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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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mal genug von der Arbeit. Mal sehen, was uns Friedrich von Böhmen auf jenem Hügel hinterlassen hat.
     
    Kristen rannte wie der Teufel von den farbenprächtigen Buden und Ständen des Marktes auf der Strand Street weg, um im Gewühl von Lower Adderley unterzutauchen. Von dort aus schlug sie mit ihrer Beute den Weg zur Heerengracht und zum Hafen ein. Heute hatte sie Glück gehabt, da sie gerade in dem Augenblick aufgetaucht war, als die Polizei die Streuner dabei erwischt hatte, wie sie einem Mann die Brieftasche abnahmen, den sie zuvor niedergeschlagen hatten.
    Kristen nahm normalerweise von Diebstahl Abstand, weil die Polizei zu streng mit Dieben umging, aber sie wußte, wann es etwas umsonst gab. Während die Polizei die Verfolgung der Streuner aufnahm und sich ein paar Passanten bückten, um dem noch bewußtlosen Opfer zu helfen, hatte sie direkt die Schultertasche angesteuert, die immer noch dort auf dem Boden lag, wohin sie im Zuge des Handgemenges offenbar geflogen war. Nachdem sie die Tasche aufgehoben und fest an die Brust gepreßt hatte, war sie einigermaßen sicher, daß sie niemand gesehen hatte, und huschte flink wie eine Teufelsratte zum Sisulu-Markt. Doch bei ihrer Größe und dem Schopf kleiner Löckchen auf dem Kopf, fühlte sie sich erst richtig sicher, nachdem sie dort angekommen war. Sie konnte nur beten, daß die Wirkung ihrer morgendlichen Dagga-Dröhnung nicht allzu offensichtlich war. Das Kraut war stark gewesen, voll und doch mild im Geschmack.
    Die Gestalter der Hafengegend hatten diese San Francisco und Sidney nachempfunden, hatten sie jedenfalls gesagt, als sie das verfallene industrielle Brachland des Kapstadter Hafens umgewandelt hatten. Und vielleicht hatten sie trotz allem tatsächlich ganz gute Arbeit gelei stet. Die Hafengegend war ihre Heimat, einer der wenigen Orte in der Konföderation Azanischer Völker, wo man gute Aussichten hatte, nicht erschossen zu werden, nur weil man die falsche Hautfarbe oder Religion hatte oder dem falschen Metatyp angehörte. Für Kristen, die halb Xhosa, halb Kaukasierin war, bedeutete das eine ganze Menge. Hier am Hafen brauchte sie sich nur wegen rassischer Vorurteile Sorgen zu machen und nicht wegen etwaiger mörderischer Absichten.
    Sie sah träge auf das rostende Wrack des Öltankers, der an der sandigen Küste gestrandet war. In den ausgeweideten Überresten des Schiffes lebten über zwanzigtausend Personen, eine zerlumpte Armee Heimatloser. Viele von ihnen arbeiteten bei den Abwrackmannschaften, die jeden Tag hinausgingen, um die Schiffe zu bearbeiten, die zum Verschrotten in die Bucht geschleppt wurden, riesige Wracks, die von ihren anonymen Besitzern für einen Spottpreis an die Stadtverwaltung verkauft wurden. Die Tankerleute schufteten sich krumm und lahm, da sie den Wracks mit nicht mehr als ein paar Hämmern zu Leibe rückten, um das Metall zu bergen. Sie bekamen einen Hungerlohn für den Schrott - gerade genug zum Leben -, während die Stadtväter den Preis, den sie für die Schiffswracks zahlten, für gering hielten, wenn er zwanzigtausend soziale Außenseiter davon abhielt, über die Touristen herzufallen. Kristen kannte einen oder zwei von den Abwrackern, war selbst jedoch noch nicht so tief gesunken.
    Kristen grinste, als sie sich mit einem Soykaf und einem Teller Blatjang setzte und sich mit einer Hand Stücke von dem Hühnerfleisch in den Mund schob, während sie mit der anderen die Tasche durchsuchte. Achtzig UCAS-Dollar in Fünfern und Kleingeld. Der Mann mußte es für kleinere Einkäufe auf dem Markt mitgenommen haben. Zweifellos hatte er seine Kreditkarten und den größten Teil seiner Dokumente im Hotelsafe gelassen. Eine übliche Vorsichtsmaßnahme für Touristen, dachte sie. Aber achtzig Mäuse kamen ihr gerade recht. Davon konnte sie wochenlang leben, sich sogar ein Hotelbett kaufen. Besser noch, das Geld reichte, um einen Monat lang high zu sein.
    Sie sah sich unauffällig um, um sich zu vergewissern, daß sie niemand beobachtete, daß es ungefährlich war, die Tasche zurückzulassen und zu gehen. Unentschlossen wie sie war, gab sie vor, in den Tiefen der Tasche nach etwas zu suchen, einem widerspenstigen Lippenstift vielleicht. Das erste, was ihr in die Finger kam, war eine Illustrierte, die sie achtlos auf den Tisch fallen ließ, und sie hatte gerade damit begonnen, auf dem Boden der Tasche herumzuwühlen, als das Titelbild der Illustrierten ihre Aufmerksamkeit erregte.
    Kristen fror plötzlich, obwohl es an diesem

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