Northanger Abbey
bereitwilligst bejaht, worauf die Fremde sich mit Thorpe vorstellte, und schonerkannte Mrs. Allen die Züge einer einstigen Schulkameradin und Busenfreundin, die sie seit ihrer beider Verehelichung nur einmal getroffen hatte, und das vor vielen Jahren. Der Wiedersehensjubel war erwartungsgemäß groß, nachdem sie fünfzehn Jahre bestens ohne einander ausgekommen waren. Wechselseitige Komplimente über ihr gutes Aussehen folgten; und als sie einander überdies bestätigt hatten, wie die Zeit seit damals dahingeflogen war, wie wenig sie damit gerechnet hatten, sich in Bath zu begegnen, und welche Freude es war, eine so alte Freundin wiederzutreffen, begannen sie von ihren Familien, Schwestern und Kusinen zu sprechen, beide gleichzeitig und beide weit mehr dazu geneigt, Auskunft zu erteilen als zu erhalten, so daß keine groß auf die andere hörte. Mrs. Thorpe war jedoch gegenüber Mrs. Allen erzählerisch insofern im Vorteil, als sie Kinder hatte; und als sie nun von der Begabung ihrer Söhne und der Schönheit ihrer Töchter anfing – als sie von ihren jeweiligen Tätigkeiten und Zukunftsaussichten berichtete – daß John in Oxford sei, Edward an der Merchant-Taylors-School und William auf See und ein jeder an seinem Platz beliebter und geachteter als irgendwelche anderen drei Wesen sonstwo auf Gottes Erdboden –, konnte Mrs. Allen mit nichts kontern, konnte keine ähnlichen Triumphe in das ungeneigte und ungläubige Ohr ihrer Freundin träufeln, sondern mußte notgedrungen dasitzen und diese mütterlichen Schwelgereien über sich ergehen lassen, wobei freilich ihr scharfes Auge schon bald die trostreiche Entdeckung machte, daß die Spitze an Mrs. Thorpes Umhang nicht halb so hübsch war wie die an dem ihrigen.
»Hier kommen meine lieben Mädchen«, rief Mrs. Thorpe und zeigte auf drei schick aussehende Frauenspersonen, die Arm in Arm auf sie zusteuerten. »Meine liebe Mrs. Allen, ich muß sie Ihnen unbedingt vorstellen; sie werden so entzückt sein, Sie kennenzulernen. Die Große ist Isabella, meine Älteste – ist sie nicht ein Bild von einer jungen Frau? Die anderenkommen auch sehr gut an, aber ich meine doch, daß Isabella die hübscheste ist.«
Die Miss Thorpes wurden vorgestellt, und ebenso Miss Morland, die für ein Weilchen in Vergessenheit geraten war. Beim Klang ihres Namens schienen sie alle aufzuhorchen; und nach einer sehr verbindlichen Begrüßung bemerkte die älteste der jungen Damen laut zu den anderen: »Wie unglaublich ähnlich Miss Morland ihrem Bruder sieht!«
»Wie aus dem Gesicht geschnitten!« rief die Mutter – und »Ich hätte sie überall als seine Schwester erkannt!« wurde von ihnen allen zwei- oder dreimal wiederholt. Einen Moment lang stutzte Catherine; aber Mrs. Thorpe und ihre Töchter hatten kaum Atem geholt, um zu berichten, woher sie Mr. James Morland kannten, als ihr schon einfiel, daß ihr ältester Bruder seit kurzem mit einem jungen Mann aus seinem College befreundet war, der Thorpe hieß, und daß er die letzte Woche der Weihnachtsferien bei dessen Familie nahe London verbracht hatte.
Nachdem all dies geklärt war, bekam sie von den Miss Thorpes viele nette Dinge gesagt, des Inhalts, daß man sich unbedingt näher kennenlernen müsse, da ja die Freundschaft der Brüder sie schon quasi zu Freundinnen mache, und einiges andere mehr, das Catherine freudig vernahm und mit so wohlgesetzten Worten erwiderte, wie sie es nur vermochte; und als ersten Beweis guten Einvernehmens wurde sie umgehend aufgefordert, sich doch bei der ältesten Miss Thorpe einzuhängen und mit ihr durch die Halle zu wandeln. Catherine war entzückt über diese Ausweitung ihrer Bather Bekanntschaft und vergaß über den Plaudereien mit Miss Thorpe beinahe Mr. Tilney. Freundschaft ist wahrlich der beste Balsam für die Wunden, die die Liebe schlägt.
Ihre Unterhaltung kreiste um all die Themen, deren freimütige Erörterung zuverlässig für eine schnelle Vertrautheit zwischen zwei jungen Damen sorgt, nämlich Kleider, Bälle, Liebeleien und Laffen. Hier befand sich Miss Thorpe, dievier Jahre älter als Miss Morland und um mindestens vier Jahre erfahrener war, allerdings ganz entschieden im Vorteil: sie konnte die Bälle in Bath mit denen in Tunbridge vergleichen und den Bather Stil mit dem Londoner Stil, sie konnte ihre neue Freundin von vielen irrigen Annahmen in Detailfragen modischen Geschmacks befreien, konnte hinter einem einzigen Lächeln, das eine Dame und ein Herr tauschten, eine Liebelei
Weitere Kostenlose Bücher