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Northanger Abbey

Northanger Abbey

Titel: Northanger Abbey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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erkennen und eine lächerliche Erscheinung auch im ärgsten Gedränge ausmachen. Solche Fähigkeiten stießen auf gebührende Bewunderung bei Catherine, der sie vollkommen neu waren; und der Respekt, den sie ihr naturgemäß abnötigten, hätte einem unbefangenen Umgang im Weg stehen können, hätten nicht Miss Thorpes ungezwungene Fröhlichkeit und ihre zahlreichen Freudenbekundungen angesichts der Bekanntschaft die Ehrfurcht erheblich abgeschwächt und nichts übriggelassen als wärmste Zuneigung. Ihrer wachsenden Verbundenheit war mit einem halben Dutzend Runden durch die Trinkhalle nicht Genüge getan, nein, als sie alle miteinander aufbrachen, mußte Miss Thorpe Miss Morland auch noch bis vor Mr. Allens Haustür begleiten; und mit einem langen, liebevollen Händedruck nahmen sie Abschied voneinander, nicht ohne vorher zu ihrer beiderseitigen Erleichterung festgestellt zu haben, daß sie sich gleich am Abend quer durchs Theater wiedersehen würden und am Morgen darauf in der Kirche. Danach lief Catherine eilig in den Salon hinauf, um der entschwindenden Miss Thorpe vom Fenster aus nachzublicken – ihren graziösen Schritt und die Eleganz ihrer Figur und ihres Gewandes zu bewundern und sich zu Recht glücklich zu preisen für diese Fügung, die ihr eine solche Freundin beschert hatte.
    Mrs. Thorpe war eine Witwe, und keine sehr reiche; sie war eine gutmütige, wohlmeinende Frau und die nachsichtigste Mutter. Ihre älteste Tochter besaß ein bildschönes Äußeres, und die Jüngeren taten, als wären sie ebenso hübschwie die Schwester, ahmten ihr Auftreten nach, kleideten sich wie sie und fuhren damit sehr gut.
    Dieser kurze Überblick über die Familie soll uns die umfang- und blumenreiche Schilderung vergangener Abenteuer und Schicksalsschläge aus Mrs. Thorpes eigenem Mund ersparen, die andernfalls leicht die nächsten drei bis vier Kapitel füllen würde, wobei es ausführlichst um die Nichtswürdigkeit von Lords und Advokaten ginge und wir Gespräche, die schon zwanzig Jahre zurückliegen, Wort für Wort wiederholt bekämen.

V. KAPITEL
    Abends im Theater war Catherine nicht so ausschließlich damit beschäftigt, Miss Thorpes Nicken und Lächeln zu erwidern (auch wenn ein beträchtlicher Teil ihrer Zeit darüber hinging), daß sie deswegen vergessen hätte, in jeder Loge, die ihr Blick erreichte, mit Adleraugen nach Mr. Tilney zu spähen; aber sie spähte vergebens. Mr. Tilney hatte fürs Schauspiel nicht mehr übrig als für die Trinkhalle. Sie sagte sich, daß der nächste Tag mehr Glück bringen würde; und als ihre Hoffnung auf gutes Wetter sich erfüllte und sie in einen strahlenden Morgen hinaussah, glaubte sie sich schon am Ziel ihrer Wünsche, denn ein schöner Sonntag in Bath lockt die Bewohner sämtlicher Häuser ins Freie, und alle Welt scheint sich aufzumachen, um Freunden und Bekannten zu versichern, welch ein prachtvoller Tag es doch sei.
    Kaum war der Gottesdienst aus, taten die Thorpes und die Allens sich zusammen; und nachdem sie lange genug durch die Trinkhalle flaniert waren, um festzustellen, daß das Gedränge unerträglich und nur der Pöbel unterwegs war – eine Feststellung, wie sie jeder an jedem Sonntag unter der Saison wieder macht –, begaben sie sich eilends zum Crescent, um die frische Luft besserer Gesellschaft zu atmen. Hier schwelgten Catherine und Isabella, Arm in Arm und ungehemmt plaudernd, erneut in den Wonnen der Freundschaft – redeten viel und höchst angeregt; doch Catherines Hoffnung, ihren Tanzpartner wiederzusehen, wurde auch diesmal enttäuscht. Er war nirgendwo zu entdecken; alles Suchen nach ihm blieb gleichermaßen erfolglos; weder bei Matineen nochbei Soireen, weder in den Upper noch in den Lower Rooms, in keinem Salon, keinem Ballsaal fand sich eine Spur von ihm; er machte keinen Vormittagsspaziergang, er ritt nicht, er lenkte kein Kabriolett. Sein Name stand nicht im Meldebuch der Trinkhalle, und mehr konnte die Neugier nicht tun. Er mußte aus Bath abgereist sein. Aber er hatte doch mit keiner Silbe erwähnt, daß er nur so kurz bleiben wollte! Diese Rätselhaftigkeit, die wohl jedem Helden gut zu Gesicht steht, verlieh seiner Person und seinem Auftreten in Catherines Phantasie zusätzlichen Reiz und verstärkte ihren Drang, mehr über ihn zu erfahren. Von den Thorpes waren keine Aufschlüsse zu erwarten, denn sie waren erst zwei Tage vor ihrer Begegnung mit Mrs. Allen in Bath eingetroffen. Dennoch war er ein großes Thema zwischen ihr und ihrer schönen

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