Nordwind: Kriminalroman (German Edition)
Momentan wissen wir gar nicht, wo sie sich aufhält.«
»Aber woher wollen Sie dann wissen …«
»Wir sind uns so gut wie sicher.«
Sara hielt ihm die Tür auf. Er nickte ihr dankbar zu und gelangte ins Freie. Ein Windstoß ließ ihn unfreiwillig die Augen zukneifen.
»Ich muss jetzt wirklich aufhören«, sagte er. »In einer Stunde rufe ich Sie zurück.«
Nach einem kurzen Spaziergang übers Rollfeld gingen sie an Bord.
Als Fredrik die Stirn an die Scheibe legte und über die Tragfläche nach vorn blickte, tauchte Gotland wie ein graubrauner Streifen über dem Horizont auf. Bald darauf konnte er links davon Fårö erkennen. Sie flogen tief genug, sodass er einige Farbtupfer ausmachen konnte. Gelb im Sund die Fähre; schwarz und weiß in der Mitte der Insel die Kirche. Er versuchte, das Haus von Henrik Kjellander zu entdecken, aber es war zu weit entfernt und verschmolz mit der Umgebung.
Bevor sie zur Kripo hinaufgingen, brachten sie die Gegenstände, die sie in Katja Nybergs Wohnung beschlagnahmt hatten, ins Labor. Sara schloss sie in einen der Schränke und warf den Schlüssel durch den Briefschlitz.
Es war zehn nach fünf. Die Reise nach Malmö und zurück hatte einen Großteil des Tages in Anspruch genommen. Mit dem Umweg über Stockholm hatten sie viel Zeit verschwendet.
Sie gingen direkt in Göran Eides Zimmer, wo er und Peter Klint sie erwarteten.
»Nun müssen wir Nyberg nur noch finden«, sagte der Kripoleiter.
»Nicht nur das«, sagte Sara, »wir haben noch immer keinen einzigen Beweis in der Hand, dass sie wirklich auf der Insel gewesen ist.«
»Da irrst du dich«, sagte Klint. »Die Techniker in Malmö haben die Fingerabdrücke aus ihrem Zimmer im Spånehusvägen mit denen vom Sommerhaus in Sudret verglichen.«
»Stimmen sie überein?«
»Zumindest einen davon können wir als handfesten Beweis verwenden. Gegen Nyberg wird in Abwesenheit Haftbefehl erlassen.«
»Gustav hat noch einmal mit Larsson, dem Besitzer des Sommerhauses, gesprochen. Es stellte sich heraus, dass er jemanden beim Sydsvenska Dagbladet kennt, der ihn letztes Jahr dort besucht hat. Katja Nyberg kann in der Kaffeepause mitbekommen haben, wie dieser Bekannte von dem Häuschen erzählte.«
Sie waren ganz nah dran, dachte Fredrik. Göran hatte recht, nun mussten sie Katja Nyberg nur noch finden.
»Es ist höchste Zeit, Kjellander zu verhören«, sagte Klint.
»Ach, du Scheiße. Ich hatte versprochen, ihn zurückzurufen.« Fredrik sah auf die Uhr. Seit Henriks Anruf war mehr als eine Stunde vergangen.
»Ich bin der Meinung, dass wir ihn noch heute Abend verhören sollten«, sagte Sara. »Ich will wissen, was in diesem Hotel passiert ist.«
Saras Worte verscheuchten Fredriks Reisemüdigkeit. Natürlich mussten sie ihn sofort vernehmen.
Sie sahen Klint an.
»Ich kann auch bis morgen früh warten«, sagte Klint. »Das müsst ihr entscheiden.«
Sara wandte sich Fredrik zu. »Was meinst du?«, fragte sie.
»Lass uns hinfahren. Ich rufe ihn gleich an.«
89
Umgeben von Gemüse, Käse und Olivenöl, lächelte Malin ihn vom Bildschirm her an. Mit dem Bild war sie nie ganz zufrieden gewesen. Ihrer Ansicht nach sah sie aus, als würde sie strammstehen. So schlimm war es nun auch wieder nicht, das Foto war ganz in Ordnung, aber Henrik wusste, dass es besser geworden wäre, wenn er es selbst gemacht hätte.
Wahrscheinlich hätte er den Auftrag auch übernehmen können, wenn Malin ihn darum gebeten hätte. Aber sie wollte die Sache gegenüber Coop nicht ansprechen. Das konnte er verstehen. Es machte schnell einen unprofessionellen Eindruck, wenn Leute bei beruflichen Angelegenheiten ihre Partner anschleppten.
Es war seltsam, dass Malins Seite noch zugänglich war. Hatten sie sich keine Gedanken darüber gemacht? Oder war ihnen aufgefallen, dass das Blog in letzter Zeit steigende Besucherzahlen hatte?
Henrik hatte sich fest vorgenommen, nicht wieder auf die Seite zu gehen. Er hatte sich geschworen, sie nie mehr anzuklicken. Trotzdem tat er es. Wie besessen. Nach jedem Mal beschloss er, dass dies sein letzter Besuch gewesen war. Wirklich. Er erteilte sich selbst ein striktes Verbot.
Man hätte annehmen können, dass es keinen Unterschied machte, ob er auf diese Seite ging oder sich irgendein Foto ansah. Aber das stimmte nicht. Wenn er ein normales Bild von Malin oder Axel betrachtete, empfand er Trauer, Verzweiflung oder im besten Fall eine Art von brennender Sehnsucht. Besuchte er dagegen Malins Blog, erfüllte ihn eine
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