Nova
irreguläre Bahnen verhindert. Die Tachyonen waren um etwa hundert Jahre gealtert; wir haben es über die Computer geprüft – es gibt keinen Feler. Das heißt nichts anderes, als daß sie in der Zukunft waren.«
Seine Stimme klang nun triumphierend.
Ich erwiderte vorsichtshalber nichts, denn ich wußte, wie viele Möglichkeiten des Irrtums bei derartig diffizilen Versuchen bestanden. Als ich schließlich meine Zweifel in behutsame Worte kleidete, wurde Zaatar zornig. Nicht viel, aber doch bemerkbar.
»Die Zeit der Entwicklung ist über Sie hinweggeschritten, Professor O’Hyra. Was Sie heute nicht glauben, wird morgen jedes Kind als Tatsache anerkennen. Zeitreisen sind möglich. Guten Tag.«
Er stand auf und verließ mich.
Diese Jugend, dachte ich, weshalb muß sie erst bis zum Alter warten, um einzusehen, daß die Welt nicht nur aus ihren Wünschen und Vorstellungen besteht.
Lange Zeit hörte und sah ich nichts von Zaatar. Insgeheim hatte ich gedacht, er würde sich einmal melden, aber er schien mich vergessen zu haben. Obwohl ich seine Behauptung nach wie vor ablehnte, trieb mich die kindische Neugier des Alters doch dazu, alle neuen Informationen des Nucleotronikinstituts zu verfolgen. Natürlich ohne Resultat betreffs Zaatars Forschungen.
Als ich schon glaubte, die ganze Geschichte hätte sich wie erwartet im Sande verlaufen, summte an einem Sonntagvormittag der Info-Tele auf. Ich war überrascht, auf dem Bildschirm Zaatars Gesicht zu sehen.
Ohne Begrüßung sagte er knapp: »Professor O’Hyra, Sie erinnern sich unseres Streites. Kommen Sie heute nachmittag zu mir ins Institut? Punkt siebzehn Uhr?«
Ich war zu verblüfft, darum nickte ich nur.
Die Computerkontrolle am Eingang kannte mich aus alten Zeiten; mein Psychogramm war noch im Speicher verzeichnet, so daß ich ungehindert den Eingang passieren konnte. Oder hatte Zaatar die Anweisung gegeben?
Er erwartete mich sichtlich nervös und trat von einem Bein aufs andere.
Seine Hand fühlte sich merkwürdig heiß an. Auf seiner Stirn bemerkte ich Schweißtropfen.
Er führte mich in den Imbißraum. Am Sonntag arbeitete im Institut kein Mensch; er war leer.
Ich platzte fast vor Neugier. »Na – klappt es jetzt mit den Zeitreisen?«
»Lassen Sie mich erzählen«, erwiderte er, »und unterbrechen Sie mich nicht. Ich habe nicht viel Zeit. Sehen Sie, ich muß mich korrigieren. Irgend etwas stimmte nicht in unseren Vorstellungen. Alle Hypothesen gingen davon aus, daß der Mensch sich eines Tages, frei wie ein Vogel in der Luft, in Zukunft und Vergangenheit würde bewegen können. Ich habe mich davon anstecken lassen. Vor allem von dem Gedanken, in der Zeit dann selbst aktiv zu werden. Alles Humbug.« Er machte eine wegwerfende Geste. »Wells Phantastereien waren Unsinn. Ich bin zu der Schlußfolgerung gelangt, daß dem Gedanken an solche Reisen ein grundsätzlicher Fehler zugrunde liegt, den wir nur deshalb nicht erkannten, weil wir die Natur der Zeit nicht begriffen. Sie ist nicht umkehrbar.«
Er machte eine Pause.
»Wir werden nie reisen können.«
Ich nickte.
»Eine der Grundeigenschaften der Materie ist ihre Bewegung. Eine andere die Zeit, in der sie existiert, die sogenannte vierte Dimension, ohne welche die Materie eben nicht denkbar ist. Stellen Sie sich vor, Professor, unser Leben sei in der Zeit programmiert wie auf einem Film mit einzelnen Bildern, unendlich vielen Bildern. Die Bewegung bringt sie zum Laufen – ihr sich entwickelndes Leben. Wollten Sie eins der Bilder aus der Vergangenheit oder der Zukunft betrachten, müßten Sie den Film anhalten. Damit aber erlischt die Bildfolge von der Bewegung zur Leblosigkeit. Ihr Leben wäre ohne Bewegung – Sie wären tot.«
»Vergleiche hinken, Zaatar, Ihrer ganz besonders«, entgegnete ich, nicht ohne Spott. »Wenn ich schon in der Zeit reise, dann will ich doch kein Einzelbild sehen, sondern wiederum Veränderung und Entwicklung. Damit bleibt der Film nicht stehen, sondern läuft weiter, und ich lebe.«
»Das stimmt, ich habe mich nur ungenau ausgedrückt.«
Er brachte mich in Verwirrung.
»Ich meine auch nicht Ihr relatives Leben in der Zeit, sondern Ihr jetziges. Hier, in unserer Zeit, würden Sie den Film anhalten und wären für uns tot und verschwunden. Dort natürlich liefe Ihr Film weiter.«
Jetzt wurde ich wütend über den horrenden Blödsinn, den er mir da auftischte. Ich sah einfach keinen Sinn darin. »Ja, verdammt noch mal, das ist doch egal. Wenn ich von dort aus wieder in meine Zeit reise,
Weitere Kostenlose Bücher