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Nosferas

Nosferas

Titel: Nosferas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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faltige Hand kam aus dem weiten Ärmel und schob die Kapuze zurück. Die kleine Frau betrachtete die Anwesenden aus grünen Augen, die die gleiche Farbe hatten wie ihr wallendes Gewand. Ihr Gesicht war vom Alter ausgemergelt, tiefe Furchen legten die Haut, die die Sonne gebräunt hatte, in Falten. Die Frau lächelte und hielt sich erstaunlich gerade, als sie auf einen leeren Stuhl zustrebte. Den Stab in ihrer Hand benötigte sie jedenfalls nicht als Stütze.
    Donnchadh legte die Hand auf die Brust. »Tirana*, es ist uns eine Ehre.« Er kam auf sie zu, doch sie setzte sich, ehe er den Stuhl erreichte.
    »Du weißt, dass ich kein Landlord bin. Das Land ist frei! Es gehört den Tieren und den Pflanzen. Wir sind nur geduldet.«
    »Ja, Lady Tara«, sagte er nur und kehrte zu seinem Platz zurück.
    Dame Elina reckte den Hals. »Ihr seid also die Druidin Tara.« Die Vampire nahmen wieder ihre Plätze ein. Die alte Frau nickte. Sie zeigte keine Furcht.
    »Menschenblut«, sagte Seigneur Thibaut noch einmal leise. Auch Dame Elina konnte das Blut der alten Frau riechen, doch sie spürte noch etwas anderes. Starke, uralte Magie, wie man sie in der freien Hansestadt Hamburg schon lange nicht mehr finden konnte. Verstohlen ließ sie ihren Blick schweifen. Die anderen Clanführer starrten die alte Menschenfrau an. In ihren Gesichtern konnte sie Misstrauen oder gar Feindseligkeit lesen. Nur Donnchadh schien erleichtert.
    »So, da seid ihr also alle hier auf Schloss Chillon zusammengekommen - zumindest alle, die die Zeichen erkannt haben und vielleicht auch bereit sind, zu handeln und das zu tun, was nötig ist!«
    Interessiert lehnte sich Dame Elina ein Stück in ihrem Stuhl nach vorn und lauschte den Worten der Alten. Sie hatte das Gefühl, sie dürfe nicht ein einziges davon verpassen. War das die Magie, die sie wie eine Wolke umgab? Baron Maximilian öffnete den Mund, um sie zu unterbrechen, doch die Druidin hob die Hand, und so klappte er ihn stumm wieder zu.
    »Ihr werdet nachher noch genug Gelegenheit bekommen, euch zu streiten. Darin seid ihr Clans seit jeher mehr als nur gut gewesen!« Dieses Mal war es Baronesse Antonia, die sie unterbrechen wollte, doch wieder setzte sich die Druidin durch.
    »Lasst mich das Problem in kurze Worte fassen: Eure Kräfte versiegen, euer Einfluss schwindet und bald werdet auch ihr von dieser Erde getilgt sein. Nicht einmal die Erinnerung an euch wird bleiben.«
    Die Vampire schrien empört auf. Für einige Augenblicke ließ die Alte sie gewähren und die Worte schwappten von einer massigen Steinwand zur anderen. Dann hob die Druidin wieder die Hand und die Stimmen verebbten.
    »Sagt mir, wann euch das letzte Kind geboren wurde.« Sie sah in die Runde. »Vor zehn Jahren oder elf?«
    »Neun«, sagte Dame Elina leise. »Unser jüngster Sohn Thankmar ist neun.«
    »Also neun.« Die Druidin nickte. »Seit langer Zeit ist schon kein Kindergeschrei mehr zu hören. Eure Hallen sind vergreist. Wie viele Altehrwürdige habt ihr dagegen zu versorgen, die sich nicht mehr fortbewegen wollen und nur noch Nacht für Nacht das Schwinden ihrer Kräfte beweinen?«
    »Oh, mit Kindergeschrei können wir dienen«, warf Conte Claudio ein.
    »So?« Die Druidin hob die Augenbrauen. »Du willst mir sagen, dass eine Reine deiner Familie im vergangenen Jahr ein Kind geboren hat?«
    Der dicke Römer senkte den Blick. »Äh, nein, das nicht.«
    »Sie hat sich also ein Kind geholt, weil sie selbst keines bekommen konnte? Sie hat ein Kleinkind zum Vampir gemacht und es damit verurteilt, auf alle Zeiten ein hilfloser Säugling zu bleiben? Und nun wird sie das von ihr geschaffene Wesen versorgen, bis sie seiner überdrüssig geworden ist. Ist es so?« Conte Claudio murmelte etwa Unverständliches. Die Druidin fixierte ihn noch eine Weile, dann sah sie wieder in die Runde der Clanführer.
    »Ihr fürchtet euch, dass ihr von den Wesen, die ihr selbst geschaffen habt, verdrängt werdet? Ja, fürchtet euch zu Recht! Ihr habt euch früh eure eigenen Gräber gegraben. Und es sind weder die Servienten noch die Menschen, die euch für immer darin verbannen werden. Ihr selbst habt dafür gesorgt! Seit Jahrhunderten bekriegt ihr euch und sorgt dafür, dass eure Familien ihre Blutlinien rein halten. Ihr pflegt nur noch die Kräfte und das Wissen, die euer Stamm hervorgebracht hat, und habt alles andere verdrängt und vergessen. Wenn ihr so weitermacht, dann sehe ich keine Hoffnung für euch.«
    »Warum müssen wir uns das Gerede einer

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