Northanger Abbey
er sie hin.
Die Anzahl von Morgen, über die sich der Küchengarten erstreckte, war so gewaltig, daß es Catherine schon vom Hören ganz schwach zumute wurde, denn er umfaßte mehr als doppelt soviel Land wie die Gärten von Mr. Allen und ihrem Vater zusammengenommen, Kirchhof und Obstwiese mitgerechnet. Die Mauern schienen unendlich an Vielzahl und Länge; ein ganzes Dorf von Gewächshäusern schien zwischen ihnen untergebracht und eine ganze Gemeinde darinnen am Werk. Der General war sehr geschmeichelt durch ihre verblüfften Blicke, aus denen fast ebenso klar hervorgingwie aus den Worten, die er ihr gleich darauf noch abnötigte, daß sie niemals auch nur annähernd einen solchen Garten gesehen hatte; – worauf er bescheiden einräumte, auch wenn ihm diesbezüglich nun wirklich niemand Ehrgeiz oder übertriebenes Bemühen unterstellen könne, so müsse er doch sagen, daß wahrscheinlich nichts im Königreich daran heranreichte. Wenn er ein Steckenpferd habe, dann das. Er liebe seinen Küchengarten. Ansonsten könne man ihm ja vorsetzen, was man wolle, doch gutes Obst müsse es für ihn nun einmal sein – weniger um seiner selbst willen als für seine Freunde und seine Kinder. Wobei ein Garten wie der seine auch viel Verdruß mit sich bringe. Noch die äußerste Sorgfalt garantiere nicht zwingend hochwertigsten Ertrag. Das Ananashaus habe im letzten Jahr nur hundert Früchte hervorgebracht. Mr. Allen, so vermutete er, sei solcher Ärger sicher auch bestens bekannt.
Nein, gar nicht, Mr. Allen interessiere sich kein bißchen für den Garten und setze nie einen Fuß hinein.
Mit triumphierendem Schmunzeln wünschte sich der General, es ihm gleichtun zu können, denn er betrete seinen Küchengarten nie, ohne sich über irgend etwas ärgern zu müssen, das hinter seinen Vorstellungen zurückblieb.
Nach welchem System denn Mr. Allens Treibhäuser angelegt seien? – der General beschrieb das der seinigen, während sie sie auch schon betraten.
Mr. Allen besitze nur ein einzelnes kleines Gewächshaus, in dem Mrs. Allens Topfpflanzen überwinterten, und ab und zu brenne ein Feuer darin.
»Wie glücklich muß er sein!« erklärte der General, mit einem Ausdruck sehr glücklicher Verachtung.
Nachdem er Catherine jeden Teil gezeigt und sie an jeder Mauer entlanggeführt hatte, bis sie all das Schauen und Staunen herzlich leid war, erlaubte er es den Mädchen schließlich, durch eine Seitentür hinauszuschlüpfen, worauf ihm einfiel, daß er gern die Wirkung einiger neuerer Umbauten amTeehaus in Augenschein nehmen würde – eine nicht reizlose Ausweitung ihres Spaziergangs, wenn Miss Morland nicht zu müde sei. »Aber was machst du da, Eleanor? – Was willst du auf diesem kalten, feuchten Pfad? Miss Morland wird ja ganz naß. Wir gehen am besten durch den Park.«
»Ich mag diesen Weg so gern«, sagte Miss Tilney, »daß er mir immer als der kürzeste und beste vorkommt. Aber vielleicht ist er zu feucht.«
Es war ein schmaler Schlängelpfad durch ein dichtes altes Kiefernwäldchen, und Catherine, von seiner Düsterkeit augenblicklich angezogen und begierig, tiefer einzutauchen, konnte trotz der Bedenken des Generals nicht widerstehen und machte ein paar Schritte darauf zu. Er sah es und war, nach einem abermaligen vergeblichen Hinweis auf die Gesundheit, zu höflich, noch weitere Einwände zu erheben. Ihn selber bat er dabei freilich zu entschuldigen – ihm strahle die Sonne nicht zu hell, er werde auf einem anderen Weg wieder zu ihnen stoßen. Er verließ sie, und es erschreckte Catherine festzustellen, wie sehr die Trennung von ihm sie erleichterte. Da aber der Schrecken weniger tief ging als die Erleichterung, tat er dieser keinen Abbruch; und Catherine begann munter und fröhlich von der wunderbaren Schwermut zu schwärmen, die solch einem Wäldchen anhaftete.
»Ich mag dieses Fleckchen besonders gern«, sagte ihre Gefährtin mit einem Seufzer. »Es war der Lieblingsweg meiner Mutter.«
Dies war das erste Mal, daß in der Familie von Mrs. Tilney gesprochen wurde, und das Interesse, das solch wehmütige Reminiszenz bei Catherine weckte, zeigte sich prompt in ihrem veränderten Gesichtsausdruck und in dem gespannten Schweigen, mit dem sie auf mehr wartete.
»Ich bin ihn so oft mit ihr gegangen«, fügte Eleanor hinzu, »auch wenn ich ihn damals längst nicht so geliebt habe wie jetzt. Ich habe mich über ihren Geschmack sogar gewundert – früher. Aber jetzt ist er mir durch die Erinnerung teuer.«
Und sollte
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