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NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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den
Fensterrahmen und ließ den Körper hinabschwingen. Als es so an der Wand hing,
hätte es nur loslassen müssen, um in
seiner Daunendecke zu landen. Doch auf einmal kam die Angst zurück, und die
Finger verkrampften sich, und es schrie und schrie und brüllte wie am Spieß.
    Hilfe!
Hiiiiilfe! So helft mir doch!
    Reena
beugte sich aus dem Fenster, die Arme verschränkt.
    „Warum
hilfst du ihr nicht?“
    „Weil
sie es tun muss. Sie ist schließlich kein Kleinkind mehr.“ Paul meinte, die
nörgelnde Stimme der mittelalten, korpulenten Frau zu hören. Doch vor ihm stand
einzig und allein Reena. Er hob eine Braue.
    Unter
ihnen kam ein Mann um die Ecke des Hauses gerannt. Lass los! Rief er dem
Kind zu. Ich fang dich auf! Das Kind tat wie ihm geheißen. Der Mann
setzte es auf der Erde ab. Kann ich dir helfen? Er klang besorgt. Nein
danke , erwiderte das Kind würdevoll. Ab jetzt komme ich allein zurecht.
Danke schön. Und es präsentierte seinen Schlüssel und ließ sich selber
durch die Hintertür ins Haus hinein.
    Reena
drehte sich wieder zum Zimmer. Ein schmales Lächeln lag auf noch schmaleren
Lippen, die Augen waren dunkel verschleiert. Sie wartete. Einen Moment später
wurde die Tür aufgeschlossen, das Kind huschte herein. Es hatte eine Flasche
Limo unter dem Arm klemmen und eine Tüte Rosinen in der Hand. Vorsichtig wurde
beides auf den Boden vor dem Fernseher gelegt. Danach verschwand es wieder.
Irgendwo ging eine Toilettenspülung. Nach einiger Zeit kehrte es wieder zurück,
die Arme voller Decken und Kissen, die es auf das Bett warf. Dann ging es zur
Tür zurück, nahm den Schlüssel, der außen steckte, ließ die Tür behutsam ins
Schloss schnappen, steckte den Schlüssel von innen auf, drehte zweimal um und
schob ihn dann unter der Tür hindurch auf den Flur. Als es den Fernseher
anstellte stahl sich ein winziges, triumphierendes Lächeln auf dünne Lippen.
    Reena
stupste Paul an. „Wir können weiter. Hier drinnen ist alles okay.“
    Paul
zuckte mit den Schultern. „Okay.“
    Sie
drehte sich zu ihm herum. „Ich will nicht darüber diskutieren. Es ist gut so,
wie es ist. Basta.“
    „Schon
verstanden. Also weiter im Text.“ Er hielt ihr die Tür auf. Bevor Reena auf den
Flur trat, wandte sie sich zu dem Kind um und zwinkerte ihm verschwörerisch zu.
Doch es reagierte nicht, bemerkte sie gar nicht, war gefangen von den
schwarz-weißen Flimmerbildern des winzigen Fernsehers.
    Auf
dem Flur nahm Paul Reenas Hand. „Kommt mit nach oben.  Lass uns auf
Ent-deckungsreise gehen.“
    „Müssen
wir?“
    Paul
sah sie an. „Ja.“ Seine Hand spannte sich um ihre Finger. An Flucht war nicht
zu denken. Und langsam schob er sie der Treppe zum Obergeschoß näher.
    Dort
blickten sich wiederum zwei identische Türen über den schmalen kargen Flur
hinweg an. Die eine trug die III auf dem Rahmen, die andere die IV. Paul schob
Reena zur letzten Tür hin.
    „Aber,“
protestierte sie und sah über die Schulter zur III, „es muss doch alles seine
Ordnung haben!“ Wieder hörte Paul den nörgelnden Unterton der Mutter aus I aus
Reenas Stimme heraus.
    „Manchmal
muss man die Welt auf den Kopf stellen. Trau dich!“ Einladend wies er auf IV.
    Reena
zuckte mit den Schultern. Wieder mal wurde mit ihr gemacht, was sie nicht
wollte. Was sollte es schon ausmachen, sie kannte es ja nicht anders, dachte
sie bei sich. Und gleichzeitig wurde sie zornig, weil sie das immer und immer
wieder mit sich geschehen ließ und weil sie ihre Hand auf die Türklinke von IV
gelegt hatte, anstatt sie zur Faust zu ballen, um sie sogleich diesem Paul in
den Magen zu rammen. Paul, der  erst so harmlos erschienen war, so einladend,
so verständnisvoll. Paul, der letztlich nicht anders war als alle anderen. Und
sie schon wieder Opfer. Mit einem Wutschrei riss sie die Tür auf.
    Er
ging unter in einem hysterischen Weinen. Da saß ein Mädchen vor dem Boden eines
Meerschweinchenkäfigs, ein zuckendes Tier in den Händen. Eine Rotlichtlampe
beschien einen Teil des Käfigs, eine Schreibtischlampe war die einzige andere
Lichtquelle im Raum. Es war nicht mehr das braungebäumte Kinderzimmer.  Dieses
hier war kleiner, gelb gestrichen, ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch. Die
kleinen Fen-ster blickten auf nachtschwarzen, regennassen Wald hinaus.
Ebenerdig. Das Kind war noch das gleiche, nur älter jetzt und ausgeformter.
    „…ich
kann dir nicht helfen, Charly, es geht nicht. Die will nicht in die Stadt
fahren, wir kommen nicht zum Arzt, was

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