Nova
anderen. Eine dumpfe Ahnung kam ihm. Mit Mühe hielt er den Brechreiz zurück.
Er zitterte am ganzen Körper, als er mit Luziper sprach.
»Unvorstellbar. Wenn ich nur wüßte, woran sie gestorben sind. Ich suche jetzt die Speichervideotronik auf. Hoffentlich funktioniert sie. Hör zu! Wenn ich mich in zehn Minuten nicht melde, such mich nicht. Flieg ab und benachrichtige den KD 1.« Eloon wartete Luzipers Einwände nicht ab. Vier Minuten später war er in der Zentrale. Er rief die letzte Kassette ab. Sie lief ohne Bild.
»… achtung plasma außer kontrolle anweisung von d 1 sofort die schutzanzüge anlegen ich wiederhole sofort die schutzanzüge anlegen.« Pause. »… alarmanweisung plasma zerstört Versorgungseinrichtungen es vermehrt sich unter enormer hitzeentwicklung sammelt euch im vakuumbunker.« Rauschen. »… beeilt euch… ich…« Jaulendes Schreien voll tierischem Entsetzen oder Schmerz drang aus dem Lautsprecher. Dann noch Wortfetzen:»… setze giftgas… vorsieht… schließt…« .
Die Kassette schwieg.
Die haben mit fremdem Lebendplasma experimentiert, durchfuhr es Eloon. Er riß die Kassette aus der Arretierung und rannte los.
Erst im Schiff fühlte er sich wieder sicher. Die lähmende Furcht wich von ihm. Schweißüberströmt zog er den Anzug aus.
»Luziper, es war grausam. Sie sind alle tot. Gut, daß du die Leiber nicht sehen mußtest, verstümmelt, verbrannt…« Er schwieg einen Moment erschöpft. »Stell mir eine Verbindung zum KD 1 her. Wir haben hier nichts mehr verloren. Diese Arbeit müssen Spezialisten übernehmen.«
Jetzt, scheinbar zur Ruhe gekommen, schwoll das Erlebnis zu einem schmerzhaften Würgen an. Plötzlich erinnerte er sich, wer die Toten in der Hybridsektion waren.
Er übergab sich doch noch.
5. Ereignis
Der Einbruch des Bioplasmas durch den Vertikalkanal überraschte die Mannschaft. Die Kybernetiker, mit der Sicherung unbekannter Lebensformen vertraut, hatten nicht mit einer derart ungeheuren Anpassungsfähigkeit und gleichzeitigen Immunität gegenüber den Schutzvorrichtungen gerechnet.
Die Lebendmasse erreichte innerhalb weniger Minuten den Zentralschacht.
Zu diesem Zeitpunkt wäre es noch möglich gewesen, das aggressive Plasma zu stoppen und zu vernichten, doch Überraschung und momentane Ratlosigkeit lähmten die Beteiligten. Und weil sie die Folgen nicht vorhersahen, widerstrebte ihnen die sofortige Eliminierung. Sie vertrauten ihrer menschlichen Überlegenheit, den technischen Einrichtungen und glaubten daran, das fremde Leben wieder unter Kontrolle zu bringen. Aber das erwies sich als Trugschluß.
Vom Zentralschacht aus gelangte die sich nun in der Sauerstoffatmosphäre rasch vermehrende Masse zu den Versorgungseinrichtungen. Das geschah mit unerwarteter Geschwindigkeit.
Die erste Abteilung, die ausfiel, war die Funktechnik. Dann kam die Lichtversorgung an die Reihe. Die Notstromaggregate im Sicherungsring schalteten sich ein.
Emo befand sich mit seiner Frau in der Hybridsektion, als die Lampen erloschen und danach müde flackernd wieder aufleuchteten.
»Was mag da los sein?« fragte er.
»Weiß nicht, ein Defekt sicherlich«, antwortete sie. Da heulte die Alarmanlage auf. Sie stutzte und sah wie hilfesuchend zum Lautsprecher. »Ob etwas mit dem Plasma ist?«
Er schwieg. Wenn das fremde Leben ausgebrochen ist, dachte er, müssen wir es eben wieder einfangen. Wozu haben wir…
»Achtung! Plasma außer Kontrolle! Anweisung von D 1: Sofort die Schutzanzüge anlegen. Ich wiederhole…«
»Das scheint ernst zu sein«, sagte Lilia. »Ob der Stromausfall etwas damit zu tun hat?«
Emo hob ratlos die Schultern. »Wozu die Schutzanzüge? Bis hierher kann es nicht dringen.« Vorsichtshalber ging er zur Tür und verriegelte sie.
Lilia legte den Decoder zur Seite. »Sollten wir nicht lieber…« Sie kam durch die Sektion auf ihn zu.
In diesem Augenblick erklang ein leise fauchendes Geräusch. Wie hypnotisiert blieb sie stehen. Die Gyroplastwände schoben sich aus der Verkleidung und verriegelten die Sektion in zwei hermetisch getrennte Teile. Lilia sprang auf den sich schließenden Spalt zu.
Zu spät, sie waren getrennt.
Ängstlich hämmerte sie an die Wand. Aber nur ein dumpfes Geräusch drang bis zu Emo.
Er hatte den Vorgang verwundert betrachtet, aber seine Bedeutung nicht erfaßt. Weit davon entfernt, einem aufkeimenden Gespür von Unsicherheit nachzugehen, betätigte er die Öffnungsautomatik. Sie reagierte nicht. Emo ging zur Mitte des Raumes.
Fünf Zentimeter trennten
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