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Notluegen

Notluegen

Titel: Notluegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Swartz
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zerstörerisch wie der, von dem der Mann spricht, allerdings zu einem Zeitpunkt, an dem keine Ehe mehr zu retten war, zudem ein Schlag, der mehr mit München und London als mit Moskau zu tun hat.
    Aber nichts davon sagt die Frau; sie fährt fort, über das zu schweigen, was für sie an diesem Abend das einzig Wichtige ist.
    Zufrieden damit, dass sie schließlich doch angefangen haben, über das zu reden, was für den Mann wesentlich ist und dass er ihr endlich seine Sicht der Dinge hat darlegen können, nimmt er die Gelegenheit wahr, seiner geschiedenen Frau vorzuwerfen, sie habe ihn nie verstanden, und dieses mangelnde Verständnis sei der eigentliche Grund dafür, dass ihre Ehe nicht gerettet werden konnte. Moskau? Moskau war natürlich schlimm genug, aber die Unzulänglichkeiten der Frau waren noch schlimmer. Der Mann hatte sich missverstanden und einsam gefühlt, als würde seine Frau ihn bekämpfen, obwohl er damals nicht hatte entdecken können, auf welche Weise.
    Aber du hast dir nie Mühe gegeben, mich zu verstehen, sagt der Mann.
    Wie oft hatte er sie nicht betrogen!
    Kein einziges Mal hatte sie ihm das vorgeworfen. Aber die Frau hatte auch bald eingesehen, dass ihre Liebe zu ihm erkaltet war, vielleicht ganz und gar erloschen, und zwar gerade deshalb, weil die Seitensprünge des Mannes sie nicht so sehr gestört hatten als vielmehr die Tatsache, dass er sie zu beichten pflegte. Er war es gewohnt gewesen, sich schuldig zu bekennen. Jedes Mal wollte er seine Seitensprünge im Detail mit ihr diskutieren, wollte erklären, warum sie geschehen waren, und als sie sich dem verweigerte, hatte der Mann sie schon damals beschuldigt, unversöhnlich und überhaupt nicht daran interessiert zu sein, ihre Ehe zu retten.
    Er hingegen vertrete die Auffassung, jede Vereinigung zwischen Mann und Frau sei eine Form von Zusammenleben oder Wahlverwandtschaft, die liebevoller Pflege bedürfe, und er selbst sei ja für Dialog und tränenreiche Versöhnung gewesen; es könne ja nicht nur der Fehler eines Partners sein, wenn dieser eine mitunter in einem fremden Bett landete.
    Manchmal hatte er sie beschuldigt, den Mann in sich nicht zu bejahen. Die Frau wusste nicht, was er damit meinte. Etwas Männliches, Eigenschaften oder Überzeugungen, hatte sie nie in ihrem Inneren verspürt, jedenfalls nicht als etwas, das sie vernachlässigt hätte, etwas, das wirklich dort gewesen wäre und sich hätte entwickeln können.
    Es ist immer dasselbe, sagt der Mann. Wenn nicht beide am selben Strang ziehen, läuft alles schon von Anfang an schief.
    Dann behauptet der Mann, das Schicksal eines Menschen werde oft entschieden, ohne dass er selbst davon wisse, im Verborgenen und an einem ihm unbekannten Ort, und das Grab eines Menschen werde öfter als man glauben mag hinter dem Rücken dieses Mannes gegraben, während er anderswo beschäftigt ist, und viel anders sei es auch mit ihrer eigenen Ehe nicht gewesen.
    Willst du das etwa leugnen? sagt der Mann.
    Er für sein Teil habe immer andere Dinge im Sinn gehabt als Zerstörung und Untergang. Eine Ehe sei ja doch eine Ehe. Und dazu ein Kind und die Verantwortung, die ein solches mit sich bringe! Aber früh sei ihm klar gewesen, dass ohne gegenseitigen Respekt und vor allem ohne Verständnis alle Anstrengungen vergeblich seien.
    Sieh mich an, sagt der Mann.
    Die Frau vermeidet, das zu tun.
    Ich habe dich geliebt, sagt der Mann.
    Aber schon während ihrer Ehe hat die Frau gelernt, nicht immer das zu glauben, was der Mann sagt, zumal nicht unter vier Augen. Überrascht von der archäologischen Wendung, die das Gespräch genommen hat, aber nicht willens, an Ausgrabungen teilzunehmen, da sie überzeugt davon ist, dass weder dieser Abend der richtige Zeitpunkt noch ihre Wohnung der richtige Ort dafür ist, sagt die Frau (zu ihrer eigenen Überraschung): Du hast mich nie geliebt.
    Der Mann: Doch.
    Die Frau: Nein.
    Der Mann: Was weißt du denn schon davon? Ich habe dich immer geliebt.
    Nein, das ist nicht wahr.
    Doch, immer. Und ich liebe dich immer noch. Ich werde niemals aufhören, dich zu lieben.
    Die Absicht, welche die Frau ursprünglich mit dieser Einladung verfolgt hatte, droht plötzlich, unter einem Dickicht von toten, nicht mehr existierenden Gefühlen begraben zu werden, einer Liebe von der Art, der sie sich am allerwenigsten widmen möchte, und deshalb sagt sie, das habe sie nie gemerkt, nicht einmal heute könne sie glauben, was er sagt, und dann (zu ihrer eigenen Überraschung): Kannst du das

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