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Nova

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Titel: Nova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Kober
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zum Sitzen ein.
»Entschuldigen Sie, daß ich Sie so einfach überfalle, aber unter all den Menschen hier« – er vollführte eine weit ausholende Armbewegung – »sind Sie der einzige, den ich kenne. Ich freue mich, gerade Sie hier anzutreffen.«
Es fiel mir nicht ein, weshalb es ihn freuen sollte; wir hatten ja nie etwas zusammen zu tun gehabt. Ein Wunder, daß wir uns nach so vielen Jahren überhaupt wiedererkannt hatten.
Plötzlich klang seine Stimme plump vertraulich.
»Ich sehe schon, Professor, Sie können sich nicht mehr erinnern.«
Verlegen nickte ich.
»Wir hatten vor langer Zeit, jetzt sind es vielleicht fünfzehn Jahre, eine heftige Diskussion über das Problem des Zeittransits. Ich war damals der Meinung…«
Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Natürlich, dieser komische Kauz hatte allen Ernstes die Behauptung aufgestellt, die Theorien und Lehrsätze von Nordfield und Bylkowski über die Zeitdeformation seien falsch, aber keinen einzigen Gegenbeweis angetreten. Obwohl ich ihm noch einmal haarklein die zwingende Logik der ZD-Theorie auseinandergesetzt hatte, war er starrköpfig bei seiner Meinung geblieben, der Transit in der Zeit sei trotzdem möglich. Ein verhinderter Wells.
Ich mußte unwillkürlich lachen, es tat mir sofort leid. »Ja, ich entsinne mich. Und – ist es Ihnen gelungen?«
»Gewiß, Professor«, sagte er schlicht, doch mit solch einem Nachdruck, daß es mich stutzig machte. Vielleicht mußte ich ihm abermals zeigen, daß er unrecht hatte – noch immer.
»Und wann gelang Ihnen der… Beweis für Ihre Hypothesen?« fragte ich vorsichtig.
»Heute.«
Ich schüttelte den Kopf. »Verzeihen Sie einem alten Mann, mein Freund, daß er skeptisch ist. Ihre Behauptung entbehrte schon damals jeglicher Grundlage, und ich habe die Befürchtung, daß es heute nicht anders ist.«
»Sie halten mich für einen Wirrkopf, nicht wahr?« fragte er fast liebenswürdig.
Ich hütete mich zu nicken.
»Wissen Sie, vor fünfzehn Jahren war ich voller fixer Ideen. Ich lebte von dem Glauben, daß die Zeit als materieller Vorgang auch technisch beherrschbar sei. So, wie man radioaktive Strahlung bändigt und den Strom ausnutzt. Nun, fast hätten Sie mich damals überzeugt, denn ich hatte ja nur die Idee, nichts anderes. Und wenn es Sie befriedigt – ich mußte den Gedanken tatsächlich aufgeben. Die Phantasie allerdings ist mir geblieben; zum Glück. Was wäre wohl ein Wissenschaftler ohne Phantasie? Nur ein vertrockneter Baum.«
Zaatar nahm einen kleinen Schluck aus seinem Glas.
»Vor zwei Jahren aber hat mich der Zufall wieder daraufgebracht. Seit knapp fünf Jahren bin ich Versuchsleiter am Nucleotronikinstitut. Mein Spezialgebiet sind Tachyonen. Unser Auftrag lautete, die hypothetischen Teilchen trotz ihrer überlichtschnellen Geschwindigkeit nachzuweisen.«
Ich hatte die Forschungen der Grenzgebiete der Extremwissenschaften immer für Zeit- und Energieverschwendung gehalten. Schließlich gab es nützlichere Gebiete. Zugegeben, trotz meiner Skepsis mußte ich den Hut ziehen, als die Nachricht über den geglückten Nachweis von Tachyonen durch die Fachwelt ging. Praktisch ließ sich das aber damals noch nicht verwerten, und seitdem hatte man auch nie wieder etwas davon gehört. Anscheinend war das Problem noch nicht gelöst.
Ich fragte ihn.
Zaatar antwortete ausweichend. »Ja und nein, Professor. Wir waren ja davon ausgegangen, daß sich die überschnellen Teilchen nutzen ließen, zum Beispiel zur Informationsübertragung in der Raumfahrt. Aber alle diesbezüglichen Versuche schlugen fehl, weil die Teilchen einen noch komplizierteren Charakter haben, als wir theoretisch begründen konnten. Nach Nordfields Theorie bewegen sie sich nur in einer Zeitspanne von wenigen hundertstel Sekunden, danach nicht mehr. Dabei verändert sich ihr Informationsgehalt – oder, anders ausgedrückt, ihre Struktur.«
Seine Ausführungen machten mich trotz meiner Skepsis neugierig. »Und was hat das mit Ihrem Zeittransit zu tun?«
»Nun, sie bewegen sich in der Zeit, Professor.«
Ich fiel aus allen Wolken.
Wenn ich ihm seine Behauptung abnahm, und schon das widerstrebte meinem Verstand, welchen Nachweis konnte er dafür erbringen?
Zaatar lächelte wieder jenes feine, überlegene Lächeln, das mich ein wenig unsicher machte. »Heute ist es uns gelungen, die Tachyonen wieder einzufangen. Ich benutzte dazu eine Gravitationshalbkugel, die, wenn sie scharf begrenzt ist, die Teilchen zurücksendet, weil sie ihr Entweichen oder

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