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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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in Frankfurt, und Serrin litt wie immer nach einem Transkontinentalflug unter der Zeitverschiebung. Auf dem Flughafen schien es von Newsweek -Ausgaben zu wimmeln, endlose Stapel rotumrandeter Bilder von ihm, die seine Fluchtversuche zu verhöhnen schienen. In seinem übererregten Zustand beschloß der Elf, in Bewegung zu bleiben.
    Er nahm ein Taxi zum Bahnhof, wo unzählige Reisende mit Essen beschäftigt waren oder zumindest daran zu denken schienen. Er sah Leute Croissants bestellen, die mit jeder nur erdenklichen Füllung vollgestopft waren, Soykaf herunterstürzen und armdicke Baguette-Sandwich mit Schinken, Gurken, rosafarbenem Fleisch, das in stinkendem Fett brutzelte, und Salat bestellen, der fingerdick mit Mayonnaise bestrichen war. Aufgrund dieser Eßgewohnheiten schien es nicht sehr viele schlanke Deutsche zu geben, und Serrin befürchtete, daß er durch seinen hoch aufgeschossenen hageren Elfenwuchs zu auffällig war. Das einzige, was er dagegen unternehmen konnte, war, seinen Kragen hochzustellen und den Kopf einzuziehen, solange er in der Schlange vor dem Fahrkartenschalter stand. Da er so sehr damit beschäftigt war, sein Gesicht zu verbergen, fiel ihm zunächst gar nicht auf, daß er nicht die geringste Ahnung hatte, wohin er fahren sollte. Hektisch sah er zur gewaltigen Tafel mit der ständig wechselnden Anzeige der abfahrenden Züge hinauf, die direkt unter der Bahnhofsuhr hing, einem riesigen Ding aus Messing und Stahl.
    Der nächste Zug ging nach Karlsruhe. Er sah die Zwischenstationen durch und entschied sich ohne besonderen Grund für Heidelberg. Also kaufte er sich eine einfache Fahrkarte - um der Abgeschlossenheit und Anonymität willen wiederum erster Klasse - und trabte zum angegebenen Bahnsteig.
     
    Crusher 495 war eine der populärsten Bars in den Barrens, der ärmsten, gottverlassensten Gegend im ganzen Seattler Sprawl. Der Troll trank sein Mineralwasser aus und kicherte noch einmal beim Anblick des Magazins, dessen Seiten er mit seinen riesigen Pranken durchblätterte. Der Barhocker neben ihm quietschte, als sich ein grauhaariger Ork neben ihn setzte, offenbar müde von einem weiteren anstrengenden Tag auf der Straße.
    »Hey, Ganzer. Wie geht's?« fragte der Troll.
    »Gar nicht so schlecht, Tom. Eigentlich genau wie immer. Gib mir 'n Bier aus, Chummer, ja? Was hast du denn da?« Der Ork hob Toms Magazin an, um sich das Titelblatt anzusehen.
    »Ich will verdammt sein, wenn das nicht Serrin ist«, sagte er mit einem Ausdruck der Verwirrung. »Sieht aus, als hätte er sich 'n paar Gesichtskorrekturen verpassen lassen, seit wir ihn zum letztenmal gesehen haben.«
    »Unwahrscheinlich«, sagte Tom zögernd. »Serrin steht nicht auf Metall. Würde nicht mal in die Nähe eines Skalpells gehen. Warum sollte er sich verändert haben?«
    Der Ork trank ein halbes Glas Bier und sagte nichts. Es war nicht taktvoll, sich mit Tom über Metall im Körper zu unterhalten. Das mochte den Troll nur wieder zu einer seiner Predigten veranlassen.
    »Er hat den Bürgermeister von New York davor bewahrt, erschossen zu werden«, sagte Tom, der wußte, daß Ganzer nicht lesen konnte.
    »Tatsächlich? Tja, wie die Schildkröte zum Stahlhelm sagte, wir machen wohl alle mal 'n Fehler... Aber, Drek, wie lange haben wir Serrin jetzt nicht mehr gesehen? Fünf Jahre?«
     
    »Fünf Jahre und zwei Monate«, erwiderte der Troll. »Das vergesse ich nie.«
    Ganzer war im Moment nicht in der Stimmung, sich Geschichten aus Toms alten Shadowrunner-Zeiten anzuhören. Die Geschichten schienen immer mit der langwierigen Saga zu enden, wie der Troll ein für allemal das Saufen drangegeben hatte, und der Ork wollte nichts über Abstinzenz hören. Statt dessen wollte er sich den Bauch mit Bier füllen. Ganzer kam zu dem Schluß, daß es besser war, das Thema zu wechseln.
    »Sag mal, ich höre, du bist drüben im Dschungel in letzter Zeit 'n richtiger Held.«
    Tom zuckte die Achseln, konnte sich jedoch bei dem Gedanken, daß sich das Los der dortigen Obdachlosen tatsächlich verbessern mochte, ein Lächeln nicht verkneifen. »Ja, nun, der Bürgermeister profitiert schließlich auch davon, wenn er mit Zuschüssen für die Leute rüberkommt. Macht sich gut in der Öffentlichkeit. Jetzt, wo sie den Boden so weit entgiftet haben, daß sie wieder Futterpflanzen anbauen können, die für Tiere genießbar sind, können zumindest ein paar von den Leuten dort genug Geld verdienen, um sich was zu essen zu kaufen.«
    Tom sah sich nachdenklich in

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