Nosferatu 2055
etwas unternimmt, folge ich ihm. Wenn er nichts unternimmt, bedeutet das, er hat nichts vor. Wenn er nichts vorhat, haben wir keine Probleme. Quod erat demonstrandum.«
»Die Logik ist wasserdicht. Unglücklicherweise wird sein Verhalten vermutlich nicht von der Logik bestimmt«, stellte Jenna trocken fest.
»Aber Ihr stimmt mir zu?« fragte er, vorsichtig sondierend, was sie wollte.
Sie dachte nach, schweigend und lange. Schließlich antwortete sie.
»Ja, ich denke schon. Es ist wichtiger, daß wir unsere Aufmerksamkeit auf Luther konzentrieren. Der Elfenmagier ist nur eine Fliege. Wir brauchen uns nicht mit ihm abzugeben.«
»Es sei denn, er breitet die Flügel aus und fliegt wie der Wind«, sagte Magellan, der eine geradezu absurde Freude darüber empfand, ihre Metapher aufgegriffen und weitergeführt zu haben.
»Es sei denn, er unternimmt etwas. Ja.« Sie ließ sich nicht zu einem Zugeständnis herab. »Wenn er das tut, folge ihm. Und laß dich nicht sehen. Ich kümmere mich um Luther.«
Er sagte ihr nicht, daß er über eigene Möglichkeiten verfügte, Luthers Aktivitäten zu verfolgen.
Der Kurier erschien eine Stunde nach Michaels hektischen Anrufen, die er von seinem Schlafzimmer aus geführt hatte. Als das Päckchen mit den falschen Ausweispapieren eintraf, waren Tom und Serrin nicht sehr erfreut.
»Was soll das? Ich mag keine gefälschten Ausweise«, beschwerte sich Serrin. »Besonders dann nicht, wenn ich in ein Land reise, das ich nicht einmal kenne.«
»Hör mal, wenn dich jemand entführen will, willst du dann wirklich unter deinem richtigen Namen reisen? Wenn ein Siebenjähriger mit einem Radio Shack in die Fluglisten decken kann? Nein, Chummer. Ich kenne Kapstadt. Diese Ausweise reichen allemal. Drek, ein Affe käme damit durch, aber es liegt an dir. Wenn du dich als Zielscheibe präsentieren willst, bitte. Ich werde unter einem meiner üblichen Falschnamen reisen, und zwar separat.«
»Unter einem von mehreren?« sagte Serrin erstaunt.
»Professionelle Kriminelle und Konzernmänner haben kein Exklusivrecht auf falsche Identitäten. Nicht, daß zwischen den beiden ein großer Unterschied bestünde. Ein paar wirklich gut gefälschte Ausweise, die ich besitze, habe ich ein paar Megakonzernen zu verdanken«, sagte Michael stolz.
»Ist das cool, Serrin?« fragte Tom unsicher, als er den Plastik- und Papierkram vor sich sah. Er hatte Seattle noch nie verlassen und keine Ahnung, was er von alledem halten sollte.
Serrin begutachtete die falschen Papiere, die Pässe und Visa und medizinischen Unterlagen und den Rest. »Sieht ziemlich gut aus«, mußte er zähneknirschend einräumen.
»Es ist besser so«, sagte Michael. »Vertraut mir. Um neunzehn Uhr geht ein Suborbitalflug. Das läßt uns reichlich Zeit. Ich nehme an, du willst magische Vorsichtsmaßnahmen dagegen ergreifen, daß jemand unsere Abreise bemerkt, Serrin. Dafür müßte genügend Zeit sein. Unter Berücksichtigung des Zeitunterschieds werden wir bei Tagesanbruch in Kapstadt landen. Das ist nicht zu spät, um einen Eindruck vom dortigen Nachtleben zu bekommen. Es reicht bis weit in den Tag hinein. Ich kenne deinen Geschmack nicht, aber wie er auch aussieht, in Kapstadt wirst du bedient.«
»Ja, darauf würde ich wetten«, sagte der Troll traurig. »Kinder, die für eine Handvoll Chips oder weißes Pulver sterben. Frauen, die mit zwanzig vom Leben auf der Straße schon halb tot sind. Die Dinge eben, die man hier oben wahrscheinlich nicht zu sehen bekommt.«
»Mich wirst du an solchen Orten nicht finden«, konterte Michael augenblicklich. »Meine einzigen schlechten Angewohnheiten sind die, daß ich zuviel für Kleidung und Computer ausgebe. Geh und such dir jemand anders, dem du die Schuld in die Schuhe schieben kannst. Ich kenne euch zwei eben nicht, das ist alles.«
»Hört mal, wir wollen die Streitereien doch im vernünftigen Rahmen lassen«, bat Serrin. »Wir haben alle Händevoll damit zu tun herauszufinden, wer hinter all diesen Leuten her ist, richtig? Das sollten wir nicht ver gessen.« Dann verließ er das Zimmer mit der Bemerkung, daß er jetzt packen würde.
Tom versuchte es mit einem letzten wütenden Blick, aber er wußte, daß er unfair zu Michael gewesen war, und der Engländer würde nicht nachgeben. Als er Serrin nach draußen folgte, machte er mehr Lärm als nötig. Michael erwog, eines seiner Fairlights mitzunehmen, entschied sich dann jedoch für das Fuchi. Er neigte nicht dazu,
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