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Notaufnahme

Notaufnahme

Titel: Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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ab ins Bett.«
    Das Zimmermädchen hatte die Betten aufgeschlagen. Ich packte das Stückchen Schokolade aus, das auf meinem Kopfkissen lag, steckte es in den Mund und schlüpfte unter die Decke. Als ich gerade den Arm ausstreckte, um das Licht zu löschen, trat Mike an mein Bett und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
    »Als Betrunkene bist du lausig, Coop. Harmlos, aber lausig.«
    Ich muss noch im selben Augenblick in Tiefschlaf gefallen sein, denn das Nächste, was ich wahrnahm, war der Weckruf am folgenden Morgen. Während ich mich langsam aufraffte, hörte ich ein seltsames Geräusch, das vom Fußende von Mikes Bett kam. Ich spähte vorsichtig dorthin, doch alles, was ich sah, war Mikes Hose, die zappelte und bebte, als sei ein riesiges Insekt in der Tasche gefangen. »Guten Morgen. Auch wenn es mich nichts angeht – darf ich fragen, was du in deiner Hose hast?«
    »Wie meinst du das?« Er wandte mir sein Gesicht zu und sah ungefähr so aus, wie ich mich fühlte.
    »Irgendwas zappelt da in deiner Hose.« Entsetzt deutete ich auf den bebenden Stoffhaufen.
    »Das ist mein Skypager«, erklärte er mir lachend. »Ich habe ihn gestern Abend eingesteckt, aber während des Dinners den Klingelton abgestellt und das Ding auf Vibrationsmodus gestellt. Deswegen ist es jetzt so lebendig.«
    Mike sprang aus dem Bett, hob seine zuckende Hose auf und zog das kleine Gerät aus der Tasche. »Es zeigt mir John Creaveys Nummer an.« Mike rief die Rezeption an und ließ sich mit Creavey verbinden.
    Nach einem kurzen Gespräch mit dem Commander klärte Chapman mich auf. »Mercer hat Creavey angerufen, weil der Skypager über eine so weite Entfernung nicht funktioniert und der Mann an der Rezeption sich weigerte, den Anruf mitten in der Nacht zu uns durchzustellen. John DuPre ist verschwunden. Er hat die Stadt während der vergangenen vierundzwanzig Stunden verlassen, nachdem Mercer in seinem Büro einige Unterlagen beschlagnahmte. Auch sein Haus wurde durchsucht. Seine Frau ist außer sich, weil er sie mit den Kindern hat sitzen lassen, ohne ihr zu sagen, wo er steckt. Lass uns schnell packen; alles Weitere erfahren wir von Mercer, wenn er uns vom Flughafen abholt.«
    »Ist der Mann nun Neurologe oder nicht?«
    »Du machst wohl Witze. Mercer kennt nicht mal seinen richtigen Namen. Er heißt weder John DuPre, noch ist er Arzt. Wie es aussieht, hat er noch nicht mal ein Semester Medizin studiert. Er ist eher ‘ne Art Autodidakt und Hochstapler in einer Person. Und sobald wir herausgefunden haben, wer er wirklich ist, wissen wir vielleicht auch, wo wir ihn finden.«

26
    Um kurz vor fünf wurde unser Flug mit mehreren Stunden Verspätung endlich aufgerufen. Murrend gingen wir an Bord und suchten unsere Plätze in der Touristenklasse; ein Umzug in die erste Klasse war uns auf der anderen Seite des großen Teichs natürlich nicht vergönnt.
    Der Flug verlief normal. Nach dem Essen wurde ein Film mit Mel Gibson gezeigt, und als wir schließlich nur noch zwanzig Flugminuten von New York entfernt und bereits auf viertausend Meter gesunken waren, kam wieder Leben in mich. Neben der rechten Tragfläche des Flugzeugs erschien gestochen scharf meine Lieblingsinsel: Martha’s Vineyard. Dank des zu Beginn des Frühjahrs noch fehlenden Laubs konnte man die Dörfer und Städtchen, die kleinen Seen sowie die verstreut daliegenden Farmen und Ferienhäuser, die mir nur allzu vertraut waren, gut erkennen.
    Mike beugte sich über mich hinweg, um auch einen Blick zu erhaschen. »Kannst du das Bite sehen? Wenn ich an die gebratenen Muscheln denke, läuft mir heute noch das Wasser im Mund zusammen.«
    Ich zeigte ihm, wo Menemsha lag; als Orientierungshilfe diente mir dabei das rot-schwarz gedeckte Dach des Coast Guard-Gebäudes.
    »Warst du eigentlich wieder einmal in deinem Haus, seitdem …«
    Ich schnitt ihm das Wort ab, bevor er die Frage aussprechen konnte. » Nein, noch nicht.«
    »Du solltest aber …«
    Ich wusste selbst, dass ich mich vor dieser schwierigen Situation schon viel zu lange gedrückt hatte, doch ich hatte es einfach noch nicht fertiggebracht, ein Wochenende allein in meinem Haus zu verbringen, nachdem ich im vergangenen Herbst dort gemeinsam mit Mike im Mordfall Isabelle Lascar ermittelt hatte. » Der Hausmeister hat es winterfest gemacht. Wenn es erst einmal Frühling ist, wird es mir leichter fallen, mit der ganzen Sache fertig zu werden. Die Räume werden gerade neu gestrichen, und ich möchte abwarten, bis Ann und Louise ihre

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