Notaufnahme
Häuser wieder bezogen haben. Ich weiß, dass ich mich darum gedrückt habe, aber ich bin sicher, dass ich es bald schaffe.«
Die Stewardess forderte die Passagiere über das Bordmikrophon auf, die Sitzgurte anzulegen, da wir in Kürze landen würden. Es war keine Wolke am Himmel zu sehen, und mit Mühe brachte ich Mike dazu, seinen Klammergriff um die Armlehne zu lösen, da er sie andernfalls zerquetscht hätte.
Mercer hatte von der Flughafenpolizei die Erlaubnis bekommen, uns direkt am Gate abzuholen. Nachdem wir unser Gepäck in Empfang genommen hatten, stiegen wir in Mercers Wagen. Der Highway war mit Nachtschwärmern verstopft, die zum Essen oder ins Theater in die Stadt fuhren.
Als wir die Triboro Bridge erreicht hatten, rief ich von Mercers Autotelefon Giuliano im Primola an, um einen Tisch zu reservieren. »Ist noch ein Tisch für drei Personen in Adolfos Revier frei? In zwanzig Minuten sind wir da.«
Dort angekommen, bestellten wir und kamen dann schnell zur Sache. »Der angebliche John DuPre wurde als Jean DuPuy in einer kleinen Gemeinde in der Nähe von New Orleans geboren«, berichtete Mercer. »Er hat seinen High School-Abschluß gemacht und anschließend Pharmazie studiert. Das ist alles, was er je mit Medizin zu tun hatte. Bereits seit zehn Jahren gibt er sich als Arzt aus. Irgendwie hat er von dem echten DuPre erfahren, der zurückgezogen wie ein Einsiedler lebt und mittlerweile vierundneunzig ist. Die meisten denken, er sei schon lange tot. Einen Teil seiner Masche kennen wir inzwischen schon: Er schreibt nach Tulane und behauptet, seine Abschlusszeugnisse seien einem Brand zum Opfer gefallen, und fordert unter Angabe einer Postfachadresse eine Abschrift an. Die Verwaltungsangestellten sind glücklich, einem ihrer bekanntesten Absolventen aus der Klemme zu helfen, und schicken umgehend, worum er sie bittet. Anschließend fotokopiert er das kostbare Stück Papier ein paarmal, lässt sich vornehmes Briefpapier drucken und schickt das Ganze mit der Bitte um Kopien seiner Artikel und Beiträge an medizinische Gesellschaften und Fachzeitschriften. Im Handumdrehen sammelt er auf diese Weise eine ganze Mappe Unterlagen zusammen, die seine Karriere als Dr. John DuPre belegen.«
»Hast du Leute aufgetrieben, die ihn schon kannten, bevor er nach New York kam?«
»Ja, heute Nachmittag. Nachdem er alle Papiere beisammen hatte, bewarb er sich in den Südstaaten bei verschiedenen Kliniken und arbeitete sich allmählich hoch.«
»Und was berichten diese Leute über ihn?«
»Zwei Neurologen, mit denen er zusammengearbeitet hat, sagten aus, er habe sich wie ein echter Profi verhalten. Wie viele andere haben sie ihm ausgezeichnete Zeugnisse und Referenzen ausgestellt, als DuPre nach New York ging. Seine Patienten waren begeistert von seinem Einfühlungsvermögen und seiner ärztlichen Fürsorge.«
Wie Maureen, dachte ich bei mir. Zumindest hatte es vor ein paar Tagen noch so ausgesehen.
»Es scheint, als habe alles angefangen, nachdem ihm wegen Krankenkassenbetrugs seine Zulassung als Apotheker entzogen wurde. Der Staatsanwalt aus Louisiana, mit dem ich gesprochen habe, berichtete, dass unter den Ärzten große Bestürzung herrschte, als DuPuys Fehlverhalten publik wurde. Das war Anfang der Achtziger. Sie hatten ihm den Spitznamen ›Doc‹ gegeben, weil er so gelehrt und zuverlässig wirkte. Er ist dann nach Georgia gegangen und hat dort von vorn angefangen – als DuPre.«
»Hast du was über den Prozess herausgefunden, von dem er uns erzählt hat?« erkundigte ich mich.
»Ja, es geht um einen Kunstfehler. Der Patient, ein dreißigjähriger Mann, kam zu DuPre in die Praxis und klagte über verschiedene Krankheitssymptome.« Mercer blätterte in seinen Notizen. »Und zwar über plötzlichen Gewichtsverlust, unstillbaren Durst, Mundtrockenheit und Schwindelgefühle. Der Quaksalber nimmt ihm Blut ab, lässt ihn in den Becher pinkeln und schickt ihn mit einem Medikament gegen Schwindelanfälle wieder nach Hause. Achtundvierzig Stunden später wird der Patient tot aufgefunden.«
»Und weshalb?«
»Diese Symptome, Dr. Chapman, sind die klassischen Anzeichen für Diabetes. Das lernt jeder Medizinstudent im ersten Semester. Unser Hochstapler wusste das natürlich nicht, und sein Patient fiel prompt in ein Diabetes-Koma. Ein absolut vermeidbarer Todesfall.«
»Deshalb hat er also die Kleinstadt verlassen und ist in der Anonymität New Yorks untergetaucht, wo keiner nach seiner Vergangenheit fragte.«
»Und
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