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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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das vermutlich nicht mehr als ein Satin-Imitat einbringen. So hochklassig waren Indras Mädchen nun auch wieder nicht.
    Sie sah sich nach Serrin um und erlebte einen Augenblick schierer Panik, als sie ihn nicht mehr sah. Wenn sie in diesem Geschäft allein war, würde man sie wegen ihrer Hautfarbe aufhalten, sie des Ladendiebstahls verdächtigen und sie durchsuchen, und sie wußte nicht mehr, ob sie für alles, was sie sich gekauft hatte, die Kassenbelege noch besaß. Wenn nicht, und wenn er nicht bald wieder auftauchte, konnte sie sich auf eine Abreibung freuen, die sich gewaschen hatte.
    Dann war Serrin wieder da, und zwar mit einer Handvoll seidener Tücher und Schals.
    »Sie sind hübsch. Ich sah, daß du Seide magst, und ich wollte dir selbst etwas kaufen«, murmelte er. »Ich weiß, daß sie nicht sehr nützlich sind, aber dafür sehen sie nett aus.« Er entfaltete ein Tuch und hielt es an ihren Kopf, um zu sehen, wie es zu ihrer Hautfarbe paßte.
    Sie strahlte ihn an. Unfähig, sich zu beherrschen, umarmte sie ihn, wobei es ihr egal war, daß sie die anderen Leute in dem Geschäft wütend und haßerfüllt anstarrten.
    Was Serrin empfand, verblüffte ihn völlig. Es war nicht die übliche Furcht, etwas zu verlieren, das ihm etwas bedeutete. Was ihn wirklich verwirrte, war das Gefühl, daß das alles unbedenklich war. Hätte er innegehalten, um darüber nachzudenken, wäre ihm die Absurdität dieser Vorstellung aufgegangen, aber dieses eine Mal dachte er nicht nach. Er legte ihr nur die Hand auf den Kopf, als sie sich an ihn schmiegte, und spürte ihr stacheliges Haar durch die Seide des Tuchs.
    Dann löste sie sich von ihm und sah sich verängstigt um. »Wir verschwinden besser«, sagte sie mit einem drängenden Unterton. »Die Leute sind schon außer sich.«
    Ohne zu begreifen, folgte er ihr zur Kasse, wo er die Seidentücher bezahlte. Er wurde von einem sauertöpfisch dreinblickenden Mann bedient, der das Geld des Elfs behandelte, als sei es Überträger einer ansteckenden Krankheit.
    Als sie draußen waren, hauten ihn ihre Worte fast um.
     
    »Du wirst gehen. Du verläßt mich«, sagte sie traurig. »Diese Sachen sind Abschiedsgeschenke.«
    »Nein, sind sie nicht«, sagte er leidenschaftlich. »Ich weiß nicht, wie es weitergeht, aber wir gehen nirgendwohin.«
    Er hätte hinzufügen sollen, noch nicht, aber der Gedanke kam ihm gar nicht erst. Er hielt eines der vertrauten gelben Taxis an und ließ sich zum Hilton fahren.
    Als sie das Zimmer betraten, bot sich ihnen ein verblüffendes Bild. Tom lag auf einem der großen Sofas und starrte schweigend an die Decke. Michael hatte sich in sein Fuchi eingestöpselt und zuckte beinahe spastisch. Seine Hände waren so krampfhaft zu Fäusten geballt, daß sie buchstäblich weiß waren.
    »Ja! JA!!!« Er stöpselte sich aus. Seine Pupillen waren vor Aufregung geweitet, die Lippen zu einem Lächeln zurückgezogen, das jeder Zahnarzt für ein Werbeplakat hätte benutzen können. Er stellte sich auf seinen Stuhl, sprang in die Luft, schlug dabei einen perfekten Salto und landete auf den Füßen. Er hob die Arme in die Luft und stieß einen Jubelschrei aus, der die Fenster erbeben ließ.
    Serrin und Kristen sahen einander an und brachen in schallendes Gelächter aus.
     
    Es war die zunehmend vertraute Mischung aus Verzweiflung und Frohlocken, die ihn in den Klauen hatte. Für jemanden, der so lange an die Unfähigkeit, etwas zu fühlen, gewöhnt gewesen war wie er, war es schwierig gewesen, damit fertig zu werden und zu lernen, diese Energien festzuhalten und zu konzentrieren, so daß sie seinen Verstand überfluteten. Er hatte zwei, drei Tage ohne Schlaf vor sich, wenn er diese Energien in Gestalt eines strahlenden Blitzes äußerster Selbstbeschäftigung losließ. Luther wußte außerdem, daß er sie länger als üblich festhalten mußte, und das störte ihn.
     
    Er hatte sich mit demselben Bedauern und derselben Entschlossenheit wie immer an die Beseitigung des Elfs gemacht. Da er wußte, wieviel schlechtes Karma es ihm einbrachte, betrachtete er es als sein persönliches Opfer, wenn er sich auf den schreienden Körper stürzte und ihm das Leben aussog, während das heiße Blut über sein Gesicht und seine Hände sprudelte und die letzten Qualen seines Opfers in dem Mausoleum in einem Echo nachhallten, das noch in einer Ewigkeit feststellbar sein würde. Luther wußte, daß er es nicht mehr lange tarnen konnte.
    Es hatte hier unten ganz einfach zuviel Blut und Tod

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