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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Grundlage von Beurteilungen, Empfehlungen und persönlichen Gesprächen die Auswahl. Es hat einfach nicht geklappt, und ich habe es akzeptiert. Ich habe trotzdem Karriere gemacht und möchte es nun eben noch einmal versuchen.«
    »Hat Dr. Dogen Sie unterstützt?«
    »Keine Ahnung, wirklich nicht. Ich hatte mit Gemma Dogen nur sehr wenig zu tun.« Coleman Harper war an die vordere Stuhlkante gerutscht, so als wolle er aufspringen und fluchtartig den Raum verlassen, sobald Mike sein Fragenbombardement einstellte. »Ich hatte nicht viele Gelegenheiten, mit ihr zusammenzuarbeiten, und ich bin ihr auch nicht in den Hintern gekrochen wie manch andere junge Schleimer.«
    »Wie war es, als sie sich kennen lernten, Doc?«
    »Himmel, das ist fast zehn Jahre her. Ich hatte im Rahmen der üblichen Rotation ein paarmal mit ihr zu tun. Wir waren ganz verschieden. Ich war jedenfalls froh, als ich von hier wegging, rüber ins Metropolitan.«
    »Glauben Sie, dass sich in Ihrer Personalakte auch noch Informationen von damals finden?« fragte ich mit ruhiger Stimme.
    Harper warf mir einen scharfen Blick zu, dachte einen Augenblick nach, schüttelte dann den Kopf und antwortete, dass seines Wissens nach keine Akten aufbewahrt wurden, die älter als sieben Jahre waren. »Ich habe selbst versucht, an ältere Daten zu kommen; es ging um Empfehlungsschreiben, die ich damals hier und am Metropolitan bekommen hatte.« Er stieß ein gezwungenes Lachen aus. »Wenn man eine eigene Praxis hat, bekommt man keine Empfehlungsschreiben. Und die Meinung der werten Patienten bemisst sich weniger nach den Fähigkeiten des Arztes, sondern nach der Höhe der Rechnung. Falls Sie die alte Akte in nächster Zeit doch noch aufstöbern, sagen Sie mir bitte Bescheid. Spectors Kommission gibt am fünfzehnten dieses Monats die Zulassungen bekannt; vielleicht können mir die netten Worte von damals noch etwas nützen.«
    »Auch Gemma Dogens Beurteilung?«
    Harper erhob sich und steuerte auf die Tür zu. »Ich wünschte, ich hätte damals alles kopiert – aber nicht nur, um es Ihnen zeigen zu können. Nein, ich denke, dass mir die eine oder andere Beurteilung heute von Nutzen gewesen wäre. Dogen war vielleicht nicht mein größter Fan, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie mir Knüppel zwischen die Beine geworfen hätte.«
    »Können Sie sich vorstellen, warum jemand Dogens Tod wünschte?«
    Harper hatte bereits die Hand an der Türklinke. »Das weiß hier niemand, Detective. Uns geht es darum, Leben zu retten. Ich kann mir nicht vorstellen, warum ein Mensch so etwas tut, ich habe wirklich keine Ahnung.«
    Das Gespräch mit Coleman Harper war nicht aufschlußreicher als die anderen Unterhaltungen gewesen. Irgendwie schien es absurd, diese hoch geachteten Ärzte zu dem abscheulichen Mord an einer Kollegin zu befragen, aber andererseits musste es sein; letztlich unterschieden sie sich durch nichts von anderen potentiellen Verdächtigen.
    Mercer gesellte sich wieder zu uns, und den Rest des nachmittags ließen wir weitere Zeugen an uns vorüberdefilieren. Wir sprachen mit sieben Krankenschwestern, drei weiteren Professoren, die ihre Büros auf demselben Gang wie die Ermordete hatten, und außerdem einer Hand voll junger Studenten und Assistenzärzte, die in irgendeiner Form mit Gemma Dogen zu tun hatten.
    Man konnte die Befragten ganz klar in zwei Gruppen unterteilen: in jene, die Gemma Dogen gemocht und bewundert hatten und denen sie zumindest einen Hauch kollegialer Beachtung geschenkt hatte, und in jene, die sie aufgrund ihres kalten Wesens und ihrer Distanziertheit fürchteten und ablehnten.
    Der Versuch, ihre letzten Stunden zu rekonstruieren, war völlig aussichtslos. Gemma hütete ihre selbst gewählte Abgeschiedenheit und ließ Gesellschaft nur zu, wenn es ihr paßte. Ihren Lieblingstätigkeiten – Joggen, Schreiben, Reisen und Forschen – ging sie bevorzugt alleine nach, ganz ungestört von dem Klatsch und den politischen Intrigen jener, die nur allzu gern in ihren Orbit vorgedrungen wären.
    Gegen sechs hatte der letzte Zeuge den Raum verlassen, und Dietrichs Sekretärin erinnerte uns daran, dass sie das Zimmer abschließen musste, wenn wir fertig waren. Ich teilte ihr mit, dass wir demnächst aufbrächen. Wir packten unsere Notizen und Unterlagen ein und machten uns auf den langen Weg durch die Korridore in Richtung Ausgang.
    »Und weiter? Neue Ideen?« fragte Mercer.
    »Das waren eindeutig zu viele Gespräche für einen Tag«, erwiderte ich

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