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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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staubtrocken. Schrecklicherweise spürte er, wie sich seine Muskeln verkrampften und sein Atem immer abgehackter und keuchender kam. Ihr Geister, dachte er, ich bekomme einen Anfall. Sie haben mir ein verdammtes Nervengift verpaßt. Er versuchte die Tür des Abteils zu erreichen und um Hilfe zu rufen, als ihm aufging, daß sein Tod keinesfalls die beste Methode war, sich der deutschen Polizei zu entziehen; doch seine bleischweren Glieder versagten den Dienst, und er sackte hilflos auf dem Sitz zusammen. Seine Augen verdrehten sich, und er verlor das Bewußtsein.

4
     
    Serrin wurde vom Fahrkartenkontrolleur geweckt, als der Zug Koblenz verließ. Sein Arm pochte, und sein Mund fühlte sich an, als habe ein Wellensittich darin genistet, aber sein Herzschlag fühlte sich normal an, und die einzige andere Nachwirkung des Angriffs war eine verkrampfte Steifheit in den Arm- und Beinmuskeln. Während er in seinen Taschen nach der Fahrkarte suchte, stieß Serrins Hand gegen etwas Metallisches, und er beeilte sich, das Klappern mit einem Husten zu übertönen. Nachdem der Kontrolleur aufgehört hatte, die Fahrkarte zu betrachten, als sei sie ein persönliches Unglück für ihn, wartete der Elf, bis der Mann sein Abteil verlassen hatte, bevor er den Metallgegenstand aus der Tasche zog. Es handelte sich um eine Kartusche, die Art, die bei medizinischen Injektionen Verwendung fand. Die Kartusche war leer.
    Betäubungsmittel, dachte Serrin. Komisch, daß ich mich nicht mehr erinnern kann, sie aufgehoben zu haben, aber es erklärt, warum ich mich so steif fühle. Die Schnappmesser müssen mir das Mittel verpaßt haben. Das bedeutet, man wollte mich lebend.
    Obwohl dieser Gedanke eigentlich eine beruhigende Wirkung hätte haben müssen, fand Serrin ihn noch schrecklicher als die Vorstellung, daß ihn jemand töten wollte.
    Er starrte mißmutig auf den sich nähernden Lichterglanz des Rhein-Ruhr-Megaplex und fragte sich, wer, zum Teufel, hinter ihm her sein konnte. Der Kopf schwirrte ihm, als ihn alle möglichen Szenen aus B-Filmen über Morde in Zügen überschwemmten, doch seine magische Schutzvorrichtung warnte ihn vor keiner Gefahr. Er versuchte sich vorzustellen, mit welchem Verhalten man jetzt bei ihm rechnen würde, versuchte die Vorgehensweise eventueller Verfolger zu durchschauen. Plötzlich fiel ihm der narbige Mann vom JFK- Flughafen ein, und ihm wurde klar, daß der Anschlag auf ihn schon befohlen worden sein mußte, als er sich noch in New York befunden hatte. Von dort aus waren sie ihm nach Heidelberg gefolgt. Das hatte einige Umstände gemacht. Ihn nach Frankfurt zu verfolgen, war gewiß leicht gewesen, doch weiter zur Universitätsstadt?
    Es muß ein Magier sein, dachte er. Jemand, der mich auf astralem Weg aufspüren kann. Ein Magier, der mich lebendig will. Der Gedanke traf ihn wie eine kalte Dusche.
    Er verließ den Zug in Bonn und nahm ein Taxi zum Flughafen. Während er verzweifelt Münzen in ein Telekom in der Flughafenhalle warf, verfluchte er den defekten Eingabeschlitz, der einen Kredstab hätte annehmen müssen, es jedoch nicht tat. Er wählte eine Nummer im Herzen Londons.
    »Ja?« Der Schirm zeigte das Gesicht einer schläfrigen Blondine, die sich das Gesicht rieb und das hagere Gesicht des Anrufers begutachtete. Was sie sah, schien ihr nicht zu gefallen.
    »Ist Geraint da?« fragte er mit einem flehentlichen Unterton.
    »Hey, wer du auch bist, Chummer, es ist fünf Uhr morgens, und...«
    »Es ist dringend. Sag ihm, es ist Serrin.«
    »Er ist nicht da«, sagte sie blasiert. »Er ist geschäftlich in Hongkong. In zwei Tagen kommt er wieder zurück. Soll ich ihm was ausrichten?«
    »Ich melde mich wieder«, sagte der Elf schroff und unterbrach die Verbindung. London war nah, und ein Freund, der Mitglied des Oberhauses war, konnte ihm höchstwahrscheinlich beachtlichen Schutz bieten. Doch im Augenblick war er immer noch allein in der Nacht auf einem fremden Flughafen Tausende von Meilen und einen Ozean von zu Hause entfernt. Seine Hände zitterten noch schlimmer als gewöhnlich. Andererseits schien ihm niemand auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu widmen. Als Serrin sich umsah, entdeckte er das für fünf Uhr morgens übliche Volk: die ersten Pendler, die nach Brüssel und Straßburg unterwegs waren; versetzte oder abgeschobene Geliebte, rotäugig und mürrisch dreinschauend; unausgeschlafene und wütende Leute, deren Flug wegen irgendeines unfähigen Ingenieurs oder Luftverkehrsbeamten Verspätung

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