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Nottingham Castle, letzte Tuer links

Nottingham Castle, letzte Tuer links

Titel: Nottingham Castle, letzte Tuer links Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leana Wyler
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hinein. Anne lag ausgestreckt auf dem Fußboden, ihr Gesicht
war kalkweiß, die Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Beide Hände lagen in
kleinen Blutlachen, daneben ein grobes Messer.
„Mein Gott, was ist denn nur geschehen?“ Susannah nahm schnell Verbandssachen heraus.
Das Mädchen hatte zum Glück quer zum Handgelenk geschnitten. Wäre der Winkel
anders gewesen, hätte sie wahrscheinlich nichts mehr für sie tun können. Sie
legte ein dickes Stofftuch mehrmals zusammen und presste es fest auf die Wunden,
die sie vorher gesäubert hatte. Dann fixierte sie das Tuch mit einem langen
Verband und verknotete alles. Zusammen mit deren Schwester trug sie Anne ins
Bett, schüttete ihr Tropfen einer Tinktur direkt in den Mund und zog sich einen
wackligen Stuhl ans Bett.
    „Weißt
du irgendetwas?”, fragte sie die Schwester, die weinend daneben stand und die
Arme um sich schlang.
    „Ich
glaub, es ist wegen dem Sheriff”, schluchzte das Kind.
    Anne
stöhnte auf, als sie den Namen hörte. Die Hebamme strich ihr beruhigend über
die Stirn.
    „Du
musst versuchen zu vergessen, was er dir vor ein paar Wochen angetan hat. Ich
weiß, das ist schwer, aber das Leben geht weiter und ...“
Anne hob den Kopf. „Vor ein paar Wochen?”, wiederholte sie mit heiserer Stimme.
„Heute Mittag ist er wieder über mich hergefallen! Das wird nie aufhören, nie, ich
weiß es!“
    Heftiges
Schluchzen erschütterte ihren schmalen Körper.
Susannah war fassungslos. Heute? Nach allem, was letzte Nacht geschehen war?
Nachdem sie selbst das Bett mit ihm geteilt hatte, ihm gezeigt hatte, wie
erfüllend ein echtes Liebesspiel sein konnte im Vergleich zu seinen
Vergewaltigungen? Nachdem er ihr auch noch befohlen hatte, sich für ihn bereit
zu halten!
    Und
trotzdem ließ er immer noch nicht von den armen Dingern ab, die für ihn die
Böden schrubbten? Sie war so wütend, dass sie am liebsten auf der Stelle auf ihn
eingeprügelt hätte.
„Anne, erzähl mir bitte, was vorgefallen ist!“ Nur mühsam konnte sie ihre
Stimme ruhig halten. Sie schickte die kleine Schwester hinaus.
Tränen liefen über Annes Gesicht, als sie die Sätze hervorstieß. „Er kam aus
dem anderen Flügel der Burg, sah mich auf dem Gang und zog mich in sein Zimmer.
Dort warf er mich auf den Fußboden. Ich wollte mich ja wehren, aber er ist so
stark!” Wieder unterbrach ein Weinkrampf ihre Erzählungen. Susannah ballte ihre
Hände zu Fäusten. Dann holte sie einen Becher Wasser für Anne, hob den Kopf des
Mädchens hoch und gab ihr zu trinken. Anne war immer noch schneeweiß im
Gesicht.
    „Er
zog nicht mal die Hose ganz aus”, sagte sie, „und schob nur meinen Rock hoch.
Es tat so weh!“ Sie schluchzte verzweifelt. „Als er endlich fertig war, ließ er
mich liegen wie einen benutzten Lappen und ging aus dem Zimmer. Ich kann so
nicht mehr weiterleben, Susannah, ich kann das nicht!”
    Das
Mädchen riss wie von Sinnen an den Verbänden herum.
    „Anne!”,
schrie Susannah sie an und packte ihre Arme. „Hör mir jetzt zu!”
    Sie
kniete sich vors Bett, hielt weiterhin die Hände der jungen Frau fest und sah
ihr in die Augen.
    „Ich
sorge dafür, dass du ihm nie mehr gegenübertreten musst, hörst du? Wir finden
eine andere Arbeit für dich. Mein Vater kennt viele Leute, wir bringen dich
irgendwo unter, wo er dich nicht aufstöbern wird.“
    Anne
sah sie ungläubig an.
    „Versprich
mir, dass du dir nichts mehr antust”, sagte Susannah mit Nachdruck.
    Das
Mädchen überlegte einen Augenblick, dann nickte es erschöpft.
    „Gut.”
Susannah stand auf. Sie zitterte vor Wut. Noch nie hatte sie einen Menschen so
gehasst wie diesen Mann. Wie hatte sie nur Mitleid für diese Kreatur empfinden
können! Sie holte die Schwester herein und wies diese an, Anne nicht aus den
Augen zu lassen, bis ihre Eltern heimkamen.
    „Und
der Sheriff?”, fragte Anne mit schwacher Stimme.
    „Um
den kümmere ich mich, das verspreche ich dir!”
    Susannah
preschte aus dem Haus, den Kopf heiß vor unbändigem Zorn, holte ihr Pferd und
ritt im gestreckten Galopp auf das Castle zu.

4 Rache für Anne
     
    Die
Wachen am Eingang glaubten Susannah auf Anhieb, dass der Sheriff sie erwartete.
Sie drückte ihnen die Zügel ihres Pferdes in die Hand und stürmte den Gang im
Castle entlang, immer noch völlig aufgebracht und zu keinem klaren Gedanken
fähig. Vor ihren Augen sah sie das leichenblasse Gesicht von Anne, und das
verzweifelte Schluchzen des Mädchens hallte in ihren Ohren nach. Ihr Hass

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