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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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wartete nicht auf eine Antwort. Er konnte es kaum erwarten, seine Anzüge auszupacken und aufzuhängen, und er wußte, daß es keine Faltenpresse in diesem Haus gab.

13
     
    Vom Zustand seines Zimmers angewidert, war Serrin immer noch nicht sicher, ob er mit Michaels Idee, hier zu wohnen, einverstanden war. Gewiß, der Club war der letzte Ort, an dem jemand, der noch bei klarem Verstand war, nach ihnen suchen würde - es sei denn, dieser Jemand hatte Zugang zu den Telekom- und Telefax-Nummern, die sie hergeführt hatten. Später würde er Magie wirken, um ihre Anwesenheit zu verschleiern, aber er würde hinsichtlich der Anwendung von Magie vorsichtig sein müssen, falls Indra nichts für solche Dinge übrig hatte. Er spürte keine Magie im Club und in seiner näheren Umgebung, aber er wußte auch nicht viel über die hiesigen Magier und Schamanen - und er wollte auf gar keinen Fall das Risiko eingehen, Anstoß zu erregen, wenn Indra einen auf ihrer Lohnliste hatte.
    Michael hatte seinen Drink zur Hälfte getrunken, als der Ork das Mädchen praktisch in das Zimmer stieß. Das war also Kristen. Sie sah furchtbar aus: Ihr Ohr war mit groben Stichen genäht und ihre Kleidung mit getrocknetem Blut besudelt. Ihre Hände waren mit Schrammen übersät, und sie sah aus wie ein verängstigtes Kind, das für irgendeine ungezogene Tat Schläge erwartete. Was, wie ihm plötzlich klar wurde, gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war.
    »Ich bin Michael«, sagte er. »Serrin wird gleich hier sein.« Er versuchte, beruhigend auf sie einzuwirken. »Es tut mir leid, wenn du auf dem Weg hierher schlecht behandelt worden bist.« Sie starrte ihn nur leicht zitternd an, ohne etwas zu sagen oder sich zu bewegen.
    »Bitte setz dich«, sagte er lächelnd. »Wir sind extra

 

hergekommen, um herauszufinden, was du weißt. Es ist wichtig.«
    Das schien zu helfen. Bis zu diesem Augenblick hatte noch nie jemand Kristen das Gefühl gegeben, irgendwie von Bedeutung zu sein. Als sie sich zögernd auf den wackligen Stuhl hinter dem Tisch am Fenster setzte, wirkte sie schon etwas weniger verängstigt, sagte jedoch immer noch nichts.
    »Der Taschencomputer, den du erwähnt hast, derjenige, welcher die Namen enthielt. Hast du den noch?« fragte er. Sie schüttelte gerade den Kopf, als Serrin in der Tür erschien, die Anwesenheit des Mädchens aber offenbar nicht bemerkte.
    »Michael, du mußt nicht ganz bei dir sein, daß du dafür bezahlst, hier zu wohnen. Als ich meine Hemden in den Schrank gepackt habe, ist das oberste Regal herausgefallen, und mir sind ein Haufen Huren-Unterwä- sche und etliche Schaben entgegengekommen. Drek, wir können hier nicht...«
    Er unterbrach sich, als der Engländer mißbilligend den Kopf schüttelte.
    »Achte auf deine Ausdrucksweise, mein Lieber. Es ist eine Dame anwesend.«
    Als Serrin einen Schritt näher kam und sich umsah, erkannte sie seine Blässe und die grauen Augen sofort wieder. Die Neigung seiner Stirn. Das Hinken, sein schlimmes Bein. Dann wurde ihr klar, daß sie die Augen, die Blässe und die Stirn auf den Bildern in der Illustrierten gesehen und Nasrah ihr Einzelheiten über das Bein vorgelesen haben konnte. Aber Bilder und Worte hätten ihr niemals verraten können, wie er sich bewegte, und doch wußte sie es. Sie wußte ganz genau, wie er sein Gewicht immer auf das heile Bein verlagerte, wie er die Behinderung zu kompensieren versuchte, weil sie sich daran erinnerte. Und das ängstigte sie wirklich.
    »Entschuldigung«, murmelte er. »Ich wollte nicht...«
     
    »Schon gut«, brachte sie heraus, und ihre Stimme klang in ihren Ohren schwach und weit entfernt.
    Als er den Raum betrat, bestürzte Serrin die kurze, unheimliche Empfindung, diesen Augenblick schon einmal erlebt zu haben. Doch das Gefühl war nur von kurzer Dauer, sehr flüchtig. Sie sah aus, als habe sie gerade einen Zusammenstoß mit einem Lastwagen gehabt.
    »Ich bin Serrin Shamandar. Wir haben uns am Telefon unterhalten«, sagte er. »Bist du schon lange hier?«
    »Gerade angekommen. Sunil hat die Naht an meinem Ohr überprüft«, sagte sie.
    »Geht es dir gut?« fragte der Elf beunruhigt. »Ist es etwas Ernstes? Wir können...«
    »Hör auf damit«, sagte Michael kühl. »Kristen ist aus eigener Kraft hergekommen. Ich glaube nicht, daß sie kurz davor steht, in Ohnmacht zu fallen.«
    »Aber wir sollten uns einen sichereren Ort suchen, an dem wir uns unterhalten können«, sagte er mit einem mißbilligenden Blick auf die offene

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