Nosferatu 2055
Schußlinie, der hinter seinem Kontrolltisch in Deckung gegangen war. Seine Schrotflinte erledigte Gunther mit einem Schuß, der die Brust des Samurai in eine Masse blutiger Fleischfetzen und vorstehender Knochensplitter verwandelte. Doch Tom hatte bereits seine H&K herumgerissen, und ein Feuerstoß nagelte Martin an der Wand fest. Schlaff wie eine Strohpuppe mit zerschmettertem Rumpf glitt die Leiche langsam die Wand herab und hinterließ eine verschmierte Blutspur darauf. Dann sackte sie auf dem Boden zusammen, wobei der Kopf auf eine fast komisch anmutende Weise zur Seite fiel, während ein dünner Blutfaden aus den leicht geöffneten purpurroten Lippen rann.
Ich kann es nicht riskieren, astral nach ihm zu suchen, aber ich muß ihn finden, dachte Serrin verzweifelt. Wo, zum Teufel, ist Luther?
Tom hämmerte mit den Fäusten gegen die Wand und drückte immer wieder auf den Rufknopf für den Aufzug. Der Aufzug reagierte nicht.
»Tretet zurück«, rief der Troll.
»Nein! Nicht! Wir kommen nie dort hinunter, wenn du das Ding in die Luft jagst!« schrie ihn der Elf an. Der Troll zögerte. Er schien sich tatsächlich ein wenig zu beruhigen, was Serrin nur recht war. Sich mit einem amoklaufenden Troll einen Aufzug zu teilen, war nicht die verlockendste Aussicht der Welt.
»Muß isoliert sein«, murmelte Serrin, während er aus der Reihe der Anzeigen schlau zu werden versuchte, an denen Martin gearbeitet hatte. »Wo sind die verdammten Kontrollen?«
Voller Bestürzung musterte er die Konsole. Alles in allem gab es dreißig Bildschirme, von denen die meisten ausgefallen waren, und so viele Tastaturen und Bedienelemente, daß er stundenlang zu tun haben würde, wenn er alle ausprobieren wollte. »Ach, Drek.«
Als sich die Fahrstuhltüren zischend öffneten, war Tom bereits hineingesprungen, bevor Serrin erkannte, daß sie von unten ferngesteuert wurden. Schlimmer noch, alle waren eingestiegen, bevor sie es durchschauten, da sie glaubten, Serrin habe an den Kontrollen eine Sperre beseitigt.
Auf dem Weg nach unten wurde Gas in den Fahrstuhl gepumpt. Serrin wirkte eine Barriere für sie. Falls sie von einem Kugelhagel empfangen wurden, wenn sich die Fahrstuhltüren unten öffneten, saßen sie wie Ratten in der Falle. Ihre Gasmasken schützten sie, bis sich die Türen öffneten. Sie sprangen aus dem Fahrstuhl und hielten eine halbe Sekunde inne, um sich zu orientieren. Serrin spürte, wie sich Mathilde stärkte, magisch ihre Reflexe aufpeppte. Er wäre ihrem Beispiel gefolgt, hätte er noch die Gelegenheit dazu gehabt.
Der Gang vor ihnen führte nur in eine Richtung, und zwar zu einer offenen Doppeltür aus funkelndem Metall und Glas. Tom hatte die H&K angelegt, um alles zu durchlöchern, was sich vor ihm befand, aber sein Finger erreichte den Abzug nicht mehr. Sie standen alle wie erstarrt da. Serrin spürte die Gewaltigkeit des Dings, das seinen Verstand lähmte, sie alle in der Hand hatte und sich über ihre Selbstüberschätzung amüsierte.
»Entschuldigt bitte«, sagte die Gestalt vor der Doppeltür. Sie zog sich den weißen Kittel aus, den sie trug, und gab ihn einem rothaarigen Elf, der sich auf allen vieren aus dem dahinterliegenden Raum schlich. Magellan nahm den Kittel entgegen wie ein Kind, das gerade ein neues Spielzeug bekommt. Luther strich sich mit einer Hand über seinen kahlen Schädel, dann bedeutete er ihnen näher zu treten.
»Jetzt bin ich entsprechend gekleidet, um euch zu empfangen«, sagte er, indem er ein imaginäres Staubkorn von seinem makellosen, grauen italienischen Anzug schnippte. »Ach ja, abgesehen von dem Ork. Offen gestanden, finde ich Orks ganz besonders verabscheuungswürdig. Magellan, würdest du das bitte übernehmen?«
Der Elf ließ den Kittel fallen, erhob sich und zog ein langes Messer aus der Innentasche seiner Jacke. Verstohlen, als schleiche er sich an irgend etwas Unsichtbares an, pirschte er sich vorwärts und stach Mathilde das Messer in den Bauch und dann aufwärts ins Herz. Sie brach schlaff und leblos zusammen. Der Elf leckte die Klinge ab, wobei er sich mit dem scharfen Metall in die Zunge schnitt.
Tom empfand eine Wut, die alles überstieg, was er in dieser Hinsicht je kennengelernt hatte. Sie zerrte an dem eisernen Griff, mit dem der Nosferatu seinen Geist umklammerte, und versuchte ihn zu brechen - allerdings ohne Erfolg. Er konnte jetzt kaum noch etwas sehen, so heftig war sein Zorn.
Ihre Füße bewegten sich ohne ihr Zutun. Das Trio bot einen jämmerlichen
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