiendes Lüftchen unter ihrem Würdenkleid für Kühlung sorgen konnte.
Wir saßen nicht lange mit dem Blick auf den Gekreuzigten im Wartezimmer. Der Professor holte uns ab.
Den Weg kannte ich. Der Kommissar und Ekinger schauten sich in der ungewohnten Umgebung neugierig um. Während der Professor im weißen Kittel und in weißer Hose neben uns herschritt und vom Supersommerwetter sprach, überlegte ich mir, dass es kindisch und naiv war, vor Manfred und dem wissenschaftlich tätigen Professor plötzlich wie ein Anwalt für ihn Partei zu ergreifen.
Warum sollte ich mich überhaupt einmischen? Anstatt aus meiner aufopferungsreichen Mitarbeit bei der Aufklärung der Verbrechen Kräfte zu ziehen, kam ich mir lächerlich vor an der Seite eines hochkarätigen Gutachters und zwei ausgebildeten Kriminalbeamten. Am liebsten hätte ich mich mit riesigen Schritten aus dem klosterartigen Gebäude entfernt.
Als wir das Sprechzimmer der geschlossenen Station betreten hatten, ging alles sehr schnell. Der Pfleger führte Manfred zu uns. Für den ehemaligen Schüler und Eisverkäufer gab es kein Entkommen. Die vergitterten Fenster, der kräftige, muskulöse Bewacher, die verschlossene Tür und wir grenzten ihn ein.
Manfreds Gesicht war weiß, mager und eingefallen. Im linken Ohr saß der kleine Anker – ein Symbol der Rettung?
Manfred trug keine Anstaltskleidung. Seinen schlanken Körper bedeckte ein T-Shirt. Die langen Beine steckten in Jeans. Ich beobachtete das kurze Zucken, das über sein Gesicht huschte. Manfred ließ sich auf einen Stuhl nieder und starrte uns an. Seine Augen schienen sich zu glühenden Punkten zu verengen und ließen mich erschaudern.
Irgendwann wird etwas in ihm explodieren, dachte ich und fragte mich, ob Manfred kurz vor dem Wahnsinn stand. Der am Türrahmen lehnende sportliche Mann, dessen gewölbter Oberkörper sein kragenloses Hemd zu sprengen drohte, ließ keinen Blick von Manfred.
»Hast du etwas dagegen, wenn wir das Gespräch auf Band
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