Nosferatu 2055
Tür. »Kristen, wir könnten Kaffee und etwas zu essen vertragen, aber laß uns irgendwohin gehen, wo wir reden können, ohne belauscht zu werden. Kennst du so einen Ort?«
Sie lächelte schwach. »Es ist noch ein wenig kalt am Hafen, aber wir könnten draußen sitzen, und es wäre ruhig, weil nicht viele Leute in der Nähe sein werden. Aber ich habe nicht viel Geld«, sagte sie ein wenig verlegen.
Ihr Geister, dachte Serrin, sie glaubt, wir erwarten von ihr, daß sie uns zum Frühstück einlädt. Er erwärmte sich für sie.
»Keine Sorge«, sagte er gelassen, indem er sie anlächelte. Plötzlich war er sich bewußt, wie durchdringend sie ihn musterte, als studiere sie ein Porträt in einer Galerie und suche nach einem verborgenen Detail.
»Wir haben aber allen Grund zur Sorge«, sagte Michael lakonisch. »Zum einen haben wir einen hungrigen Troll, den wir füttern müssen. Laßt uns Tom holen und die Vorstellung beenden. Dann gehen wir und reden. Wir müssen eine Menge herausfinden.«
Kristen änderte ihre Meinung, als sie Indras Club verließen. Plötzlich wollte sie sie nicht mehr zu einem ihrer üblichen Läden am Hafen bringen. Ein Teil von ihr wollte vor ihren Chummern auf der Straße angeben, aber damit würde sie sich nur den Groll und den Neid der anderen zuziehen, was sich später nachteilig auswirken konnte. Also brachte sie sie mit einiger Häme in einem Taxi zu einem der protzigen Läden am Strand. Das dort versammelte Geld würde sie anstößig finden, es jedoch angesichts der Gesellschaft, in der sie sich heute bewegte, nicht wagen, sie rauszuwerfen. Als sie am Blumenmarkt vorbeigingen, blieb sie an einem Stand stehen, um sich eine Tigerlilie zu kaufen, eine absurde Extravaganz. Sie steckte sie sich ins Haar über ihr heiles Ohr, als laufe sie ständig so herum, und betrachtete ihr Spiegelbild in einem Schaufenster, um sie genau richtig zu positionieren. Zumindest hat mein Gesicht nichts abbekommen, dachte sie. Ich sehe gar nicht so schlecht aus.
Als sie sich schließlich setzten, um zu frühstücken, bestellte Michael die meisten Gerichte auf der Frühstückskarte und hielt den gaffenden Kellner davon ab, irgend etwas wegen Kristen zu sagen, indem er einfach außerordentlich höflich war. Sie saßen in einer entlegenen Nische, die sowohl Ruhe als auch Abgeschiedenheit bot. Als Kaffee, Saft, Getreideflocken und Toast auf einem silbernen Tablett serviert wurden, hatte er erfahren, was mit dem Computer geschehen war. Er gab dem Kellner ein großzügiges Trinkgeld, um den gaffenden Blicken ein Ende zu bereiten, die er Kristen zuwarf, und bestellte dann Eier mit Schinken für Tom, der die gesunde Kost auf dem Tablett anstarrte wie eine tote Ratte.
»Du kannst uns zu dem Mann bringen, dem du den Computer verkauft hast?« fragte er Kristen. Sie nickte.
»Aber das Gerät wird längst auseinandergenommen sein«, sagte sie traurig.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jedenfalls ist es eine Bahnfahrt die Küste entlang wert, es herauszufinden.« Er steckte sich eine Leinenserviette in den Hemdkragen, um zu verhindern, daß er seine Krawatte mit Marmelade bekleckerte.
»Ich habe das hier«, sagte sie strahlend, indem sie ein zerfleddertes und verdrecktes Blatt Papier aus ihrer Tasche zog. Sie gab es Serrin, der die Namen betrachtete und dann das Blatt an Michael weiterreichte.
»Auf der Liste stehen mehr Namen als diejenigen, die du mir am Telefon genannt hast«, sagte er zu Kristen.
»Ich konnte sie mir nicht alle vorlesen lassen«, antwortete sie ein wenig besorgt, als befürchte sie, daß ihr etwas Wichtiges entgangen war.
»Das ist schon in Ordnung«, versicherte ihr Serrin. »Es bedeutet nur, daß wir mehr haben, als wir dachten.«
»Hier sind auch noch ein paar merkwürdige Codesymbole«, sagte Michael zögernd. »Mehr als nur Namen und Zahlen. Aber du sagtest, der Computer sei irgendwie abgestürzt?«
Kristen erklärte noch einmal, wie sie mit dem kleinen Kasten herumgespielt hatte und er plötzlich den Geist aufgegeben zu haben schien. Sie mußte außerdem erklären, daß sie die Botschaften nicht hatte lesen können, die über den Schirm geflackert waren, und sie schämte sich deswegen. Das war allzu offensichtlich.
»Das ist nichts, dessen du dich schämen müßtest«, sagte Tom, nachdem er das letzte Stück Schinken verzehrt hatte. »Wir leben in einem der reichsten Länder der Erde, und die Hälfte seiner Bewohner kann nicht einmal den eigenen Namen schreiben oder lesen. Wenn
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