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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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klar, daß er ihr kaum eine Frage gestellt hatte, so eindringlich hatte sie ihn ausgehorcht.
    »Ich habe Zeit«, sagte sie schlicht und verschwand, um ihm ein paar Handtücher zu holen. Serrin setzte sich aufs Bett, schüttelte den Kopf und fragte sich, in was, um alles in der Welt, er hineingeraten war.
    »Du bist ein großes Risiko eingegangen hierherzukommen, auch wenn Mathanas bei dir ist«, schalt der junge Elf Niall. Er saß auf einem der größten Steine inmitten der Schloßruinen und beobachtete müßig die kleine Gruppe Leshy, die zwischen den efeubedeckten Bäumen am Fuß des Hügels spielten, während um sie herum der Morgen graute.
    »Darum brauche ich deine Hilfe«, erklärte Niall. »Ich bin an meine Heimat gebunden. Ich kann mich nicht rühren, ohne daß es die Familien erfahren. Aber es gibt Dinge, die ich tun muß, Orte, die ich besuchen muß. Die Ereignisse nehmen jetzt einen rapiden Verlauf. Sie haben mittlerweile die Saat aus Azanien gebracht, glaube ich. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Lùtair die letzten Schritte unternimmt. Sobald sie freigesetzt wird...«
    Der flachshaarige junge Elf saß ruhig da, wiegte sich fast unmerklich hin und her. »Bist du so sicher, daß dies deine Aufgabe ist?« fragte er.
    »Ich kann nicht untätig danebenstehen und es geschehen lassen«, erwiderte Niall.
    »Ist es wichtiger als dein Leben?«
    »Gewiß«, sagte Niall ohne Zögern.
    »Ist es wichtiger als die Bestimmung deines Weges?«
    »Es ist wichtiger als alle meine Leben«, sagte Niall leise. Er hatte lange und ausgiebig darüber nachgedacht, wie er es sagen sollte. Und nun, da er es gesagt hatte, war es viel leichter gewesen, als er erwartet hatte. Wie leicht es doch war, sein eigenes Wesen zunichte zu machen.
     
    »Das ist es tatsächlich«, sagte der jugendliche Elf unerschütterlich. »Aber ich habe andere Besucher, die sagen, daß dies der Aufstieg ist.« Er sagte Niall nicht, was er davon hielt.
    »Das ist falsch«, erwiderte Niall leidenschaftlich.
    »Bist du um so vieles weiser?« sagte der jugendliche Elf, indem er müßig an einem Grashalm zupfte.
    »Lùtair ist ein toxischer Geist«, argumentierte Niall. »Der Aufstieg kann nicht von solch einem Wesen ausgehen. Er löschte die Leben aus, die er erhöhen will. Das allein ist Beweis genug, daß er ein falscher Geist ist. Wenn Liam noch unter uns weilte, wäre ein Sichabfinden mit diesem Übel unvorstellbar.«
    »Ah, dann kennst du also Liams Gedanken«, sagte der jugendliche Elf fröhlich. »Dann ist dir natürlich alles klar. Natürlich sind andere von uns nicht so anmaßend.«
    »Das habe ich nicht gemeint. Kannst du mir nicht helfen?« flehte Niall. Er wollte nicht mehr Katz und Maus mit dem Narr spielen. Die Zeit wurde zu knapp für dessen raffinierte Spielchen.
    »Heute nacht wird es ein Gewitter geben«, sagte der Narr ohne jede Besorgnis. Niall wußte, was er meinte. In der physikalischen Welt würde es einen Wolkenbruch mit Blitz und Donner geben, gewiß. Aber der Narr meinte das doineann draoidheil, die schreckliche Woge unkontrollierbarer Magie, die an geheiligten Orten über die Welt hereinbrach, unberechenbar und gewaltsam. Sein Mut sank, als er begriff, welche Unterstützung ihm der Narr anbot. Nur das Erscheinen des Gewitters an sich. Es würde Niall und den Geistern, die ihm zu helfen bereit waren, überlassen bleiben, sich die Macht des Gewitters zunutze zu machen.
    »Rathcrogan«, sagte der Narr. »Beim Palast der Medb. Ich glaube, dort werden nur wenige Mitglieder deiner Familie sein. Jedenfalls genug, um Einwände gegen deine Anwesenheit zu erheben. Andererseits könnten sie sich auch klugerweise dazu entschließen, Zuflucht vor dem Gewitter zu suchen.«
    Niall war nicht so dumm, um eine direktere Art der Unterstützung zu bitten. Nur wenige trafen den Narr je in so großzügiger Stimmung an. Auf seine Weise war er ein Abtrünniger desselben hermetischen Ordens, dem Niall schon vor langer Zeit den Rücken gekehrt hatte, aber es war nicht ratsam, ihn zu sehr zu drängen. Er hatte Niall auf die Lösung hingewiesen, sich der ehrfurchtgebietenden Kräfte des Gewitters zu bedienen, und jetzt blieb es dem Magier überlassen, diesen Rat zu beherzigen oder nicht.
    In dem Bewußtsein, daß seine Chancen, die Nacht lebend zu überstehen, schlechter standen als fünfzig zu fünfzig, kehrte der deprimierte Magier zu seinem Geist zurück und fing an, sich zu überlegen, wie er den Hausmagiern seiner Familie entwischen sollte. Sobald das

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