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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Spector assistiert hatten. »Was ging in Ihnen vor, als Dr. Dogen nicht zur Operation erschien? Haben Sie sich Gedanken gemacht?«
    »Ihr Fernbleiben war ganz und gar untypisch«, erwiderte Desai. »Gemma war hochprofessionell, Mr. Chapman. Aber Gedanken? Nein, Gedanken habe ich mir nicht gemacht. Ich ging davon aus, dass ihr etwas Dringenderes dazwischengekommen war. Oder dass sie und Spector mal wieder Ärger miteinander hatten und …«
    » Mal wieder Ärger hatten? Worüber?«
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich weiß nur, dass sie über bestimmte Fragen im Zusammenhang mit dem Minuit immer wieder Auseinandersetzungen hatten, aber ich als einer der Jüngsten in der Abteilung habe an solchen Unterhaltungen niemals teilgenommen.«
    »Sie verstanden sich gut mit Dr. Dogen, nicht wahr? Sie waren auf ihrer Seite, richtig?«
    »Das stimmt, Mr. Chapman, aber ich war nicht ihr Vertrauter. Unsere Beziehung beschränkte sich strikt auf den beruflichen Bereich. Gemma zog eine scharfe Grenze zwischen ihrer Arbeit und dem Privatleben, und ich kenne niemanden, der es gewagt hätte, diese Grenze zu überschreiten.«
    »Und obwohl Sie bekanntermaßen einer von Dogens Schützlingen waren, hat Spector Sie an jenem Vormittag aus der Schar der Anwesenden herausgepickt und als Assistenten nach vorne geholt?« fragte ich.
    »Man kann über Spector denken, was man will, aber sein erstes Interesse gilt dem Wohl seiner Patienten. Ich habe mich immer aus den politischen Rangeleien herausgehalten, und das wussten sowohl Spector als auch Dogen zu schätzen. Außerdem befanden sich unter den Anwesenden nur ein paar, die qualifiziert genug für diese Operation waren. Es war mir trotzdem eine Ehre, ihm zu assistieren. Ich habe ihm ein paar Instrumente gereicht, aber eigentlich waren Coleman und ich in die glückliche Lage gekommen, Spector bei seinem perfekten Handwerk mal ganz aus der Nähe zu beobachten. Zu der Operation selbst haben wir herzlich wenig beigetragen.«
    Banswar Desai strahlte etwas Altmodisches, Beruhigendes aus; Eigenschaften, angesichts derer ich mich wohlfühlte. In meiner Familie wurde der Arztberuf hoch geschätzt und respektiert; mein Vater hatte es mit seinen Leistungen zu weltweiter Anerkennung gebracht, und meine Brüder und ich waren es gewohnt, dass in unserem Elternhaus herausragende Ärzte verkehrten.
    Bei diesen Gedanken kamen mir unweigerlich die Erinnerungen an meine erste große Liebe Adam Nyman in den Sinn; unser Glück fand ein jähes Ende, als er nur wenige Stunden vor unserer Hochzeit tödlich verunglückte. Wie in einem Tagtraum sah ich das verschwommene Bild Adams, der sich nach einem langen Tag im OP zum letzten Mal mit einem Kuss von mir verabschiedete. Während meines kurzen Abstechers in die Vergangenheit war das Gespräch, das Chapman und Desai führten, vollkommen an mir vorbeigerauscht.
    »Das ist für heute alles, Dr. Desai. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, das für uns von Interesse sein könnte, melden Sie sich bitte«, sagte Chapman und reichte Desai seine Karte.
    Mike begleitete den jungen Arzt bis zur Tür und winkte anschließend Coleman Harper herein.
    »Vielen Dank für Ihre Geduld, Mr. Harper. Sieht so aus, als hätten Detective Chapman und ich Sie ein weiteres Mal warten lassen«, entschuldigte ich mich in Anspielung auf die erste Vernehmung auf dem Revier, an dem Abend, nachdem Harper und Coleman Pops in der blutverschmierten Hose entdeckt hatten.
    Mike blätterte in seinen Notizen, bis er die Seite gefunden hatte, auf der er damals die Informationen festgehalten hatte. Als Antwort auf Mikes erste Frage erklärte Harper, dass DuPre vorgeschlagen habe, runter in die Röntgenabteilung zu gehen.
    »Ich will Sie nicht wieder so nervös machen wie letzte Woche auf dem Revier, Doc, aber DuPre ist sich ganz sicher, dass Sie es waren, der vorschlug, runter in den Röntgenraum zu gehen.«
    Harper zögerte; sein Kopf verharrte reglos, aber sein Blick schoss zwischen mir und Chapman hin und her, so als versuchte er fieberhaft herauszufinden, was Mike mit dieser Frage bezweckte.
    »Wollen Sie damit behaupten, ich hätte schon im vorhinein gewusst, dass der Alte da unten war?«
    »Haben Sie’s gewusst, Doc?«
    »W-woher? Natürlich hatte ich keine Ahnung – ich war den ganzen Nachmittag nicht in der Röntgenabteilung gewesen. Und welchen Unterschied hätte es gemacht?«
    Keinen großen, dachte ich und ging davon aus, dass Mike Harper, der an diesem Tag genauso nervös wie in der

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